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08:30 Uhr, 27.06.2024

Ökonomen: Post-Covid-Inflation von hoher Nachfrage ausgelöst

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - Die sehr hohe Inflation in den USA und im Euroraum nach der Aufhebung der Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie ist nach Aussage zweier Ökonomen nicht von so genannten Angebotseinschränkungen ausgelöst worden, sondern von einer hohen Nachfrage. Mit ihren Aussagen in einem Papier, das bei der geldpolitischen Forschungskonferenz der EZB in Sintra in der nächsten Woche vorgestellt werden soll, widersprechen Domenico Giannone und Giorgio Primiceri dem bisher gängigen Erklärungsmuster.

"Zu Beginn der Pandemie wurden beide Volkswirtschaften von großen negativen Angebots- und Nachfrageschocks getroffen, die die Wirtschaftstätigkeit stark beeinträchtigten. Unsere empirischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Gesamtnachfrage mit Beginn der Erholung schneller erholte als erwartet, das Gesamtangebot übertraf und Inflation erzeugte", schreiben sie. Sie erklären den unerwartet starken Nachfrageschub mit einer ungewöhnlich expansiven Fiskalpolitik, unerwartet starken Nachholeffekten nach der Aufhebung der Einschränkungen sowie einer ungewöhnlich lockeren Geldpolitik.

Der Lesart, dass Angebotseinschränkungen (wie etwa Lieferschwierigkeiten) die hohe Inflation ausgelöst hätten, widersprechen sie. Ein sinkendes Angebot führe bei flacher Nachfragekurve wohl zu Produktionsrückgängen, aber kaum zu hoher Inflation, argumentieren sie. Die flache Nachfragekurve sei typisch für Volkswirtschaften mit Zentralbanken, die sich glaubwürdig der Verfolgung eines Inflationsziels verschrieben hätten. "Damit die Inflation steigt, muss sich die Nachfragekurve nach oben verschieben - infolge von Nachfrageschocks oder von Abweichungen der Geldpolitik von ihrem bisherigen Muster", schreiben sie.

In den USA hatte diese Entwicklung zuerst eingesetzt, sechs Monate später auch im Euroraum. US-Notenbank und EZB hatten zeitlich versetzt mit starken Zinserhöhungen reagiert, wobei immer wieder Stimmen zu hören sind, dass diese Zinserhöhungen zu langsam kamen.

Gleichwohl kommen die Ökonomen zu dem Ergebnis, dass raschere oder stärkere Zinserhöhungen durch die EZB nicht das Mittel der Wahl gewesen wären: "Wir stellen fest, dass das Bemühen, die Inflation nahe dem 2-Prozent-Ziel zu halten, zu einem kumulativen Verlust beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von etwa 4,5 Prozent geführt hätte", argumentieren sie.

Die Wirtschaftstätigkeit wäre dann nach ihren Berechnungen 2024 um 5 Prozent niedriger gewesen als tatsächlich. "Dies ist ein erheblicher Verlust, wenn man bedenkt, dass die Aktivität ohnehin durch ungünstige Angebotsbedingungen belastet war." Sie gingen davon aus, dass die Inflation in den nächsten Quartalen auf 2 Prozent sinken werde und dass die Glaubwürdigkeit der EZB keinen Schaden erlitten habe.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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