Kommentar
16:45 Uhr, 28.04.2016

Sell in May and go away?

Trotz einer zurückhaltenden konjunkturellen Lagebeschreibung ist der ifo Index in seiner Erwartungskomponente zum zweiten Mal in Folge gestiegen. Daneben haben die Themen Asien-Krise und Preisschwäche bei Rohstoffen an Brisanz verloren. Risikoentspannend für die Aktienmärkte ist auch die zinserhöhungsunwillige US-Notenbank. Ohnehin bleibt das Sicherheitsnetz der internationalen Geldpolitik angesichts unübersehbarer Stabilitäts- und politischer Risiken wie Brexit eng geknüpft. Saisonalitätsrisiken im Sinne der Börsenweisheit „Sell in May and go away“ sind auch nicht zu erwarten. Es fehlt an Kursgewinnen, die realisiert werden können.

Die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes geben der konjunkturellen Lage zwar kein gutes Zeugnis. Doch zeigen sich die Geschäftserwartungen mit einem Anstieg auf 100,4 nach zuvor 100 - im Einklang mit ebenfalls aufgehellten ZEW Konjunkturerwartungen - freundlicher.

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Ein Wermutstropfen ist sicherlich das nachgebende Geschäftsklima im Handel. Die sich weiter verbessernde Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe als wesentlicher Treiber der deutschen Wirtschaft zeigt jedoch, dass die weltkonjunkturellen Unsicherheitselemente - China, Schwellenländer, Rohstoffbaisse - an Bedeutung verlieren.

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Die US-Zinswende ist eine Fata Morgana, die bei näherer Betrachtung verschwindet
Die US-Notenbank lässt ihre Leitzinsen unverändert. Angesichts der US-Konjunkturschwäche im I. Quartal mit einem Wachstum von 0,5 Prozent besteht auch überhaupt kein Grund zur Eile. Ohnehin hat die Fed die Entwicklung von Weltkonjunktur und -finanzmärkten fest im Blick hat. Allein schon die erneute Betonung dieser Risiken im Statement der Fed unterstreicht ihre Sorge. Sie will kein zinspolitisches Wasser in den langsam wieder süßer werdenden Wein der Schwellen- und Rohstoffländer gießen. Zinserhöhungen ließen den Dollar ansteigen, der wiederum die Bedienung der Auslandsverschuldung der Emerging Markets und die weitere Öl- und Metallpreiserholung zulasten der Kaufkraft der Rohstoffländer behinderte.

Die Möglichkeit einer Zinserhöhung auf der nächsten Notenbanksitzung am 15. Juni 2016 ist zwar theoretisch möglich, zumal dann auch eine wieder stattfindende Pressekonferenz die Gelegenheit zur näheren Erläuterung des Zinserhöhungsschrittes böte. Doch die wenig später, am 23. Juni 2016 stattfindende Abstimmung der Briten über den Verbleib in der EU bietet der Fed ein „gefundenes Fressen“, um mit dem Verweis auf mögliche politische und finanzwirtschaftliche Kollateralschäden eine Zinserhöhung erneut zu verschieben. Überhaupt, der nach der Sommerpause in die heiße Phase gehende US-Präsidentschaftswahlkampf ist historisch betrachtet immer gern als Alibi für zinspolitische Enthaltsamkeit genutzt worden.

Insgesamt wird man als Anleger den Eindruck nicht los, dass die Fed die Zeit für sich spielen lässt: Je länger Alibis für die Fortführung ihrer Verzögerungstaktik gefunden werden, umso eher lässt sich das Zinserhöhungsthema elegant unter Wahrung der eigenen Glaubwürdigkeit entsorgen.

Eine entspannte Zinseinschätzung kommt auch in der Volatilität an den US-Finanzmärkten zum Ausdruck. Die Kursschwankungen am US-Aktien- und Staatsanleihemarkt haben sich von ihren Zwischenhochs zu Jahresbeginn deutlich zurückgebildet und befinden sich mittlerweile auf historisch niedrigen Niveaus.

