Nachhaltigkeit boomt – zumindest auf der Produktseite
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Das Thema Nachhaltigkeit spielt nicht nur in der Fondsbranche, sondern auch bei den Emittenten von Zertifikaten und ETFs eine immer größere Rolle. Aktuell gibt es nach Angaben des unabhängigen Market Makers UniCredit mehr als 20 ETFs, die irgendein nachhaltiges Thema spielen. Die größte Gruppe bilden hierbei shariah-konforme Produkte. Das sind ETFs, die auch islamischen Investoren ermöglichen, an den Kapitalmärkten anzulegen. Dabei soll auf Zinsen verzichtet werden.
Die „Zinslosigkeit“ basiert im Islam auf dem Grundsatz, dass einerseits niemand ausgebeutet werden sollte und andererseits
auch niemand ein risikoloses Einkommen haben darf, wie Zaid el-Mogaddedi vom Frankfurter Unternehmensberatung „Institute for Islamic Banking“ erläutert. Für Muslime
seien Zinsen „ein wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen einem Geldgeber und einem Geldnehmer, was zu einer Ausbeutung des Geldnehmers führen kann. Das wird unter dem Aspekt der Brüderlichkeit aus islamischer Sicht mit Blick auf die faire Behandlung von wirtschaftlichen Transaktionen als unerwünscht betrachtet“, sagt er. Handel sei erlaubt, aber das Erheben von Zinsen, was auf arabisch „Riba“ heißt, nicht. „Bei gleichwertigen Gütern kann nur ein Austausch in gleicher Qualität und Quantität erfolgen“, erklärt el-Mogaddedi.
Andere ETFs spielen das Thema erneuerbare Energien. Wieder andere partizipieren an der Entwicklung des CO2-Handels, bei dem Unternehmen Lizenzen für ihren CO2-Ausstoß kaufen müssen und so die Umweltverschmutzung auf lange Sicht teuer werden soll. Die zweitgrößte Gruppe nach den shariah-konformen ETFs sind Produkte, deren Aktienbaskets
auf die Verknappung von Wasser setzen. Zudem gibt es auch drei ETFs, die die Wertentwicklung von breiten Sustainbility-Indizes reflektieren. Das Angebot der Produkte
zeigt: Das Thema Nachhaltigkeit ist breit gefächert. Doch es signalisiert noch etwas anderes. Ein Großteil der ETFs, die für nachhaltig ausgerichtete Investoren aufgelegt wurden, sind ein oder zwei Jahre alt, also noch nicht lange am Markt. Da ETFs in erster Linie von institutionellen Anlegern genutzt werden, hat das eine Signalwirkung: Die Großinvestoren interessieren sich zunehmend stärker für das Thema.
Zertifikate liegen vorn
Die weitaus größere Auswahl an Produkten finden sich unter Zertifikaten. Diese sind allerdings nicht wie ETFs Sondervermögen und damit mit einem Ausfallrisiko behaftet. Doch hier gibt es bereits seit Jahren Zertifikate, die gesamte Bandbreite des Nachhaltigkeitsbegriffs abdecken – von Clean Energy bis Wasser. Die DZ Bank, die Investmentbank der Volks- und Raiffeisenbanken, bietet bereits seit 2009 ihre nachhaltige Produktlinie „Anlagezukunft“ an. „Nachhaltigkeit passt hervorragend zum Konzept der Genossenschaftsbanken“, erläutert Thomas Mildner, Leiter des Produktmanagements der DZ Bank. Durch die nachhaltigen Zertifikate wolle sich die DZ Bank auch von anderen Banken abheben. Zudem würden diese Produkte auch von den Kunden der Raiffeisenbanken nachgefragt. Sein Kollege Oliver Saake ergänzt: „Bei den Genossenschaftsbanken steht nicht der kurzfristige Gewinn, sondern das nachhaltige
Fördern der Mitglieder im Vordergrund.“ Eine nachhaltige Zertifikatelinie sei deswegen konsequent.
