Kommentar
11:42 Uhr, 24.03.2011

Rohstoffe & JPMCCI: JP Morgan im Interview

Jochen Stanzl sprach mit Tim Owens, Head Commodity Investor Solutions und des Commodity Structuring bei J. P. Morgan über den Ausblick der Märkte und den neuen J.P. Morgan Commodity Curve Index.

Tim Owens ist verantwortlich für die Entwicklung und die Vermarktung von strukturierten Rohstoffprodukten. Nach seinem Eintritt bei J. P. Morgan im Jahr 1994 leitete Tim Owens zunächst das Team Quantitative Research für FX-Optionen. Seitdem hat er in verschiedenen Bereichen im Quantitative Research und in der Produktentwicklung bei J. P. Morgan gearbeitet. Tim Owens ist der Entwickler der JPMCCI-Indexfamilie und gilt als profunder Kenner der globalen Rohstoffmärkte.

Rohstoff-Report.de: Der Rohstoffmarkt ist seit Krisenbeginn stark gelaufen. Auch im neuen Jahr ziehen die Notierungen weiter an. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Owens: Wir sind generell weiterhin positiv dem Rohstoffmarkt gegenüber. Wir sehen eine Performance des JPMCCI im Jahr 2011 von 17%. Aber das heißt nicht, dass jeder Rohstoff gute Performance liefern wird. Zum Beispiel hat Kupfer ein relativ tiefes Defizit und wird vermutlich besser performen als Zink, das schon seit 3-4 Jahren ein positives Marktsaldo aufweist. Es gibt Unterschiede zwischen den einzelnen Rohstoffen. Und das führt dazu, dass nicht alle um 17% steigen werden. Wir erwarten mehr Volatilität im Jahr 2011, vor allem wegen der geopolitischen Situation, in der wir uns befinden. Schon Gerüchte treiben die Preise. Auch das Gold sehe ich positiv, aber große Sprünge sehe ich hier nicht.

Rohstoff-Report.de: Der Agrarbereich ist sehr volatil. Wetterbedingte Ausfälle haben die Preise nach oben getrieben. Ist die Gefahr einer Korrektur hier nicht besonders hoch, gerade wenn sich Phänomene wie El Niño abschwächen? Eine steigende Volatilität erhöht auch das Risiko, wenn man jetzt einsteigt?

Owens: Es gibt Rohstoffe, die sehr hohe Volatilitäten haben, wie Zucker, das eine Volatilität von teilweise bis zu 50% aufweist. Als Anleger sollte man lieber zu einem Index greifen, der eine geringere Volatilität aufweist, um das Risiko zu streuen. Die Agrarmärkte sind bereits stark gelaufen. Bei Mais und Sojabohnen sind die vom US-Landwirtschaftsministerium ausgewiesenen Lagerbestände gesunken und wenn ein Produkt knapp wird, dann muss die Nachfrage rationiert werden - man muss also Ersatz suchen oder weniger nachfragen. Es gibt hierfür verschiedene Stellschrauben. Die Preise an den Terminmärkten sind ein Mechanismus, um die Rationierung von Nachfrage zu motivieren. In Russland gab es ein Exportembargo für Weizen, was dazu geführt hat, dass einige Landwirte sich dazu entschlossen haben, keinen Weizen mehr anzupflanzen. Solche Maßnahmen sind nicht die besten. Ob die heutigen Bewegungen aber dazu führen, dass wir auch in vielen Jahren noch hohe oder höhere Preise haben werden, kann ich nicht sagen.

Rohstoff-Report.de: Wo sehen Sie für den Rohstoffmarkt derzeit die größten Risiken?

Owens: Ein Investor, der eine Meinung mit einem Investment in Rohstoffe abbilden möchte, sollte seine Investitionen streuen. Es gibt eine interessante Geschichte hinter Mais. Wenn ein Landwirt sich entscheidet, Mais anzupflanzen, dann trifft er diese Entscheidung im Februar oder März. Er muss dagegen abwägen, ob er Soja dann weniger anpflanzt. Diese Entscheidung will ich als Investor nicht haben. Als Investor habe ich die Möglichkeit, meine Investitionen zu streuen.

Rohstoff-Report.de: Was ist der zentrale Vorteil des JPMCCI? Einen ähnlichen Aufbau wie der JPMCCI verfolgt ja auch der UBS Bloomberg Constant Maturity Commodity Index (CMCI). Was ist der Vorteil?