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Kehrt der Glanz der Edelmetalle zurück?
Die zurückrudernde Zinsrhetorik der Fed verfehlt ihre Wirkung auf Edelmetalle nicht. Die Umkehrung der Dollar-Aufwertung hat zur fundamentalen Unterstützung des Goldpreises beigetragen, der sich aus Absicherungsgründen grundsätzlich entgegengesetzt zum US-Dollar entwickelt.

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Der Renditennotstand bei Zinsvermögen als größter konkurrierender Anlageform zu Edelmetallen ist ebenfalls ein Argument für die aktuelle Renaissance von Gold. Als sicherer Anlagehafen profitieren sie zudem von einer eingeschränkten Risikobereitschaft der Anleger und geopolitischen Konflikten. Tatsächlich zeigt der seit Anfang 2013 festzustellende Abbau physisch gehaltener Goldbestände börsengehandelter Fonds seit Jahresanfang 2016 eine markante Trendwende. Auch die im I. Quartal 2016 höchsten ETF-Zuflüsse seit sieben Jahren tragen zu den Kursgewinnen bei Gold seit Januar von gut 18 Prozent bei.

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Auch Silber-ETF's verzeichnen sprunghafte Zuflüsse. Neben seinem Edelmetall-Charakter kommt Silber auch seine Funktion als Industriemetall und die allgemeine Renaissance bei Buntmetallen zugute. Silber befindet sich seit Jahresbeginn sogar - wenn auch nur knapp - im Bullenmarkt.

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Preistreibend wirken nicht zuletzt die Spekulationen auf weiter steigende Edelmetallpreise. Die spekulativen Netto-Long Positionen am Terminmarkt für Gold und Silber befinden sich auf Mehrjahreshochs, was in der Vergangenheit für noch deutlich höhere Preisnotierungen sorgte. Warum bleiben dennoch rasante Anstiege bei Edelmetallen bislang aus?

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Die Zentralbanken haben vor dem Hintergrund ihrer dringend gebotenen Rettungsmission für die Realwirtschaft kein Interesse an einer starken Konkurrenzwährung, die ihre ohnehin zunehmende geldpolitische Ohnmacht in konjunkturellen Fragen noch weiter manifestieren würde. Insofern finden seitens der Notenbanken gnadenlose Goldpreisdrückungen statt, die die fundamental völlig gerechtfertigte Goldhausse verhindern.

Und dennoch bleibt Gold in einer Finanzwelt, wo Stabilitätskriterien längst mit Füßen getreten werden, ein langfristig bedeutender Vermögensbestandteil. Es geht um langfristigen sachkapitalistischen Vermögenserhalt, nicht um kurzfristige Renditeerwirtschaftung. Übrigens, was kann an einem kontinuierlichen Aufbau von Gold falsch sein, wenn Notenbanken selbst nach langjährigem Abbau bis 2009 ihre Goldbestände wieder deutlich aufstocken? Nichts!
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Aktuelle Marktlage und Anlegerstimmung - Angst vor dem bösen Aktien-Monat Mai ist nicht gerechtfertigt
Im Rahmen der deutschen Berichtsaison für das I. Quartal 2016 können zumindest die Ausblicke überzeugen. Trotz der Nachfrageschwäche nach Agrochemie-Produkten in den Schwellenländern peilt Bayer für 2016 ein Rekordergebnis an, während adidas seine Gewinnprognose für 2016 aufgrund der robusten Nachfrage im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich und der Olympischen Sommerspiele in Brasilien anhebt.

Eine breite Gewinndynamisierung deutscher Unternehmen bleibt jedoch eine fundamentale Bringschuld für ein nachhaltiges Überschreiten der Marke von 11.000 DAX-Punkten. Im Einklang mit der europäischen Konkurrenz ist die Gewinnentwicklung sicher noch blutleer. Die sich allmählich aufhellenden Konjunkturerwartungen sollten für Abhilfe sorgen.

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Aus Gründen der Saisonalität muss für die deutschen Aktienmärkte die Börsenweisheit „Sell in May and go away“ nicht gefürchtet werden. Dazu fehlt schlicht und ergreifend der Gewinnpuffer, der sich im Tertial der ersten vier Monate 2016 nicht aufgebaut hat. Massive Gewinnmitnahmen zur Sicherung von Aktienrenditen scheitern mangels Masse.

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