Seit 2009 hat die DZ Bank rund 20 Zertifikate zum Thema Nachhaltigkeit innerhalb ihrer neuen Produktlinie emittiert. Der Fokus liegt dabei auf einfachen Strukturen wie Delta-1-Produkten, die den Verlauf eines Indexes beziehungsweise Aktienkorbes eins zu eins nachvollziehen, und auf Garantiezertifkaten, bei denen eines Mindestverzinsung und Kuponzahlungen gibt, mit denen der Anleger fest rechnen kann. Da Zertifikate rein rechtlich gesehen Inhaberschuldverschreibungen sind, besteht aber auch hier – wie bei jedem anderen Zertifikat auch – das Emittentenrisiko. Mit Blick auf die Vergangenheit ist das Ausfallrisiko der DZ Bank relativ gering. Sie ist an die Sicherungseinrichtung des BVR, dem ersten und vollständig ohne staatliche Unterstützung finanzierte Banken-Sicherungssystem in Deutschland, angeschlossen. Dieses gibt es bereits seit 1934. Nach Angaben des BVR hat „noch nie ein Kunde einer angeschlossenen Bank einen Verlust seiner Einlagen erlitten, mussten noch nie Einleger entschädigt werden, weil es aufgrund des praktizierten Institutsschutzes noch nie zu einem Entschädigungsfall gekommen ist“. Außerdem ging eine angeschlossene Bank bisher noch nie Pleite.
Strenger Selektionsprozess
Was den Ansatz oder den Inhalt der nachhaltigen Zertifikate angeht, fährt die DZ Bank
einen dreistufigen Selektionsprozess. Sie arbeitet mit der auf Nachhaltigkeit spezialisierten
Rating-Agentur oekom Research aus München zusammen. Diese bewertet die Titel, die später in den zu Grunde liegenden Baskets der Nachhaltigkeitszertifikate landen, nach einem sogenannten Best-in-Class-Ansatz aus. Das heißt, die nachhaltigsten Unternehmen einer Branche kommt in die engere Auswahl. Ergänzt wird dieses Verfahren durch Ausschlusskriterien. Verboten sind unter anderem Kinderarbeit, Tierversuche und Verstöße gegen den Arbeitsschutz. In der nächsten Stufe werden die Aktien noch einmal genau nach rein wirtschaftlichen Aspekten vom hauseigenen Research gescannt. „In die Baskets gelangen bei der Strukturierung lediglich Aktien, wenn diese mit „Kaufen“ bewertet wurden“, sagt Mildner. Bestimmte Qualitätskriterien müssten erfüllt werden, ein gutes nachhaltiges Rating alleine reicht nicht. Bei dem Zertifikat „ÖkologieAktiv Pro“ kommt zusätzlich die Expertenmeinung zum Tragen. Assetmanager, die auf das Thema spezialisiert sind, begutachten noch einmal die Auswahl und managen den Basket aktiv.
Für institutionelle Investoren bietet das DZ BANK Research zudem eine eigene Nachhaltigkeitsanalyse an. Der Ansatz sei eine ganzheitliche Betrachtung in der Unternehmensanalyse. „So wird neben den üblichen Nachhaltigkeitsfaktoren wie Soziales, Ökologie und Corporate Governance auch die ökonomische Perspektive einbezogen, damit besonders nachhaltige und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen herausgestellt werden können. Die als nachhaltig investierbar eingestuften Aktien werden
in allen Publikationen des DZ BANK Research mit einem Gütesiegel für Nachhaltigkeit gekennzeichnet“, teilt die Bank mit. Künftig erhalte das gesamte analysierte Aktienuniversum
von 334 Werten ein solches Nachhaltigkeitsrating. Neben den Aktien aus dem DAX würden alle Werte aus MDAX, SDAX und TecDAX unter Nachhaltigkeitsaspekten analysiert, so dass eine breite Abdeckung auch bei börsennotierten mittelständischen Unternehmen erreicht werde.
Dieser Artikel ist in unserer Sonderpublikation Nachhaltigkeit erschienen. Weitere spannende Themen können Sie nach einer kurzen kostenfreien Anmeldung hier herunterladen.
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