Kommentar
08:59 Uhr, 03.04.2014

Schwellenländeranleihen: Ausverkauf nach dem Boom

Nach der Finanzkrise haben viele Anleger auf hochverzinsliche Anleihen aus den Schwellenländern gesetzt. Emerging-Markets-Bonds waren eine gefragte Anlageklasse, um dem Niedrigzinsumfeld in den Industriestaaten zu entfliehen. Durch die politischen und wirtschaftlichen Probleme einiger Schwellenländer und wegen des absehbaren Endes der lockeren US-Geldpolitik ist es nun allerdings zu einem regelrechten Ausverkauf gekommen

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Bereits seit Mitte des vergangenen Jahres, als sich erstmals eine baldige Reduzierung des Quantitative Easings in den USA abzeichnete, fallen die Kurse vieler Schwellenländeranleihen. An den Anleihemärkten der Schwellenländer kommt es zum Ausverkauf und auch die Währungen geben immer weiter nach. Begünstigt durch die lockere Geldpolitik in den Industriestaaten war nach der Finanzkrise viel spekulatives Kapital in die Schwellenländer geflossen. Das absehbare Ende der lockeren Geldpolitik bewirkt nun, dass die Summen wieder in die USA und andere Industriestaaten zurückfließen. Aber auch hausgemachte Probleme plagen viele Schwellenländer. So wurde das Vertrauen in den türkischen Staat durch den Korruptionsskandal um den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan und die Massenproteste gegen seine Regierung schwer erschüttert, während die Krim-Krise die Kapitalflucht aus Russland deutlich befördert hat. Allein im ersten Quartal 2014 dürften bis zu 70 Milliarden US-Dollar aus Russland abgeflossen sein, erwartet Vizewirtschaftsminister Andrei Klepach laut einem Bericht der "Financial Times". Im Gesamtjahr 2013 waren nur 63 Milliarden Dollar aus dem Riesenreich abgezogen worden. Die Eskalation in der Ukraine befeuert damit die ohnehin hohen Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern, was deren Währungen weiter unter Druck setzt. Statt der Aussicht auf überdurchschnittliches Wachstum hat für die Investoren in Krisenzeiten Sicherheit oberste Priorität.

Dabei gelten viele der Argumente, die Anleger ursprünglich in die Schwellenländer lockten, weiter. Die meisten der aufstrebenden Länder wachsen deutlich schneller als die Industriestaaten, bei einer geringeren Staatsverschuldung. Der Renditeaufschlag hat durch den jüngsten Ausverkauf zum Teil noch einmal deutlich zugelegt. Wer davon ausgeht, dass die Schwellenländer trotz der derzeitigen Krisenstimmung nicht in den Staatsbankrott schlittern werden und zahlungsfähig bleiben, der dürfte aktuell eigentlich keinen Grund haben, seine vor einiger Zeit erworbenen Schwellenländeranleihen nun zu verkaufen. Für antizyklisch orientierte Investoren könnte möglicherweise auch jetzt ein Einstieg in Schwellenländeranleihen in Frage kommen. Die Renditen sind höher als noch vor einem Jahr, die Kurse liegen am Boden. Experten wie Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der der Baader Bank, sehen Anzeichen für eine Bodenbildung sogar bei russischen Bonds. Eine auf Rubel lautende Anleihe Russlands (WKN: A1G10S) mit Laufzeit 2/2027 und rund 8,96 Prozent Rendite notiert inzwischen wieder deutlich über den jüngsten Tiefs. Eine Rendite von annähernd neun Prozent dürfte für so manchen europäischen Investor im aktuellen Niedrigzinsumfeld attraktiv erscheinen. Gleichwohl könnte eine Abwertung des russischen Rubels derartige Renditen recht schnell wieder zunichtemachen.

