Lindner: Werden in nächsten Wochen zu gemeinsamer Position finden müssen
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat nach einem Treffen der FDP-Fraktion mit Wirtschaftsverbänden auf Maßnahmen der Ampel-Koalition gedrängt, die auch die Bedürfnisse des Mittelstands berücksichtigen. "Klar ist, dass wir in den nächsten Wochen alleine schon aufgrund der Zeitplanung für den Bundeshaushalt 2025 ja auch zu einer gemeinsamen Position werden finden müssen", sagte er. Deutschland habe sehr grundlegende Probleme, so ein zu geringes Produktivitätswachstum, auch wegen Bürokratie. "Wir haben ein zu geringes Arbeitsvolumen, auch aufgrund eines inflexiblen Arbeitsmarktes", sagte er. "Und wir leisten uns einen deutschen Sonderweg in der Klima- und Energiepolitik, der unseren wirtschaftlichen Kapitalstock schnell und zu früh abschreibt."
Der FDP-Vorsitzende verteidigte das Treffen mit Wirtschaftsverbänden kurz vor dem für den Nachmittag geplanten Industriegipfel bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Wir sehen die wirtschaftliche Entwicklung mit Sorge und haben uns deshalb jetzt auch mit Spitzenpersönlichkeiten der deutschen Wirtschaft getroffen", sagte Lindner. Man müsse mit der Industrie sprechen, denn Deutschland profitiere von seinem industriellen Kern, der erhalten werden müsse. Die deutsche Wirtschaft sei aber nicht ausschließlich geprägt durch Industrieunternehmen, sondern zu gut drei Vierteln durch Mittelstand, Handwerk, Handel, Startups, Freiberufe und Selbstständige. "Und deshalb muss auch ihre Perspektive in die politischen Erwägungen einbezogen werden."
Die kleinen Betriebe, Freiberufler und Soloselbstständige hätten ganz andere Bedürfnisse als große Konzerne und Industriebetriebe. Beispielsweise sei der Bürokratiedruck umso größer, je kleiner die wirtschaftliche Einheit sei. "Wir haben zusätzliche Argumente miteinander ausgetauscht. Das wird jetzt mit einbezogen werden in unseren weiteren regierungsinternen Beratungsprozess", kündigte er auf die Frage nach Ergebnissen des Treffens an. Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und er kämen regelmäßig zusammen. "Solche Treffen stehen in der nächsten Zeit auch wieder an, und da wird jeder mit seinen Eindrücken und Vorschlägen am Tisch sitzen", sagte Lindner.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte, seit 2017 sei der industrielle Kern Deutschlands bereits in der Rezession. "Wir brauchen jetzt Richtungsentscheidungen auch wirtschaftspolitischer Natur in Deutschland", forderte er. Darüber sei insbesondere gesprochen worden, was den deutschen Arbeitsmarkt betreffe, die Energiepolitik und die bürokratischen Rahmenbedingungen. Nicht der Staat solle Subventionen ausschütten, sondern die Unternehmen sollten selbst von sich aus wieder investieren können. "Wir müssen auch innerhalb der Koalition hier zu Entscheidungen kommen", forderte Dürr. Deutschland stehe wirtschaftspolitisch in den kommenden Wochen vor Richtungsentscheidungen.
Die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland müsse wieder in den Mittelpunkt des politischen Handelns der Koalition rücken, mahnte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger. "Wir brauchen eine Strategie, die sich an allen Bereichen der Wirtschaft orientiert und eben nicht nur an einzelnen Sektoren", sagte er. Die Ampel-Koalition müsse "gemeinsam die richtige Wirtschaftspolitik machen, um diesen Standort wieder wettbewerbsfähig zu machen". In einem ersten Schritt müssten die wachstumsförderlichen Teile der Wachstumsinitiative der Regierung umgesetzt werden. Dulger appellierte an Bundestag und Länder, schnell zu Ergebnissen zu kommen. "Die Koalition sollte zudem auf die Opposition zugehen, um Lösungen bei der Modernisierung unserer sozialen Sicherungssysteme zu finden", sagte der Arbeitgeberpräsident.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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