Analyse
12:22 Uhr, 09.01.2008

Konjunkturprognosen 2008 – an den Annahmen hängt es

Externe Quelle: Deutsche Bank

Eigentlich sollte man gar keine Prognose erstellen. Wie selten zuvor hängen die Wirtschaftsprognosen an den nahezu täglichen Ausschlägen von USD und Ölpreis. Gerade an den Prognosen dieser beiden Parameter haben sich die Ökonomen in den letzten Jahren die Zähne ausgebissen. Dazu kommen noch die von der US Subprime-Krise ausgelösten Verspannungen an den Finanzmärkten, deren Dauer und realwirtschaftliche Auswirkungen sich mangels Beispielen auch einer fundierten ökonomischen Analyse entziehen. Bei derartiger Unsicherheit bleibt nur noch die Möglichkeit, diese Imponderabilien in die Annahmen zu packen – wohlwissend, dass diese Annahmen das Prognoseergebnis weitgehend bestimmen.

Allerdings sind die Annahmen untereinander nicht unabhängig. Die Subprime-Krise hat bis dato über den Zinskanal den USD geschwächt. Zum USD zeigt der Ölpreis eine negative Korrelation. Dies erklärt, warum der Ölpreis trotz zunehmender Sorgen über die US- und die Weltkonjunktur steigt. Aus diesen Korrelationen ergeben sich zumindest in der kurzen und mittleren Frist zwei Szenarien. Im Armageddon-Szenario fällt die US-Konjunktur aufgrund der Subprime-Krise in die Rezession, die Fed senkt die Zinsen, der USD kommt ins Trudeln und der Ölpreis steigt – zumindest vorübergehend – deutlich über USD 100. Unnötig zu sagen, dass in diesem Fall die Träume vom europäischen und dann auch wohl asiatischen „Decoupling“ wie Seifenblasen zerplatzen. Das Wachstum der Schwellenländer würde deutlich unter 5% fallen, die Eurozone würde sich wohl mit bestenfalls 1% Wirtschaftswachstum begnügen müssen. Über die Aktienmärkte wollen wir an dieser Stelle gar nicht reden.

Es fällt schwer, dem anderen Szenario einen wirklich optimistischen Namen zu geben; nennen wir es mal „Basisprognose“. Die US-Konjunktur wankt für einige Quartale, fällt aber nicht. Der USD erholt sich zusammen mit der amerikanischen Wirtschaft, und der Preisfindungsprozess am Ölmarkt findet in wieder etwas „vernünftigeren“ Bandbreiten statt. In diesem Fall dürften die Schwellenländer zwar etwas langsamer als im vergangenen Jahr, mit rund 6 ½% aber immer noch sehr kräftig wachsen. Dies ist zwar für die Exporteure des Euroraums positiv, wird aber nicht ausreichen, den Effekt der schwächeren US-Konjunktur (BIP-Wachstum im Jahr 2008 knapp 2%) und der kräftigen Abwertung des USD gegenüber dem EUR auszugleichen. Beide Argumente gelten übrigens auch für das Vereinigte Königreich, das in der Rangliste der wichtigsten Exportmärkte des Euroraums deutlich vor den USA auf Platz eins rangiert. Die schwächere Exportkonjunktur wird auch die Investitionstätigkeit bremsen, zumal in vielen Ländern des Euroraums der Wohnungsbau zuletzt deutliche Schwächezeichen aussendete. Bleibt der Konsum. Die Beschäftigungszahlen zeigen einen Anstieg von 1 ¾%, hängen aber über ein halbes Jahr zurück (Q2 2007). Zwar sind die Beschäftigungserwartungen sowohl in der Industrie als auch bei den Konsumenten bis zuletzt sehr robust, aber das Konsumentenvertrauen hat seit dem Sommer kontinuierlich an Boden verloren. Insgesamt dürften also auch beim privaten Verbrauch im Euroraum die Bäume nicht in den Himmel wachsen und der Anstieg knapp unter 2% bleiben, nach 1,6% im vergangenen Jahr. Damit wird das BIP-Wachstum von gut 2 ½% auf rund 1 ¾% sinken.

Die Argumente für die Eurozone sind weitestgehend auf Deutschland zu übertragen. Allerdings dürfte der Wachstumsbeitrag vom Außenhandel (2007 rund 1 ¼ Prozentpunkt) deutlicher auf etwa ½ Prozentpunkt zusammenschnurren. Andererseits hat der private Verbrauch nach mehrwertsteuerinduzierter Nullnummer im Jahr 2007 stärkeres Aufwärtspotenzial. Die Beschäftigung dürfte nach einem Anstieg um 1 ¾ % im vergangenen Jahr noch einmal um gut ½% zulegen. Lohnforderungen von 8% (ver.di) dürften zwar zurechtgestutzt werden, aber die Einkommen werden wohl trotzdem etwas stärker als im vergangenen Jahr zulegen. Damit sollte der Konsum um gut 1 ½% steigen. Das BIP-Wachstum dürfte sich auf etwa 1 ¾% nach knapp 2 ½% im Jahr 2007 verlangsamen. Trotz der deutlichen Verlangsamung, würde die Konjunktur damit aber immer noch in etwa mit ihrer Potenzialrate wachsen. Nicht überbetont werden kann aber der Hinweis darauf, dass es sich um eine bedingte Prognose handelt, die mit Eintreten der Annahmen steht oder fällt.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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