Analyse
12:15 Uhr, 03.07.2007

K: Investivlohndebatte: Branchenfonds könnten zielführender dritter Weg sein

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Quelle: Deutsche Bank Research

Autor: Dieter Bräuninger

Investivlohndebatte: Branchenfonds könnten zielführender dritter Weg sein

Union und SPD wollen bei der Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital der Unternehmen unterschiedliche Wege gehen. Während die SPD mit dem „Deutschlandfonds“ eine überbetriebliche Lösung vorschlägt, setzt die Union auf „Betriebliche Bündnisse für Soziale Kapitalpartnerschaften“. Ein Kompromiss könnten Branchenfonds mit ergänzender Kapitalabsicherung über den Markt sein.

In Deutschland ist die Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern unterentwickelt. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums bieten nur 4% der Unternehmen Kapitalbeteiligungen für Mitarbeiter an. In Frankreich sind es 7% und in Großbritannien sogar 23%. Freilich haben im Vereinigten Königreich Kapitalgesellschaften, vor allem Aktiengesellschaften, bei denen Beteiligungen leichter zu gestalten sind, einen relativ hohen Anteil an der Gesamtwirtschaft.

Eine direkte Beteiligung an Unternehmen anderer Rechtsform, vor allem an den in Deutschland der Zahl nach dominierenden Personenunternehmen, wirft ganz grundsätzliche Probleme auf. Mitarbeiter unterliegen bei Investments in das Arbeitgeberunternehmen einem doppelten Risiko. Sowohl das Arbeitseinkommen als auch der Erfolg der Kapitalanlage hängen an ein und demselben Unternehmen. Auch bestehen – etwa wegen des Erfordernisses der Transparenz von Unternehmensergebnissen – bei nicht wenigen Unternehmern Vorbehalte gegen eine direkte Beteiligung der Mitarbeiter. Je besser diese Probleme gelöst werden, um so eher ist der vermögenspolitisch wünschenswerte ein Aufschwung bei der Kapitalbeteiligung zu erwarten.

Gleichwohl will die CDU vor allem die vielfältigen, in der Praxis bereits bestehenden Beteiligungsmodelle auf Unternehmensebene weiter fördern. Beschäftigte sollen alljährlich insgesamt EUR 1.000 steuerbegünstigt als Kapitalbeteiligung an ihrem Unternehmen erhalten bzw. erwerben können. Dies soll auf zweierlei Weise geschehen:

1. Die nach § 19a EStG gewährte Steuer- und Abgabenbefreiung sachwerter Vorteile im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungen (etwa bei einem vergünstigen Bezug von Mitarbeiteraktien) soll kräftig von bislang EUR 135 auf EUR 500 ausgeweitet werden. Allerdings will die Union hier neu eine Einkommensgrenze ziehen. Die Förderung sollen nur noch Beschäftigte mit einem Einkommen unterhalb der Versicherungspflichtgrenze der Krankenkasse (derzeit EUR 47.700 p.a.) erhalten.
2. Beschäftigte sollen Teile ihres Bruttolohnes in eine Mitarbeiterbeteiligung umwandeln können, wobei eine Steuerpflicht erst bei Veräußerung der Beteiligung anfällt (nachgelagerte Besteuerung). Allerdings bleibt das umgewandelte Einkommen sozialabgabenpflichtig. Erlöse aus der Veräußerung geförderter Beteiligungen sollen ohne Zugriff der Steuer in einen geförderten Altersvorsorgevertrag übertragbar sein.

Einen zu Recht großen Stellenwert misst die Union liberalen Rahmenbedingungen bei. So plädiert sie für die Pluralität der Beteiligungsformen und für das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit. Dieses Plädoyer ist zu unterstreichen. Die Kapitalbeteiligung muss sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber eine freiwillige Veranstaltung bleiben. Gesetzlichen Handlungsbedarf zur Insolvenzsicherung von Beteiligungsmodellen sieht die Union nicht.

Auch die SPD will die Anreize für Kapitalbeteiligungen stärken. Zu diesem Zweck sollen die beiden bereits bestehenden Förderwege ausgebaut werden:

1. Die Arbeitnehmersparzulage für vermögenswirksame Leistungen soll von derzeit 18% auf 20% erhöht werden. Der maximal geförderte Sparbetrag, der in betriebliche oder überbetriebliche Beteiligungen oder Sparformen fließen kann, bleibt jedoch auf EUR 400 begrenzt. Die maximale Förderung würde damit EUR 80 p.a. statt bislang EUR 72 betragen. Zugleich sollen die geltenden Einkommensgrenzen leicht auf EUR 20.000 für Ledige und EUR 40.000 für Verheiratete angehoben werden (bislang EUR 17.900 bzw. 35.800).
2. Wie die Union schlägt auch die SPD eine erhöhte Förderung nach § 19a EStG vor. Sachwerte Vorteile im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungen blieben demnach künftig in Höhe von EUR 240 p.a. steuer- und abgabenfrei.

