Nachricht
15:37 Uhr, 17.07.2024

Lindner: Wachstumsinitiative soll wirtschaftliche Trendwende einleiten

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Die Bundesregierung will mit ihrer vom Kabinett auf den Weg gebrachten Wachstumsinitiative "die Trendwende hin zu einer besseren, dynamischeren wirtschaftlichen Entwicklung einleiten". Das sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Vorstellung der Budgetplanungen für 2025 in Berlin. "Die Arbeit an diesem Regierungsentwurf war außerordentlich intensiv, und sie wird auch im parlamentarischen Verfahren intensiv bleiben", sagte er. Dennoch sei es der Bundesregierung wichtig gewesen, eine solche Einigung vorlegen zu können, und sei dabei "auch an die Grenzen der Kompromissfähigkeit innerhalb des Kabinetts" herangegangen. "Dieser Haushaltsentwurf, und dass es ihn gibt, zeigt Stabilität und soll Sicherheit vermitteln", betonte er.

Der Bund plant nach Lindners Budgetentwurf für nächstes Jahr neue Schulden von 43,8 Milliarden Euro und insgesamt Ausgaben von 480,6 Milliarden Euro. Für 2024 soll die Nettokreditaufnahme mit einem Nachtragshaushalt bei Ausgaben von 488,9 Milliarden Euro insgesamt auf 50,3 Milliarden Euro wachsen, 11,3 Milliarden Euro mehr als zunächst geplant. Eine für 2025 noch enthaltene Lücke von 17 Milliarden Euro soll spätestens bis zum Parlamentsbeschluss des Haushalts auf 9 Milliarden Euro reduziert werden.

Lindner betonte, dass die für 2025 geplanten Ausgaben unterhalb derer für 2024 lägen, sei "eine Fortsetzung der begonnenen quantitativen Konsolidierung unserer Staatsfinanzen". Die Zeit steigender öffentlicher Ausgaben und schneller wachsender Staatsausgaben sei vorbei. Die Einhaltung der Schuldenbremse sei auch im Finanzplanungszeitraum der Anspruch der Bundesregierung. "Dadurch wird die Schuldenquote dieses Landes von einer Höhe von 69 Prozent im Jahr 2021 Richtung des Ziels von 60 Prozent gegen Ende des Jahrzehnts sinken", sagte Lindner. Gleichwohl handele es sich nicht um einen Sparhaushalt. Aus der Wachstumsinitiative rechne der Bund mit konjunkturbedingten Mehreinnahmen von rund 6 Milliarden Euro, hob der Finanzminister hervor.

   Drei Prüfaufträge zur Verringerung der Lücke 

Lindner verteidigte die für 2025 geplante globale Minderausgabe von 9 Milliarden Euro. "Das ist Staatspraxis, das ist Erfahrungswissen, das ist seriös", sagte er. Zum jetzigen Zeitpunkt betrage die vorgesehene globale Minderausgabe aber noch 17 Milliarden Euro und sie müsse nun reduziert werden durch weitere Maßnahmen. Dazu prüfe die Regierung drei Maßnahmen auf verfassungsrechtliche Aspekte und auf ihre Wirtschaftlichkeit. Es sei die Frage, "ob wir einen Liquiditätsüberhang bei der KfW strukturell vereinnahmen können, der sich ergeben hat aus der Gaspreisbremse" und "ob wir Zuschüsse an die Bahn und die Autobahn umstellen können auf verzinsliche Darlehen, die dann als finanzielle Transaktionen nicht auf die Schuldenbremse des Grundgesetzes angerechnet werden".

Diese Prüfaufträge seien jetzt ausgelöst. Die Regierung nutze einen externen Gutachter, der das im Auftrag des Ministeriums verfassungsrechtlich prüfe. Es handele sich "um ergebnisoffene Prüfaufträge", ob man bereits mit diesen Mitteln die globale Minderausgabe auf das gewünschte Niveau reduzieren könne. "Gäbe es noch einen weiteren Handlungsbedarf nach den Prüfungen, so würden wir innerhalb der Regierung und dann spätestens im Zuge des parlamentarischen Verfahrens darauf zurückkommen."

Im Finanzplanungszeitraum seien zudem noch "erhebliche Anstrengungen" zu bewältigen mit einem Handlungsbedarf von außerordentlichen 38,9 Milliarden Euro für 2028. "Über die Auflösung dieses Handlungsbedarfs im Jahr 2028 werden wir in diesem Land reden müssen", forderte der FDP-Vorsitzende. "Das ist eine politische Richtungsentscheidung, die wir jetzt einleiten, im nächsten Jahr aber dann werden verankern müssen." Es sei letztlich die Frage, ob man das Problem über die Ausdehnung des Staates, über Steuern und Schulden löse oder über Wachstum und Strukturreformen, über mehr Wettbewerbsfähigkeit und eine Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

"Das ist eine Grundsatzfrage, die wir werden stellen müssen, der sich auch dann eine nächste Bundesregierung wird stellen müssen." Das Bundesfinanzministerium sehe bei den Steuern das Ende der Fahnenstange bereits erreicht und sehe auch bei der Frage der Verschuldung Grenzen. "Deutschland sollte weiter der Stabilitätsanker der Wirtschafts- und Währungsunion und der Europäischen Union insgesamt sein. Wir müssen führen durch Vorbild in der Finanzpolitik", sagte der Finanzminister. Deshalb gebe es aus seiner Sicht keine andere Option, "als durch Strukturreformen und Wirtschaftsfreundlichkeit den Wachstumspfad und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu stärken".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/mgo

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.