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17:46 Uhr, 10.07.2024

Kritik von IW und SPD an geplantem Steuerrabatte für ausländische Fachkräfte

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Der Streit um die Einführung von Steuerrabatten für ausländische Fachkräfte ist lauter geworden. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sieht in den von der Bundesregierung geplanten Steuererleichterungen keine Lösung für Deutschlands Fachkräftemangel. Zwar verfolge die Regierung das richtige Ziel, setze aber an der falschen Stelle an. Vor allem zu lange Visumverfahren bremsten den Zuzug nach Deutschland aus, so das arbeitgebernahe Institut. Auch die regierende SPD, der Bundesarbeitsminister und die oppositionellen Unionsparteien sehen das Vorhaben der Regierungsspitze kritisch, da sie eine Benachteiligung der heimischen Arbeitskräfte befürchten.

Um Wachstum und Wohlstand zu sichern, sei Deutschland dringend auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen, so das IW. Schon heute sei es in vielen Bereichen kaum möglich, alle offenen Stellen zu besetzen. Aufgrund des demographischen Wandels in der Europäischen Union (EU) könne Deutschland anders als im vergangen Jahrzehnt in Zukunft nicht mehr die Zuwanderung vieler Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten setzen. Daher sei es vollkommen richtig, die Zuwanderung von Fachkräften aus außereuropäischen Drittstaaten zu stärken.

"Die von der Bundesregierung geplanten Steuervergünstigungen sind hierfür allerdings nicht der richtige Weg. Zunächst ist fraglich, ob zuwanderungsinteressierte Personen im Ausland überhaupt von ihnen erfahren. Gleichzeitig können sie dazu führen, dass Fachkräfte Deutschland wieder verlassen, wenn sie mit jedem Jahr, das sie in Deutschland bleiben, mehr Steuern zahlen müssen", erklärte das IW. Auch würden mit den Steuererleichterungen inländische Beschäftigte schlechter gestellt werden. Das widerspreche der Steuergerechtigkeit.

"Mit den für die Steuererleichterungen vorgesehenen Haushaltsmitteln könnte man an anderer Stelle sehr viel mehr für die Erwerbszuwanderung erreichen", sagte IW-Experte Wido Geis-Thöne. Insbesondere könnten die Goethe-Institute gestärkt werden, die mit ihren Sprachkursangeboten zuwanderungsinteressierte Personen auf die Einreise nach Deutschland vorbereiten. Zudem sollten Verwaltungsabläufe verbessert werden, was auch eine Frage von finanziellen Mittel sei.

Die SPD-Bundestagsfraktion kündigte an, sie wolle die geplanten Steuererleichterungen für ausländische Fachkräfte im Parlament nicht einfach durchwinken. "Eine steuerliche Begünstigung, wie von der FDP vorangetrieben, führt dazu, dass gleiche Arbeit ungleich behandelt wird. Dieses Instrument sehen wir skeptisch", sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Katja Mast der Rheinischen Post.

   Steuerrabatt von bis zu 30 Prozent 

Am Freitag hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf Eckpunkte zum Bundeshaushalt 2025 und eine Wachstumsinitiative verständigt.

Konkret planen sie, dass für ausländische Fachkräfte steuerliche Anreize zur Arbeitsaufnahme in Deutschland eingeführt werden sollen. Dazu könnten neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 Prozent vom Bruttolohn steuerfrei gestellt werden. Für diese Freistellung soll eine Unter- und Obergrenze für den Bruttolohn definieren. Die Regelung soll nach fünf Jahren evaluiert.

Die Wachstumsinitiative soll am Mittwoch gemeinsam mit dem Bundeshaushalt 2025 vom Bundeskabinett beschlossen werden. Details dazu werden aktuell ausgearbeitet.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte am Montag auf den Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern um Fachkräfte aus Ländern außerhalb der EU verwiesen. Es gebe in großen EU-Ländern steuerliche Anreize, um diese Fachkräfte ins Land zu locken.

   Heil und Union gegen Vorstoß 

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat Widerstand zu den Plänen, die auf Initiative der FDP von Bundesfinanzminister Christian Lindner in das Wachstumspaket gekommen sind, angekündigt. Heil betonte am Vortag, dass er über den Vorstoß nicht glücklich sei. Arbeit in Deutschland müsse gleich viel wert sein.

Auch von der Union kam Kritik. Die wirtschaftspolitische Sprecherin in der Unions-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner, hatte vor "Inländer-Diskriminierung" und "Arbeiter 1. + 2. Klasse" gewarnt.

   Wirtschaftsweiser sieht internationalen Talent-Wettbewerb 

Der Bochumer Ökonom Martin Werding, der auch Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen ist, stellte sich hingegen hinter das Vorhaben von Scholz, Habeck und Lindner.

"Der Steuerrabatt für ausländische Fachkräfte ist einen Versuch wert. Hochqualifizierte sind ein rares Gut, es herrscht hier internationaler Talent-Wettbewerb - also warum sollte man das nicht einmal ausprobieren?", sagte Werding der Wirtschaftswoche. "Wer kommt, trägt zum Wohlstand bei - eine Neiddebatte ist also deplatziert."

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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