Kommentar
23:35 Uhr, 27.11.2007

Kann der Dollar fliegen?

Erwähnte Instrumente

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Abu Dhabi kauft sich bei der Citigroup ein, EADS fürchtet neue Massenentlassungen, der Flugzeugbauer Boeing schwimmt in neuen Aufträgen, die OPEC sträubt sich trotz Rekordölpreisen gegen eine weitere Ausweitung ihrer Produktion. Was haben diese Ereignisse gemeinsam?

Richtig: Im Kern all dieser Ereignisse steht der schwache US-Dollar, beziehungsweise der starke Euro. Abu Dhabi hat sich freilich günstig in die Citigroup-Aktie eingekauft - vor einem Jahr war die Aktie noch 45% oder 120 Milliarden Dollar mehr wert. Sie ziehen ihren Vorteil aus der Kreditkrise in den USA. Ein strategisch geschickter Schritt.

Andererseits spielt hier aber auch bloßes Eigeninteresse eine Rolle: Immerhin erhält der Nahe Osten für sein Öl US-Dollars, die von Tag zu Tag weniger Kaufkraft besitzen. Ein Abrutschen der US-Wirtschaft und damit auch des US-Dollars ist nicht im Interesse des Nahen Ostens. Daher der Beteiligungskauf. Etwas überspitzt formuliert könnte man auch sagen: Die Amerikaner müssen ihr Öl jetzt mit Aktien bezahlen, da die Dollars im Nahen Osten in Verruf geraten.

Was tut man nun? Diversifizierung weg vom US-Dollar, wie sie viele Länder im Nahen Osten und rund um den Erdball fordern, ist zwar sinnvoll, wird aber nicht über Nacht geschehen. Im Hinblick auf China, das den Großteil seiner Devisenreserven in US-Dollar hält, ist es kaum vorstellbar, dass eine andere Währung in kurzer Zeit den Dollar als Weltreservewährung ersetzen kann, denn das hätte einen Crash der US-Währung zur Folge – dann würde uns der Nahe Osten wegbrechen, man denke nur an die instabile, nur durch die Flut an Petrodollars stabil gehaltene saudische Gesellschaft, was wäre dort los, wenn der Dollar nichts mehr wert wäre? Oder man stelle sich China vor, das in kurzer Zeit nur noch einen Bruchteil der Kaufkraft besäße, wenn der Dollar zu stark und zu schnell abwertet.

Der Weltgemeinschaft ist also wenn, dann nur an einer allmählichen Abwertung des US-Dollar gelegen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass sich eine Front gegen die in den letzten Wochen einfach zu schnelle Abwertung des US-Dollars bilden wird. Ob dies gelingt, und der Verkauf von Aktien durch die Citigroup an Abu Dhabi ist unserer Meinung besonders ein symbolischer Schritt, der den Dollar stützen soll, steht in den Sternen. Da das Sentiment sehr bärisch für den US-Dollar ist - heute berichtet auch DER SPIEGEL auf der Titelseite über den fallenden Dollar – würde eine Wiederkehr der Stärke, wenn auch nur temporär, zu massiven Kursgewinnen in der US-Währung führen.

Der Dollar befindet sich im freien Fall – das Minus seit Jahresbeginn gegenüber dem britischen Pfund 5%, gegenüber dem japanischen Yen 9,6%, gegenüber dem Schweizer Franken 10,3%, gegenüber dem Euro 12,3%, und gegenüber dem kanadischen Dollar sogar 18%.

In diesem Zusammenhang erlebte Gold in US-Dollar gerechnet den stärksten zeitlich ausgedehnten Preisanstieg jemals.

Interessant ist aktuell eine Studie der Deutschen Bank, die aktuell Kaufkraftpariäten des US-Dollars in den letzten Jahrzehnten vergleicht. Kaufkraftparität ist ein Begriff der makroökonomischen Analyse. Die Kaufkraftparität zwischen zwei geografischen Räumen liegt dann vor, wenn Waren und Dienstleistungen eines Warenkorbes für gleich hohe Geldbeträge erworben werden können. Werden zwei unterschiedliche Währungsräume verglichen, so werden die Geldbeträge durch Wechselkurse vergleichbar gemacht. Gemessen an diesem Instrument sei der US-Dollar im Jahr 1980 und 1995 gegenüber einem Euro-Währungskorb um 40% unterbewertet gewesen. Im Jahr 1985 und Jahr 2000 lag ferner eine Überbewertung von 37% vor.

Um eine derartige, vergleichbare Überbewertung wieder zu erreichen, müsste der Euro zum Dollar in den Bereich von 1,58-1,60 ansteigen. Auch wenn das Risiko einer Aufwertung des Dollars nach Erreichen dieser Kursmarke bestehe, geht die Deutsche Bank nicht von einem derartigen Szenario aus.Vielmehr wird dem Szenario eines nachhaltigen Trendwechsels und der deutlichen Aufwertung des Dollars derzeit eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit beigemessen.Allerdings warnen die Analysten, von denen wir im Rohstoff-Report sehr viel halten, vor einer plötzlichen und kurzfristigen Aufwertung des Dollars zum Jahreswechsel.

Denn in 80% der Fälle seit 1996 sei der US-Dollar immer im Januar zu einer kurzfristigen Rallye nach oben durchgestartet. Sollte sich daraus – wider Erwarten – eine nachhaltige Aufwertung des US-Dollars ergeben, rechnen die Analysten mit einer gewaltigen Bewegung. Seit 1980 ergab sich im Dollarzyklus bei einem Trendwechsel von Abwertung zu Aufwertung im ersten Jahr eine Aufwertung von 27%, im Folgejahr von 14%. Eine solche dramatische Aufwertung des Dollars trüge dann auch das Potenzial, die laufende Goldrallye abzuwürgen, so die Analysten weiter.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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