Lindner fordert sofortige Vertrauensfrage und Neuwahlen
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Von Andreas Kißler
DOW JONES--FDP-Chef Christian Lindner hat nach dem Bruch der Ampel-Koalition mit SPD und Grünen eine sofortige Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Neuwahlen gefordert. "Unser Land braucht eine Regierung, die nicht nur amtiert, sondern die agieren kann", sagte Lindner bei einem Statement kurz vor seiner offiziellen Entlassung als Bundesfinanzminister durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Nachmittag. "Das Richtige für unser Land wäre die sofortige Vertrauensfrage und Neuwahlen", sagte Lindner. Rasche Neuwahlen nach der gescheiterten Regierung Scholz sind im Übrigen nicht nur für die Demokratie wichtig, unser Land darf keine Zeit verlieren." Die Bevölkerung müsse nun die Möglichkeit haben, Richtungsentscheidungen zu treffen.
Mit Blick auf seine am Vortag erfolgte Entlassung durch Scholz sprach Lindner von einer "Entlassungsinszenierung". Staatspolitisch sei dies wenig verantwortungsbewusst. "Das Bundeskanzleramt darf keine Wahlkampfzentrale werden", meinte der FDP-Vorsitzende. Beim Koalitionsausschuss habe Scholz den Vorschlag unterbreitet, weitere 3 Milliarden Euro für die Ukraine zur Verfügung zu stellen, in Wahrheit sei es aber darum gegangen, "unter dem Vorwand der Unterstützung der Ukraine 15 Milliarden Euro mehr Schulden zu machen, um vor den notwendigen Entscheidungen zu fliehen". Damit hätte er seinen Amtseid verletzt. "Das wusste der noch amtierende Bundeskanzler. Dies dennoch ultimativ von mir zu verlangen, war der vorsätzliche Bruch der Koalition."
Deshalb sei es gut, dass das Land nun eine neue Wahl habe. "Nachdem die Regierung Scholz ihre inneren Gemeinsamkeiten verbraucht und ihre Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern verloren hat, wäre es dennoch möglich gewesen, in Würde und geordnet dieses Kapitel zu beenden", betonte Lindner allerdings. Deshalb habe er Scholz am Sonntagabend vorgeschlagen, für den Fall der Nicht-Einigung über Wirtschaftsreformen gemeinsam den Weg zu Neuwahlen Anfang des nächsten Jahres zu beschreiten, und diesen Vorschlag beim Koalitionsausschuss wiederholt. "Dieser Ausgang, der jetzt unser Land in eine Hängepartie führt, der war nicht zwangsläufig, der ist politisch so gewollt worden von anderen", betonte Lindner mit Blick auf das Ende der Ampel.
Die Regierung Scholz sei "auch immer von inneren Herausforderungen gekennzeichnet" gewesen, und er müsse sich vorwerfen, nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts nicht entschiedener auf eine Klärung der Prioritäten gedrungen zu haben. "Ich muss mir im Übrigen auch vorwerfen, dass ich im Zuge der Aufstellung des Regierungsentwurfs für den Haushalt 2025 nicht auf dauerhaft belastbare Klärungen gesetzt habe." Bei der nächsten Bundestagswahl wolle er als Spitzenkandidat antreten, "um nach der nächsten Bundestagswahl meine Arbeit als Bundesminister der Finanzen wieder aufzunehmen", kündigte Lindner an.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/cbr
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