Schwellenländer sind keine Inseln für Glückselige mehr
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Zu Beginn der Kreditkrise hofften viele Experten noch auf eine erfolgreiche Abkoppelung der Schwellenländer. Doch inzwischen ist längst klar, wie trügerisch diese Hoffnung war. Nachdem die These hinfällig ist, stellt sich aus Anlegersicht die Frage, wie sehr und wie lange die Emerging Markets in Mitleidenschaft gezogen werden. Mit diesem Thema müssen sich nicht nur Investoren beschäftigen, die in Schwellenländern aktiv sind, sondern generell alle Anleger. Denn der Verlauf der Krise zeigt, wie vernetzt die Märkte und Volkswirtschaften inzwischen durch die Globalisierung geworden sind.
Für die Experten beim bankenunabhängigen Researchhaus Independent Strategy steht fest, dass die Rezession sehr stark ausfallen wird. Als Folge davon dürfte die Risikoaversion der Anleger länger als angenommen hoch bleiben. Und das wiederum dürfte negative Auswirkungen auf die Bilanzen der Banken in den reichen Ländern haben. Besonders gefährdet sind europäische Banken, weil sie fünf Mal so stark in den Schwellenländern vertreten sind wie ihre Pendants in Amerika und Japan. Auch dürften andere Unternehmen in den entwickelten Ländern unter fallenden Exporten in die Emerging Markets leiden. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Probleme der Schwellenländer die Krise der Weltwirtschaft verstärken wird (siehe Grafik).
Die geplatzte Kreditblase bremst überall
Betroffen sind die Schwellenländer volkswirtschaftlich gesehen durch sinkende eigene Exporte (wie das eben auch in früheren vergleichbaren Situationen war), abnehmenden Kapitalzuflüssen, rückläufiger Liquidität, einer geringen Risikobereitschaft und der Tatsache, dass die Verschuldung weltweit zurückgeschraubt wird. Als Folge davon drohen die Leistungsbilanzen ins Minus zu rutschen und selbst einheimische Anleger dürften Kapital aus den Märkten abziehen. Die heimische Nachfrage dürfte die sinkenden Exporte nicht kompensieren können, denn dafür ist sie noch zu gering. So machen in China heimische Konsumenten 36 Prozent der Nachfrage aus, während es in Amerika 70 Prozent sind. Vielmehr besteht bei einem zu starken inländischen Vermögensverlust in manchen Emerging Markets sogar die Gefahr von Unruhen.
Laut Independent Strategy stehen die Schwellenländer deshalb im kommenden Jahr vor einem gewaltigen Finanzierungsproblem. Die ausländischen Währungsreserven dürften demnach ähnlich schnell fallen wie die Währungen und die Vermögenswerte. Gleichzeitig gehen die Analysten bei Independent Strategy nicht davon aus, dass die vermutlich von der Weltbank oder den Staaten selbst ergriffenen Hilfsmaßnahmen mehr bewirken können als zwischenzeitliche Erholungsrallys in einem bestehenden Abwärtstrend. Zumal viele staatlich organisierte Hilfspakete in die falsche Richtung gehen. Die Negativbeispiele in Argentinien und Ungarn lassen in dieser Hinsicht laut Independent Strategy grüßen. Und selbst wenn die Anstrengungen noch so groß sein sollten, dürften die vorhandenen Finanzmittel nicht ausreichen, um damit alle Probleme zu lösen.
In den Vorjahren profitierten die Emerging Markets noch stark von der vorhandenen überschüssigen Liquidität und der weit verbreiteten Neigung Schulden zu machen. Die Kreditblase war die Basis für den übertrieben hohen Konsum in vielen reichen Ländern. Und die daraus resultierende Konsumnachfrage wurde von den Fabriken in den Schwellenländern gestillt. Auch die starke Nachfrage in den Schwellenländern nach Rohstoffen und Energie fußte letztlich auch díe Konsumblase. Doch nachdem die Kreditblase geplatzt ist, ist es damit vorbei. Jetzt wird in jeder Hinsicht ein kleineres Rad gedreht, und das wirkt sich im ganzen System bremsend aus.
Schmerzhafter und langwieriger Anpassungsprozess
Am Ende wird der ganze Prozess viele Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft, wie das hohe Leistungsbilanzdefizit der Amerikaner beheben. Das ist sicherlich für sich betrachtet keine schlechte Sache. Aber der Weg dorthin ist nach Einschätzung von Independent Strategy hochdeflationär. Denn die Schwellenländer profitierten nicht nur über die Exportschiene von der Kreditblase auch der reichliche Liquiditätszufluss wirkte über die steigende Geldmenge stark expansiv. Es wurden fleißig Kredite in Dollar oder Yen aufgenommen, doch jetzt müssen diese Geschäfte wieder rückgängig gemacht werden, was den zuletzt steigenden Dollar und Yen erklärt.
Erst wenn die Kredite wieder steigen, dürfte sich dieser Trend am Devisenmarkt wieder umkehren. Dann ist laut Independent Strategy auch der richtige Zeitpunkt für neue Investments in den Schwellenländern gekommen. Das wird aber erst bei einem nachlassenden externen Kapitalbedarf und wieder steigenden Leistungsbilanzüberschüssen der Fall sein. Nach Einschätzung von Independent Strategy wird es bis dahin aber noch zwei Jahre dauern. Aktuell ist die Krise der Schwellenländer aber noch längst nicht vorüber. Zunächst drohen noch ernste Rezessionen, erhebliche Wechselkursanpassungen, fallende Lebensstandards und Pleiten.
Quelle: Ostbörsen-Report
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