Kommentar
11:51 Uhr, 06.03.2015

Konjunkturerholung gewinnt dank der Verbraucher an Fahrt

Im folgenden Interview geht Nadia Grant auf einige Fragen ein, die US-Aktienanleger gegenwärtig beschäftigen. Insgesamt, so glaubt sie, sind USAktien im Vergleich zu anderen Märkten sehr attraktiv bewertet und werden durch eine wirtschaftliche Erholung auf breiter Basis an Unterstützung gewinnen.

Im vergangenen Jahr war in den USA ein verhältnismäßig starkes Wirtschaftswachstum zu beobachten, während sich die Konjunktur in anderen Ländern abkühlte. Inzwischen haben sich die Ölpreise halbiert und der US-Dollar legt kräftig an Wert zu. Wie nachhaltig ist die Konjunkturerholung in den USA angesichts dieser Entwicklungen und werden diese Auswirkungen auf die Form dieses Wachstums haben?

Unserer Auffassung nach stützt sich die wirtschaftliche Erholung in den USA auf eine breite Grundlage. Für 2015 prognostizieren wir ein BIP-Wachstum von ca. 3 %, wodurch sich ein äußerst günstiges Umfeld für Aktien ergeben sollte. Wir gehen davon aus, dass etwa zwei Drittel dieses Wachstums, d. h. rund zwei Prozentpunkte und damit mehr als die 1,6 Prozentpunkte im Jahr 2014, den Verbrauchern zu verdanken sein werden. Für die Verbraucher in den USA bringt der Einbruch des Ölpreises enorme Vorteile mit sich. Anstatt 3,50 USD, wie vor dem Ölpreisrückgang, zahlen sie pro Gallone Kraftstoff jetzt im Durchschnitt 2,14 USD und in einigen USBundesstaaten nur 1,80 USD. Das eingesparte Geld erhöht die Kaufkraft von Arbeitnehmern mit niedrigerem Einkommen beträchtlich und diese haben eine starke Konsumneigung. Somit wirkt der niedrigere Benzinpreis außerordentlich stimulierend auf die Wirtschaft.

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Wir rechnen damit, dass Investitionen rund einen Prozentpunkt zum Gesamtwachstum beitragen. Das ist mehr als im vergangenen Jahr. Angesichts der Schlagzeilen im Gefolge der Schieferöl-Energiewende und der Überzeugung, dass Investitionen in Erdöl und -gas entscheidenden Anteil an der wirtschaftlichen Erholung in den USA haben, überrascht das vielleicht. Viele Anleger fragen, ob der Verfall des Ölpreises die Investitionen und damit auch das Wachstum beeinträchtigt.

Erdöl und -gas mögen das am schnellsten wachsende Investitionssegment sein, aber nur 8 % aller Investitionen haben einen Bezug zur Öl- und Gasbranche. Darüber hinaus gehen wir von einem raschen Anstieg der Investitionen in Betriebsanlagen aus, da sich die Kapazitätsauslastung auf 79 % beläuft und dieses Auslastungsniveau in der Regel Auslöser für eine deutliche Erhöhung der Investitionsaufwendungen ist. Außerdem sind wir der Meinung, dass der Wohnungsbau – ein weiterer wichtiger Investitionsbereich – deutlich anziehen und zweistellige Wachstumsraten erreichen wird. In den ersten Jahren der Wirtschaftserholung in den USA hatte dieser als erhebliche Konjunkturbremse gewirkt.

Unser Optimismus gründet sich auf die zunehmende Hypothekenverfügbarkeit. Die Banken haben ihre Bilanzen bereinigt, zeigen eine wesentlich höhere Bereitschaft zur Kreditvergabe und lockern auch ihre äußerst strengen Kreditrichtlinien. Letztlich sind wir überzeugt, dass der staatliche Wachstumsbeitrag nicht negativ ausfallen wird, wie in den vergangenen Jahren.

Die Zinssätze in den USA sind seit nahezu neun Jahren nicht gestiegen, aber die US-Notenbank bereitet die Anleger auf eine Zinserhöhung im Laufe dieses Jahres vor. Meinen Sie, dass dies Anlegern in US-Aktien Anlass zur Sorge gibt?