Owens: Die Strategie, die hinter dem JPMCCI steht, ist die, dass eine Verteilung der Investments entlang der gesamten Terminkurve abhängig von der Verteilung des Open Interest gemacht wird. Der CMCI investiert zwar wie wir auch in verschiedene weiter entfernte Terminkontrakte, aber er investiert nicht in den nächstfälligen Kontrakt. Der CMCI ist damit kein repräsentativer Index für die Rohstoffpreisentwicklung, sondern der CMCI ist ein optimierter Index. Das ist schön und Recht, aber er sollte auch als optimierter Index beworben werden. Wir haben auch eine Indexkonstruktion, die so aufgebaut ist, wie der CMCI. Diese führen wir unter der Bezeichnung JPMCCI ex Front Month, da er den nächstfälligen Kontrakt vermeidet. Der CMCI macht genau das, es wird aber nicht gesagt. Das ist das eine. Die zweite Problematik des CMCI ist, dass es sehr schwierig ist zu sagen, wie die Gewichtung verteilt ist. Der CMCI verwendet zwangsläufig länger laufende Futures, und er ist damit ein optimierter Index. Bei starkem Contango hat diese Strategie allerdings Vorteile.

Rohstoff-Report.de: Sie sehen ihren Index als Benchmark. Würden Sie diesen Status dem CMCI absprechen und ihren Index eher als Benchmark sehen?

Owens: Ja, genau. Der JPMCCI ist recht terminkurvenneutral. Er kommt ohne Erweiterung aus. Der CMCI ist hier nicht repräsentativ, da er rund ein Drittel des Marktes nicht abdeckt. Der JPMCCI ist näher am Markt.

Rohstoff-Report.de: Ihr Index wird über das Open Interest entlang der Terminkurve gewichtet. Wie verteilt sich dieses Open Interest typischerweise?

Owens: Bei den meisten Rohstoffen liegt ein Drittel des Open Interest im vordersten Kontrakt. Wenn man repräsentativ investiert sein will, muss man in diesem Kontrakt vertreten sein.

Rohstoff-Report.de: Gibt es feste Rolltermine, zu denen der Index neu an diese Verteilung des Open Interest angepasst wird?

Owens: Ja, wir rollen immer an den ersten zehn Geschäftstagen eines jeden Monats. Wir führen das Rollen der Kontrakte über einen längeren Zeitraum als andere Indexprodukte durch, damit wir auch weniger Einfluss am Markt haben.

Rohstoff-Report.de: Haben Indizes denn generell eine Auswirkung auf die Preise, zum Beispiel auf die Nahrungsmittel? Können Indexinvestments die Fundamentaldaten eines Marktes verschieben?

Owens: Unser Konzept ist es, das bereits durch Produzenten und Konsumenten vorhandene Open Interest zu spiegeln, was hoffentlich den gleichen Effekt am vorderen Kontrakt hat, als es auch in weiter in der Zukunft fälligen Kontrakten der Fall ist. Ob Investitionen einen Einfluss auf den Preis haben, würde ich verneinen. Das ist breit diskutiert worden, und wir glauben nicht, dass Investoren die Preise nach oben treiben können.

Rohstoff-Report.de: Wer kann in den Index investieren? Vontobel bietet für Deutschland, Österreich und die Schweiz exklusiv Zertifikate an, die Privatanlegern Zugriff auf den JPMCCI geben. Aber Sie haben auch Firmenkunden, die in den Index investieren können?

Owens: Das Konzept des JPMCCI ist es, eine Benchmark für Rohstoffinvestitionen zu schaffen, auch für institutionelle Kunden. Viele Institutionelle haben bereits ihre Benchmark gewählt, viele von ihnen nutzen den S&P GSCI. Doch es macht Sinn, den JPMCCI für bestimmte Märkte zu verwenden. Es wird hier sehr spezifisch in diesem Bereich. Wir bieten hier auch rolloptimierte Produkte und andere spezielle Produkte an.

Rohstoff-Report.de: Wie hoch sind die im Index veranlagten Mittel?

Owens: Rund eine halbe Milliarde US-Dollar. Die Mittel verteilen sich sowohl auf institutionelle wie auch auf private Investoren. Zum Teil stammen die Mittel auch aus speziellen Produkten wie kapitalgarantierten Zertifikaten, die 100% auszahlen, auch wenn das Delta negativ wäre.

Herr Owens, vielen Dank für das Gespräch.

Mehr zum JPMCCI lesen Sie hier.

Autor: Jochen Stanzl, Chefredakteur Rohstoff-Report.de

Der Rohstoff-Report ist ein Service der BörseGo AG

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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