Schwellenländeranleihen: 7 Chancen im Jahr 2022
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Die Erwartungen für Schwellenländeranleihen (EMD; Emerging Market Debt) sind schwächer als zu Jahresbeginn 2021, aber niedrige Bewertungen, hohe Renditen und besondere Chancen bieten aktiven Managern viel Spielraum. Eine Allokation in Länder, die das Tapering der US-Notenbank gut überstehen können, in denen die Inflation schon bald ihren Höhepunkt erreichen wird und die Rohstoffexporte mit soliden Bilanzen kombinieren, dürfte in diesem Jahr eine lohnende Strategie sein.
Marcin Adamczyk, Head of Emerging Market Debt bei NN Investment Partners (NN IP), sagt: „Wir gehen davon aus, dass dies ein Jahr für aktives Management sein wird, insbesondere in der ersten Jahreshälfte aufgrund der andauernden Auswirkungen von Inflation und Corona. Entscheidend ist, die schwächsten Schwellenländer zu meiden. Durch regionale Kaufoptionen, Länderallokation und aktive Rotation wird es möglich sein, zusätzlich zur allgemeinen Marktrendite einen hohen Wertzuwachs zu schaffen.“
Ein kurzer Rückblick auf 2021
Das vergangene Jahr fing für festverzinsliche Wertpapiere der Schwellenländer gut an. Die Anlageklasse geriet jedoch ins Wanken, als das Konjunkturprogramm von Präsident Biden den Kongress passierte und die Zinssätze für US-Staatsanleihen in die Höhe trieb. Im weiteren Jahresverlauf machte sich die Inflation bemerkbar. Die Zentralbanken in den Schwellenländern hatten keine andere Wahl, als mit Zinserhöhungen zu reagieren. Auch die Ereignisse in China drückten auf die Stimmung. Die dortigen Behörden begannen, die Liquiditätsbedingungen zu verschärfen, um Immobilienunternehmen dazu zu bewegen, ihre Verschuldung zu reduzieren. Diese Probleme sowie das starke US-Wachstum und der steigende Dollarkurs schufen schwierige Bedingungen für Schwellenländeranleihen.
Verhaltenere Aussichten für 2022
Die Konsensprognosen für EMD im Jahr 2022 sind pessimistisch. Das Zusammentreffen mehrerer Faktoren – das Wiederaufflammen von Corona, die straffere -Geldpolitik der Fed und das langsamere Wachstum sowie das geringere Wachstumsgefälle gegenüber den Industrieländern - verursacht Unsicherheit, die dem Sektor zu schaffen machen wird.
Dennoch bieten Schwellenländeranleihen immer noch attraktive Renditen im Vergleich zu vielen Industrieländeranleihen. EMD ist eine vielfältige Anlageklasse, und die Kombination aus makroökonomischem Umfeld, attraktiven Bewertungen und vorsichtigen Erwartungen bedeutet, dass diese Anleihen im Jahresverlauf positive Renditen erwirtschaften können. Das erfordert jedoch eine sorgfältige Steuerung.
Fokus auf aktives Management – sieben Schwerpunkte
Wachstumsstarke Länder und Regionen identifizieren – Asien, ohne China, sollte mit wenigen Corona-Fällen und starken Exporten erheblich wachsen. Mittel- und Osteuropa dürften ebenfalls ein kräftiges Wachstum verzeichnen, ebenso wie die rohstoffexportierenden Länder. Andererseits werden Länder mit schwachem Wachstum, die ihre Zinssätze deutlich angehoben haben – wie viele in Lateinamerika –, von einer strafferen Geldpolitik nicht profitieren können.
Länder mit frühem Inflationshöhepunkt erkennen – Die Zentralbanken in den Schwellenländern haben schnell auf den Inflationsdruck im Jahr 2021 reagiert. Es ist möglich, dass die Inflation in der ersten Jahreshälfte 2022 ihren Höhepunkt erreichen wird. Jene Länder, die ihre Zinssätze bereits angehoben haben und in denen die Inflation zuerst sinken wird, könnten für Anleger attraktiv sein.