Nein, wir glauben nicht, dass die Anleger sich Sorgen machen müssen. Die Ankündigung der US-Notenbank spiegelt die im historischen Vergleich ungewöhnlich niedrigen Zinsen wieder. Noch wichtiger ist, dass die USA sich derzeit auf Kurs zu einer tragfähigen Wirtschaftserholung befinden und damit auch eine Normalisierung der Zinssätze einhergeht. Eine Anhebung der Zinssätze wäre ein konkreter Beweis für das Vertrauen der US-Notenbank in den Aufschwung und diese Auffassung sollte sich auch günstig auf Aktien auswirken. Historisch betrachtet, nimmt der Markt den ersten Zinsanstieg gewöhnlich sechs Monate im Voraus vorweg und reagiert während dieses Zeitraums meist wesentlich volatiler. Aus Vergangenheitsdaten lässt sich jedoch ablesen, dass steigende Zinssätze sechs Monate bis zu einem Jahr nach der ersten Zinserhöhung keine wesentlichen Auswirkungen auf den Markt haben.

2014 waren die Bewertungen auf dem US-Aktienmarkt für viele Anleger von entscheidender Bedeutung. Wir hielten die Bewertungen für recht angemessen und gingen davon aus, dass die steigenden Erträge für Kursgewinne sorgen würden. Das erwies sich als weitgehend zutreffend. Wie sehen Sie die gegenwärtigen Bewertungen?

Der Markt wurde nicht neu bewertet, sondern wächst einfach im gleichen Maße wie die Erträge und 2015 rechnen wir mit einer Fortsetzung dieses Trends. Es wird einvernehmlich davon ausgegangen, dass die Aktien bis zum Jahresende ein KGV von ungefähr 15 erreichen werden, wie es dem langfristigen historischen Marktdurchschnitt entspricht. Aus diesem Grund halten wir US-Aktien weder für teuer noch für günstig. Da die USA der weltweit einzige Wachstumsmotor sind und es sich um einen soliden Aufschwung handelt, sind US-amerikanische Aktien unserer Auffassung nach, im Verhältnis zu anderen Märkten, attraktiv bewertet.

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Zudem bedeutet eine niedrige Inflation, dass auch Kapitalflüsse einem geringen Abzinsungssatz unterliegen. In der Vergangenheit wirkte sich das sehr günstig auf den Markt aus. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und steigende Erträge sollten unsere Erwartungen für 2015 untermauern. Wie bereits erwähnt, rechnen wir mit einem BIP-Wachstum von 3 %. Das führt zu einer Ertragssteigerung, einer leichten Erhöhung der Gewinnspanne und Rückkäufen von rund 1 %. Somit erwarten wir 2015 ein Ertragswachstum im mitleren bis zu hohem einstelligen Bereich, einen im historischen Vergleich hohen Wert.

Wie stellen Sie den American Fund für 2015 auf? Können Sie Beispiele für Titel nennen, von denen Sie besonders überzeugt sind?

Wir konzentrieren uns auf Unternehmen, die dank langfristiger Wachstumsfaktoren und ihrer Preissetzungsmacht eine einzigartige Marktstellung besitzen. Dementsprechend sind der Technologie- und Gesundheitssektor im American Fund übergewichtet, denn in diesen Bereichen sind Unternehmen zu finden, die über bahnbrechende neue Technologien und Preismacht verfügen. Energie- und Telekommunikationswerte hingegen sind innerhalb des Fonds untergewichtet. Unserer Meinung nach haben die Energiepreise ihren tiefsten Punkt noch nicht erreicht und die Aktienkurse der Unternehmen in diesem Sektor spiegeln den Verfall des Ölpreises nicht wider. In der Telekommunikationsbranche herrschen ein heftiger Wettbewerb und hoher Preisdruck – mit anderen Worten, das genaue Gegenteil der von uns angestrebten Situation.

Was einzelne Unternehmen betrifft, so gefällt uns Electronic Arts im Technologiesektor. Dieser Computerspielhersteller verfügt über langfristige Wachstumsfaktoren. Er profitiert vom Lebenszyklus der Spielkonsolen, denn die Markteinführung neuer Konsolen regt die Nachfrage nach Videospielen des Unternehmens an. Gleichzeitig verzeichnen die mit mobilen Endgeräten, wie Smartphones und Tablet-PCs, erzielten Umsatzerlöse einen deutlichen Anstieg. Mit digitalen Downloads für Mobilgeräte werden wesentlich höhere Gewinnspannen als in den traditionellen Geschäftsfeldern erzielt. Ferner favorisieren wir Vertex Pharmaceuticals im Gesundheitssektor. Das Unternehmen entwickelt ein Medikament zur Behandlung von Mukoviszidose, das im letzten Jahr eine kritische Phase der klinischen Prüfung bestand. Zudem gilt dieses Medikament als sogenannte „Orphan Drug“ (Arzneimittel gegen seltene Leiden) und mit diesem Status sind eine Reihe finanzieller Anreize sowie eine große Preissetzungsmacht verknüpft.

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