Kern des SPD Konzeptes ist freilich ein anderer, bereits viel diskutierter Vorschlag: die Einführung eines „Deutschlandfonds“. Er soll als deutschlandweite Kapitalsammelstelle für Mitarbeiterbeteiligungen dienen. Dabei gelten folgende Prinzipien:

* Die Fondsgelder werden von der KfW oder privaten Asset-Managern verwaltet bzw. angelegt, und zwar grundsätzlich nach Marktregeln.
* Das Anlagerisiko soll durch Streuung der Investments des Fonds (Vergabe von Eigenkapital und Mezzaninekapital an eine Vielzahl von Unternehmen) reduziert werden. Zusätzlich ist eine Bundesgarantie der Fondsmittel angedacht.
* Alle beteiligten Unternehmen haben Anspruch auf Fondsmittel. Aber die Asset-Manager können Anfragen von Unternehmen schlechter Bonität zurückweisen.
* Der Erwerb von Fondsanteilen durch die Beschäftigten ist nicht auf die geförderten Summen beschränkt.

Alles in allem bieten sowohl die Union als auch die SPD beachtenswerte Ansätze. Die Union liefert ein konsistentes, liberales Regelwerk zur Stärkung der bestehenden Beteiligungsmodelle. Mit der ausgeprägten Orientierung an betrieblichen Lösungen springt sie aber zu kurz. Das Problem der Risikokonzentration auf Seiten der Mitarbeiter bleibt ungelöst. Eine Abwälzung dieser Risiken auf die Steuerzahler oder die Arbeitgeber lehnt die Union zu Recht strikt ab. Eine freiwillige private Absicherung direkter Kapitalbeteiligungen gegen das Insolvenzrisiko, sei es durch den Arbeitgeber oder die Arbeitnehmer, dürfte aber in vielen Fällen an Kostengründen scheitern. Die Mitarbeiterbeteiligung wird so kaum zum Fliegen kommen.

Ein überbetrieblicher Ansatz ist hier zielführender. Allerdings müssen die gegen den SPD-Vorschlag vorgetragenen ordnungspolitischen Bedenken ernst genommen werden. Ein deutschlandweiter Mammutfonds mit umfangreichen Staatsgarantien und der Gefahr staatlicher Investitionslenkung wäre verfehlt. Aber es gibt eine Alternative mit vielen Vorzügen: Konsequent privatwirtschaftlich ausgerichtete Branchenfonds könnten eine attraktive Rendite sowie auch besseren Schutz vor verfehlten staatlichen Interventionen bieten. Auch ermöglicht ein solches Modell eine werbende Mitwirkung der Tarifparteien, die zudem die Entgeltumwandlung arrangieren müssen. Damit erhielte die Mitarbeiterbeteiligung viel Auftrieb. Und es wäre ein geeigneter dritter Weg für den notwendigen politischen Kompromiss. So weist ja auch die Union auf Branchenfonds als eine Alternative für den Mittelstand hin.

Zu den Zielen der Kapitalbeteiligung gehört es gerade auch nach Ansicht vieler Politiker, die Bindung der Mitarbeiter an das eigene Unternehmen zu stärken. Im Gegensatz zu einem Großfonds könnten Branchenfonds dieser Intention gerecht werden. Natürlich wäre die Bindungswirkung einer direkten Beteiligung noch stärker. Wer dieses Ziel überbewertet, wird den Durchbruch zur Kapitalbeteiligung für möglichst viele aber nicht schaffen können. Das gängige Argument, dass es direkter Beteiligungen bedürfe, um die Leistungsmotivation der Mitarbeiter zu steigern, überzeugt indes nicht. Zu diesem Zweck sind leistungsorientierte sowie am Unternehmensertrag orientierte Entgelte das Mittel der Wahl. Bei allen Bemühungen um verbesserte Ansätze für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung darf das wichtige Thema Gewinnbeteiligung bzw. Stärkung der ertragsabhängigen Teile der Entlohnung nicht vergessen werden.

Mit Beteiligungsmodellen jedweder Art dürfen aus Kostengründen keine neuen Ansprüche der Arbeitnehmer auf Leistungen der Unternehmen „on top“ zu den regulären Löhnen und Gehältern geschaffen werden. Anderes wäre für den Standort, insbesondere die Beschäftigung, schädlich.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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