Analyse
12:46 Uhr, 30.11.2005

K: EZB Zinserhöhung: gefährliche Aussichten?

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Externe Quelle: Deutsche Bank Research

EZB Zinserhöhung: gefährliche Aussichten?

War denn die Ankündigung einer Zinserhöhung notwendig? Die Antwort ist natürlich nein! Aber wenn Ökonomen öffentlich zu diesem Thema etwas sagen, ist das kontraproduktiv. Doch warum wurde eine Erhöhung angekündigt? Weil die amerikanische Fed, es seit 1 1/2 Jahren tut und jetzt ein doppelt so hohes Zentralbankzinsniveau erreicht hat wie die EZB? Aber viel wichtiger natürlich, weil die europäische Inflationsrate erneut mit mehr als 2 1/2% deutlich über der Zielmarke der EZB von knapp 2% liegt. Wichtige Assetpreise, so etwa die Immobilien, sind fast überall außer Rand und Band. So steigen seit fast einer Dekade die Preise für Häuser in Holland, Spanien, Irland etwa um mehr als 10% pro Jahr. Und sind nicht auch die Bonds viel zu teuer? Die europäischen Regierungsanleihen rentieren sich mit weniger als 4% so wenig wie seit ewigen Zeiten nicht mehr. Nach Abzug der Steuern und der Inflationsrate bleibt kein Ertrag! So wird also Sparen belohnt: Nicht mehr! Und das angesichts der riesigen Aufgabe für Alter, Krankheit, Ausbildung der Kinder und was weiß ich sonst noch vorzusorgen.

Hat die EZB schließlich nicht noch eine zweite Orientierung für die Geldpolitik? Die Expansion der Geldmenge, aber auch des Kreditvolumens liegt seit Jahren meilenweit oberhalb der Orientierungsmarke! Gefahr durch zu viel Liquidität entsteht. Deshalb fordern viele Sachverständige monetäre Restriktion. Und ist nun nicht auch noch die Stabilisierung durch den Wechselkurs ausgefallen? Seit Beginn des Jahres 2005 sinkt der Wechselkurs des Euro, nicht dramatisch, aber immerhin um gut 10%. Die Herausforderung für die EZB zu handeln, ist für viele nicht zuletzt deshalb so groß, weil die Finanzpolitik seit Jahren in immer mehr Ländern des Euroraums aus dem Ruder läuft. Der Stabilitätspakt ist von Portugal dramatisch, von Deutschland ist er notorisch verletzt worden. Und nun kommt Frankreich hinzu. Italien und Griechenland haben ebenso eine finanzpolitische Schieflage. Kommission und Ministerrat haben die schwachen Sanktionen des Pakts nicht genutzt, sondern sie verwässert. Muss da nicht die EZB Libero der Wirtschaftspolitik spielen, soll da ein Dammbruch in schlampige inflationäre Politik vermieden werden? Wahrlich gewichtige Argumente. Und schließlich muss sich die EZB angesichts des notorisch hohen Ölpreises und der noch in der Pipeline befindlichen Preissteigerungen für Gas und Elektrizität Sorgen machen, dass die gestiegenen Energiepreise Zweitrundeneffekte bei der Inflation auslösen. Erhöhen nicht schon die Reiseveranstalter ihre Preise? Und sind nicht hohe Rohstoffpreise allerorten ein Verstärker für diese Trends?

Die Finanzmärkte diskutieren bereits nicht mehr das „ob“ einer Zinserhöhung , sondern allein noch das „wann“ und „wie viel“. Jean-Claude Trichets Äußerungen signalisieren, dass es sehr bald losgeht mit den Reposatzsteigerungen! Ich halte indes Zinserhöhungen für falsch für ein Europa, das seit Jahren weniger wächst als dem Potentialwachstum entspricht, das deshalb dauerhaft steigende Unterauslastung seiner Sach- und Arbeitskapazitäten aufweist. Es kann nicht sein, dass wir jetzt - bei fehlender Potenz zu antizyklischer Finanzpolitik - die Geldpolitik von expansiv auf restriktiv umsteuern. Zudem, die Lohnpolitik ist moderat, die Lohnstückkosten steigen kaum, in Deutschland fallen sie und der internationale Wettbewerb bleibt scharf und begrenzt Preissteigerungspotentiale. Und 2007/2008 wird der Dollar abwerten bzw. der Euro aufwerten, weil Amerika etwas zur Korrektur seines unerträglich hohen Leistungsbilanzdefizits tun wird! Die EZB sollte sich nicht das Deflationsproblem Japans einhandeln!

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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