K: Föderale finanzielle Solidarität ist neu zu definieren - und das ist gut so!
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Externe Quelle: Deutsche Bank
Autor: Sascha Brok
Föderale finanzielle Solidarität ist neu zu definieren - und das ist gut so!
Genugtuung auf der einen, absehbare Entzugserscheinungen auf der anderen Seite: Das jüngste Bundesverfassungsgerichturteil zur Haushaltsnotlage Berlins hat dem Bündischen Prinzip, wonach in Finanznot geratene Bundesländer ein Einklagerecht auf Unterstützung des Bundes haben, Grenzen gezogen. Es muss ohnehin fallweise beurteilt werden, wann eine Haushaltsnotlage als Voraussetzung für die Unterstützung des Bundes zu konstatieren ist. Daher konnte sich Berlin bei seiner in 2003 eingereichten Normenkontrollklage auch nur bedingt auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1992 (Saarland und Bremen) berufen. Wenn die Störgeräusche um das Urteil etwas abgeklungen sind, wird man jedoch feststellen, dass das Bundesverfassungsgericht am vergangenen Donnerstag sehr ausgewogen entschieden hat.
Das Gericht konnte – und hat auch nicht – an Berlins katastrophaler Verschuldungssituation von rund 60 Mrd. Euro vorbeigesehen. Jedoch wurden die Eigenanstrengungen Berlins zur Beseitigung als zu gering eingeschätzt, als dass die föderale Gemeinschaft zur Unterstützung verpflichtet wäre. Was heißt das? Zum einen: Ärmel hochkrempeln und Gürtel enger schnallen! Zum zweiten: Zukünftige Finanzhilfen für Berlin werden nicht kategorisch ausgeschlossen. Zum dritten: Das Anspruchsdenken anderer Bundesländer gilt es auf ein gesundes Maß zurückzuführen.
Derzeit steht Berlin auf der Einnahmeseite im Bundesvergleich relativ gut da. Da jedoch gut 40% der Einnahmen durch Finanztransfers (u. a. Finanzausgleich, Osttransfers) sichergestellt und große Teile davon 2020 auslaufen, könnten alle Anstrengungen vergebens sein. Simulationsrechnungen der TU Dresden kommen zu dem Schluss, dass bei konstanten Pro-Kopf-Primärausgaben (laufende Ausgaben abzüglich der Zinszahlungen) Berlins und bei Annahme eines Wirtschaftswachstums von 1,5% p.a. in 2008 ein Entschuldungsbedarf von rund 22 Mrd. Euro entstehen könnte. Berlin muss sich anrechnen lassen, in der Vergangenheit zu wenig dafür getan zu haben, die vorrausehbaren Transferkürzungen zu kompensieren. Die lobenswerten Kürzungen der Primärausgaben dürfen daher nicht überbewertet wer-den. Berlin ist „arm“, wie Klaus Wowereit im Wahlkampf sagte. Damit es „sexy“ bleibt, ist die logische Konsequenz in erster Linie Sparen.
Die Argumentation Berlins ist somit nur in Teilen nachvollziehbar. Ein Gutachten der „Hertie School of Governance“ kommt zwar zu dem Schluss, dass sich Berlin nicht alleine aus der Schuldenfalle wird befreien können. Dennoch müsse Berlin u. a. die Doppelstrukturen in der Verwaltung abbauen. Dieser Personalabbau von taxierten 35.000 Stellen brächte eine Entlastung von rund 1,5 Mrd. Euro jährlich – also in etwa die Summe, die Berlin durch eine Schuldenübertragung an Zinsbelastung eingespart hätte. Auch stünden Sozialleistungen zu Disposition – so etwa das im Wahlkampf angekündigte Kita-Jahr oder die großzügigen kommunalen Regelungen für ALG II-Empfänger. Beides dürfte eine rot-rote Landesregierung nur unter großen Schmerzen umsetzen können. Am leichtesten dürfte noch fallen, die rund 230.000 Wohnungen zu verkaufen. Ob der Senat die von ihm taxierten 4,1 Mrd. Euro erlösen kann, ist allerdings fraglich. Marktpreise verfallen, wenn verkauft werden muss. Auch unter diesem Gesichtspunkt muss sich der Berliner Senat die Frage gefallen lassen, ob seine Haushaltspolitik und seine Strategie vor dem Bundesverfassungsgerichtsentscheid gut überlegt waren.
Was ist also gut an der für Berlin schwierigen Situation? Zum einen wird Berlin nunmehr endgültig wie ein Bundesland wie jedes andere behandelt, zum anderen geben Äußerungen von Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin, wonach sich Berlin „ineffektive Überausstattungen“ nicht weiter wird leisten können, Hoffnung auf ein systematisches Umdenken. Die Einschätzung von Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser, die Situation Berlins belege die Lösungsschwierigkeiten, wenn das „Kind erst einmal in den Brunnen gefallen“ sei, deutet eine ausgewogene Neudefinition des Bündischen Prinzips an. Es wäre daher zu begrüßen, dass über die Föderalismusreform II und der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs hinaus auch eine ehrliche Debatte über Größe und Anzahl der Bundesländer geführt wird. Eher früher als später werden Berlin und Brandenburg nochmals über gemeinsame Verwaltungsstrukturen verhandeln müssen – Hamburg und Schleswig-Holstein haben für sich bereits informelle Regelungen gefunden.
Unabhängig von dem aktuellen Anlass verdient die ganz grundsätzliche Frage, wie sich ein Föderalstaat institutionell vor Finanzkrisen schützen kann, zukünftig sehr viel größere Aufmerksamkeit. Das reicht vom sanktionsbewehrten nationalen Pendant des europäischen Stabilitätspaktes (Erfüllung des Maastrichter Defizitkriteriums) bis zur Frage eines Sparkommissars auf Länderebene – wobei gerade letzteres in Deutschland derzeit politisch nicht verhandelbar ist. Warum aber nicht ein Stück des Weges gehen, indem Zahlungen des föderalen Finanzausgleichs „locker“ an Sparanstrengungen der Empfängerländer gekoppelt werden? Eine dauerhafte Solidität der Länderfinanzen wird man aber nur erreichen, wenn die Föderalismusreform II endlich zu einer vernünftigen Regelung der horizontalen und vertikalen Aufteilung von Aufgaben- und Einnahmenstruktur führen würde.
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