Suche nach Carry-Währungen – Die Währungen der Schwellenländer waren 2021 volatil und boten viel weniger Carry als bisher (bei einem Carry-Geschäft wird eine Währung aus einem Land mit einem niedrigen Zinssatz aufgenommen, um den Kauf einer Währung in einem Land mit einem hohen Zinssatz zu finanzieren). Wir gehen davon aus, dass sich der Carry jetzt, wo die Zinsen viel höher sind, verbessern wird. In Ländern, in denen die Inflation nachlässt, werden die Anleger die hohen Zinssätze erkennen und diese Währungen möglicherweise kaufen.
Analysieren, welche Länder am besten für das Tapering der Fed gerüstet sind – Die Schwellenländer sind weniger anfällig für eine Straffung der Finanzierungsbedingungen als früher. Sieweisen heute Leistungsbilanzüberschüsse auf, die sich 2021 auf durchschnittlich 1,6 % des BIP beliefen und 2022 voraussichtlich bei etwa 1 % liegen werden. Dies sind gute Ergebnisse, die durch eine günstige Entwicklung des Export-Import-Verhältnisses und steigende Rohstoffpreise begünstigt wurden. Auch die auf US-Dollar lautende Verschuldung der Schwellenländer im Verhältnis zum BIP ist in den letzten Jahren stetig gesunken.
Chancen bei den Rohstoffexporteuren – Die rohstoffexportierenden Länder haben von dem starken Rohstoffpreisanstieg im vergangenen Jahr erheblich profitiert. Dies hat dazu beigetragen, dass die Schwellenländer den Anstieg ihrer Schuldenquote im Verhältnis zum BIP im Verlauf der Pandemie auf etwa 10 % begrenzen konnten, was niedriger ist als bei den Industrieländern. Rohstoffexportierende Länder mit soliden Bilanzen haben beträchtlichen Spielraum, um nächstes Jahr besser abzuschneiden.
Geopolitik nutzen – Marktvolatilität im Vorfeld von Wahlen ist in den Schwellenländern an der Tagesordnung, lässt aber oft nach, sobald das Ergebnis bekannt ist. Dies schafft attraktive Möglichkeiten für aktive Manager. In diesem Jahr stehen viele Wahlen auf dem Programm: In China wird Präsident Xi für eine dritte Amtszeit kandidieren, in Brasilien werden wir wahrscheinlich Lula gegen Bolsonaro erleben, und auch in Kolumbien, Ungarn und auf den Philippinen stehen Wahlen an.
Vom grünen Wandel profitieren – Schwellenländer wie Ungarn, Chile und Ägypten haben angesichts der steigenden Nachfrage nach ESG-Investments grüne, soziale, nachhaltige oder an Nachhaltigkeit gebundene Anleihen emittiert. Auch Unternehmen haben solche Anleihen emittiert. Sollten sich die Strukturen dieser Anleihen als zuverlässig erweisen, dürfte es eine große Nachfrage von Anlegern geben, die mit ihrem Geld einen positiven Beitrag leisten wollen.
Weiterhin ein guter Diversifikator
Adamczyk dazu: „Anleger, die überlegen, wo sie 2022 investieren wollen, sollten bedenken, dass Schwellenländeranleihen in einem ausgewogenen Portfolio immer noch wertvolle Diversifizierungsvorteile bieten können. Insbesondere Lokalwährungsanleihen weisen eine geringe Korrelation mit anderen festverzinslichen Anlageklassen auf. Außerdem haben die Zentralbanken in den Industrieländern in großem Umfang Unternehmensanleihen gekauft, während dies in den Schwellenländern nicht der Fall war, sodass sich das technische Bild in den beiden Regionen unterscheidet.“
„Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Kurse von Industrieländeranleihen historische Höchststände erreicht haben. Anleihen aus Schwellenländern hingegen sind günstiger – insbesondere Hochzinsanleihen – und sind nicht von einer möglichen Krise bedroht, sollten die Zentralbanken ihre Käufe plötzlich einstellen. Dies könnte zu einer noch geringeren Korrelation führen, als es in der Vergangenheit der Fall war.“
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