Zu unterscheiden ist ohnehin zwischen Schwellenländeranleihen die in Währungen wie Euro oder Dollar begeben werden, und Anleihen, die auf die jeweilige lokale Währung lauten. Bei Lokalwährungsanleihen tragen Investoren nämlich ein erhebliches Währungsrisiko, das im schlechtesten Fall einen Großteil der Rendite auffressen kann, wie beispielsweise die extreme Abwertung des russischen Rubels und der indischen Rupie in den vergangenen Monaten zeigt. Bei Lokalwährungsanleihen der Schwellenländer waren entsprechend die größten Verluste zu verbuchen. Dies zeigt beispielsweise ein Blick auf den iShares Emerging Markets Local Government Bond ETF (WKN: A1JB4Q), der seit Mai 2013 mehr als 20 Prozent seines Wertes verloren hat. Im Portfolio des ETFs sind unter anderem in Rubel denominierte russische Staatsanleihen enthalten.

Grundsätzlich eignen sich Schwellenländeranleihen wegen ihres Risikos immer nur als Depotbeimischung. Auch sollten Anleger auf eine möglichst gute Streuung über verschiedene Zielmärkte achten, um länderspezifischen Problemen möglichst entgehen zu können. Dies lässt sich, besonders bei kleineren Depots, am besten über ETFs erreichen. Durch den Kauf eines ETF-Anteils können Anleger auch mit kleineren Beträgen in ein breit diversifiziertes Schwellenländeranleihen-Portfolio investieren.

GMT-Tipp: Bei ausgewählten Schwellenländeranleihen zeichnet sich nach den zuletzt heftigen Verlusten zumindest kurz- bis mittelfristig eine Bodenbildung ab. Insbesondere bei einer Stabilisierung im Krim-Konflikt könnte durchaus erhebliches Erholungspotenzial bestehen, auch bei russischen und ukrainischen Papieren. Längerfristig bleiben Schwellenländeranleihen wegen der Wende in der US-Geldpolitik und aufgrund hausgemachter Probleme allerdings ein riskantes Investment und eignen sich bestenfalls als geringfügige Depotbeimischung.

Autor: Oliver Baron

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  • Garten
    Garten

    Die Schwellenländer wurden nach der Finanzkrise zu Tode geliebt. Die Währungen wurden durch das zufließende Kapital viel zu stark und die Zinsen zu niedrig. Während der größte Teil des Wachstums der USA durch die Abwertung des Dollars gegenüber den Haupthandelspartner verursacht wurde, QE,

    http://research.stlouisfed.org/fred2/series/TWEXOPA

    gingen die Schwellenländer wie Indien in einen Importboom zum Teil durch Verschuldung der Konsumenten. Dies kehrt sich nun mit den schwächer werdenden Schwellenlandwährungen um. Das Wachstums der USA ist duch den stärker werdenden Dollar gefährdet und den Schwellenländern, zumindest denen ohne Rohstoffe (Holländische Krankheit), wird es besser gehen.

    Keiner kann gegen die Wechselkursgesetze wachsen ohne das es zu Kollateralschäden - hier Verfall der Schuldnerbonität - kommt.

    Die Schwellenländer werden wieder blühen, wenn man sie nicht wieder so sehr mit Geld zuschütte, dass sie zu sehr aufwerten.

    20:37 Uhr, 03.04. 2014
  • student
    student

    Die Schwellenländer werden erst anfangen zu boomen, wenn sie sich von dem Vasallenstatus der US-Geldpolitik befreit haben. China hat ja schon währungspolitische Assoziierungsabkommen mit den anderen BRIC-Staaten geschlossen. Was auch Sinn macht, da China als primus inter pares der Schwellenländer die Führungsrolle inne hat.

    Wenn die Aktien der Marktführer einen völlig unterbewerteten Boden erreicht haben, macht es Sinn, sich davon etwas ins eigene Depot zu legen.

    10:11 Uhr, 03.04. 2014

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Oliver Baron
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Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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