Merz: Das Beste wäre, wenn wir nur einen Koalitionspartner brauchen
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Von Andreas Kißler
DOW JONES--Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hat offengelassen, mit wem die Union nach der Neuwahl eine Koalition bevorzugt. "Die Frage, mit wem wir nach dieser Bundestagswahl im Februar dann koalieren, die wird nicht ganz einfach zu beantworten sein", sagte er beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung. "Das Beste wäre, wenn wir nur einen Koalitionspartner brauchen. Denn mal leise gesagt, wir sind ja auch schon zwei", betonte der CDU-Vorsitzende unter Anspielung auf die CSU. "Das wird ja nicht einfacher." Aber darüber entschieden die Wählerinnen und Wähler. Merz betonte, das Ausmaß des Wahlabschneidens der AfD werde mit über die Spielräume der Union entscheiden. "Je stärker die AfD wird, je größer wird der Einfluss eines Koalitionspartners."
Merz widersprach der Einschätzung von FDP-Chef Christian Lindner, die kommende Bundestagswahl sei praktisch schon zugunsten von Merz entschieden. "Naja, das ist vielleicht seine Einschätzung, aber dazwischen liegen noch die Wählerinnen und Wähler in Deutschland, und die werden das entscheiden", sagte Merz beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung. Zu neuesten Umfragen, nach denen die Union um die 33 Prozent liege, sagte der CDU-Vorsitzende: "Der Weg stimmt." Aussagen Lindners, der für die FDP als Ziel 10 Prozent ausgegeben hatte, quittierte Merz mit den Worten: "Naja, gute Reise."
Das Wählerverhalten in Deutschland sei inzwischen sehr viel wechselhafter, es werde sehr viel stärker von Augenblickseindrücken geprägt. Die dauerhaften Bindungen an die politischen Parteien hätten abgenommen. "Und insofern ist der Wahlkampf schon entscheidend für das Ergebnis. Und die Umfragen, die wir im Augenblick sehen, sind nicht das Ergebnis, sondern wir werden ein anderes Ergebnis sehen." Zu einem möglichen Wechsel des SPD-Kanzlerkandidaten sagte Merz, dies sei "für die SPD eine schwierige Situation, in der ich offen gestanden nicht stecken wollte". Es werde schwierig, jemand anderen parallel zu einem amtierenden Bundeskanzler als Kanzlerkandidat laufen zu lassen. Seine Vermutung sei, "sie werden nolens volens mit Olaf Scholz in diese Bundestagswahl gehen müssen".
Merz bekräftigte. die Union werde im Bundestag zunächst kein Programm der Ampel-Koalition mehr abarbeiten. "Technische Fragen, die klären wir natürlich, das ist völlig klar, aber materielle Entscheidungen, die werden wir erst nach der Vertrauensfrage behandeln und entscheiden", sagte Merz. "Und ich finde auch, wir sollten eine Verabredung treffen, dass nur die Tagesordnungspunkte aufgesetzt werden im Plenum, die wir vorher verabredet haben und vereinbart haben." Offensichtlich hätten einige in der Koalition übersehen, dass sie keine Mehrheit mehr im Parlament und damit auch keine Mehrheit für die Bestimmung der Tagesordnung hätten. "Die bestimmen keine Tagesordnung mehr im Deutschen Bundestag. Und deswegen werde ich das heute Mittag auch in der Aussprache so vorschlagen", sagte er.
Die Union werde sich "jetzt einige Entscheidungen anschauen, die wirklich auch zeitkritisch sind", wolle aber kein Programm der Ampel-Koalition abarbeiten. "Zum Beispiel, wir müssen die Wohnraumüberwachung, die sogenannte TKÜ, die müssen wir noch machen, weil die am 11. Dezember sonst auslaufen würde", kündigte Merz an. "Aber viel mehr sehe ich ehrlich gesagt im Augenblick nicht." Kritisch zeigte sich Merz zu einem Beschluss zum Abbau der kalten Progression. Alles sei "nicht so ganz einfach", weil es keinen Bundeshaushalt für 2025 und noch nicht einmal den Nachtragshaushalt für 2024 gebe. "Wenn ich die Zahl richtig gelesen habe, fehlt dem Arbeitsminister seit dem 7. November das Geld für das Bürgergeld. Das muss jetzt alles irgendwo zusammengekehrt werden. Und da jetzt noch zusätzliche Leistungsgesetze zu beschließen, wird schwierig."
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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