Kommentar
08:36 Uhr, 01.08.2011

Sachwert Gold: Ganz knappe Kiste

Investoren und Zentralbanken könnten zu einer Verknappung des Goldangebots und zu einem schnellen Preisanstieg des Edelmetalls führen. Die tatsächliche Knappheit, die dem Goldmarkt zugrunde liegt, ist wegen der Großen Rezession noch nicht sichtbar, könnte aber bald zu Tage treten.

Investoren sind am Goldmarkt wichtige, nicht aber ausschließliche Nachfrager. Neben ihnen kaufen auch Zentralbanken das Edelmetall, um ihre Währungsreserven abzusichern. Gerade die chinesische Zentralbank hat Aufholpotenzial: Nur unter 2 Prozent ihrer auf über 4 Billionen Dollar schweren Devisenreserven sind mit Gold besichert, während der Anteil etablierter Industrieländer wie Deutschland bei über zwei Dritteln liegt. China müsste über 70.000 Tonnen Gold kaufen, um das zu erreichen, was der weltweiten Minenproduktion von fast sechzehn Jahren entsprechen würde.

Auch chinesische Privatpersonen sorgen heute für eine steigende Goldnachfrage, nachdem im Jahr 2010 Hürden für den privaten Goldbesitz dort fallen gelassen wurden. Die Inflationsangst ist in China viel höher als in Europa. Daher ist auch die Nachfrage nach Gold hoch. Nur ein Jahr nach der Streichung der Goldbesitzschranken hat China im ersten Quartal 2011 den bisherigen Spitzenreiter Indien bei der Nachfrage von Goldmünzen und Goldbarren übertroffen. 90,9 Millionen Tonnen Gold wurden nachgefragt. Das chinesische Münzprägeamt wird 2011 500.000 Panda-Goldmünzen prägen. Das ist zwar höher als die ursprünglich zu Jahresbeginn geplante Zahl von 300.000 Münzen, ist jedoch relativ zur chinesischen Bevölkerung immer noch eine verschwindend geringe Menge.

Weltweit lag der Anteil der Barren- und Münznachfrage im Jahr 2010 bei 1200 Tonnen und damit bei zwei Dritteln der gesamten Investmentnachfrage. Das andere Drittel wird zunehmend durch börsennotierte Produkte erzeugt, die physisch besichert sind. An der Börse Frankfurt etwa erfreut sich das Xetra-Gold (WKN: A0S9GB) einer wachsenden Beliebtheit. Am 4. Juli, einem wegen dem amerikanischen Unabhängigkeitstag eher ruhigen Tag, wechselten an der Frankfurter Börse über das Xetra-Handelssystem fast rund 68.000 Anteile der besicherten Nullkuponanleihe den Besitzer. Eine Anleihe entspricht einem Gramm Feingold. Es gab aber auch schon Handelstage mit einem täglichen Stückvolumen von über eine Million Stücke. In anderen Worten: An der Frankfurter Börse gibt es Handelstage, an denen über eine Tonne Gold pro Tag gehandelt wird.

Ganz andere Dimensionen erreicht der an der New Yorker Börse gehandelte SPDR Gold Trust (NYSE: GLD). Es ist rechtlich gesehen ein börsennotierter Fonds (ETF), der entgegen dem Xetra-Gold Sondervermögen darstellt und somit auch bei einem Zahlungsausfall des Betreibers (State Street) noch geschützt ist – und zwar mit dem physischen Gold, das entsprechend der Höhe der Fondseinlagen gekauft und sicher verwahrt wird. Täglich werden von diesem ETF teilweise über 30 Millionen Stücke gehandelt. Da ein solcher ETF einem Zehntel einer Unze Gold – sprich 3,11 Gramm – entspricht, werden dort also an manchen Tagen über 93 Tonnen Gold gehandelt und damit ein Vielfaches des Umsatzes in Frankfurt. In einem Monat wird in New York eine ganze Jahresproduktion aller Goldminen weltweit gehandelt.

Goldene Fundamentaldaten

Am Goldmarkt steht einer weltweiten Nachfrage von 3.812 Tonnen eine Goldminenproduktion von 2.680 Tonnen gegenüber. Von 1989 bis zum Jahr 2007 wurde ein Teil dieser rund 1100 Tonnen großen Angebotslücke – durchschnittlich zwischen 400 bis 500 Tonnen – durch Goldverkäufe von Zentralbanken gedeckt. Seither hat sich die Situation verändert. Im Jahr 2010 waren Zentralbanken weltweit das erste Mal wieder Nettokäufer von Gold. Im ersten Quartal kauften sie 129 Tonnen und damit mehr als im gesamten Jahr 2010 zusammen. Somit bleibt den verbleibenden Angebotsquellen nichts anderes übrig, als die größer werdende Versorgungslücke zu schließen. Dies gelang auch, indem mehr Gold wieder aufbereitet wurde. Trug der Anteil des Recycling-Goldes vor zehn Jahren noch rund ein Viertel zum gesamten Angebot bei, ist der Anteil dank höherer Goldpreise mittlerweile auf 40 Prozent gestiegen.

Die Zeitungen und Werbeplätze im Fernsehen sind heute voll von Anbietern, die den Leuten anbieten, ihr Gold anzukaufen. Interessant ist, dass der Anstieg des Gold-Recycling-Angebots mit der Rezession zusammentraf. In einer Zeit, in der das Geld knapp ist, wird Goldschmuck eher verkauft, als in guten Zeiten. Diese Verkäufe aus Verzweiflung könnten irgendwann wieder nachlassen, was zu einer weiteren Verknappung des Goldmarktes führen könnte. Denn die Goldminenproduktion wächst nur langsam. Die Preise für Gold stiegen seit Anfang des Jahres 2010 von 765 auf 1041 Euro pro Unze. Die Gold-Rally könnte also noch viel weiter gehen, als viele denken.

Dieser Artikel ist in unserer Sonderpublikation Sachwerte erschienen. Weitere spannende Themen können Sie nach einer kurzen kostenfreien Anmeldung hier herunterladen.

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