Kommentar
11:22 Uhr, 22.09.2014

Jokowi – der Mann der Stunde in Indonesien

Nach zehn Jahren des kräftigen Wachstums verlangsamt sich die indonesische Wirtschaft nunmehr deutlich. Grund sind die rückläufige Nachfrage Chinas nach Rohstoffen, die allmähliche Normalisierung der US-Geldpolitik sowie der zwangsläufige Rückgang der Staatsausgaben. Das BIP-Wachstum liegt aktuell bei etwa fünf Prozent, könnte ohne grundlegende politische Änderungen aber durchaus auf vier Prozent sinken. Eine so niedrige Zuwachsrate hatte Indonesien zuletzt im Anschluss an die Weltkreditkrise 2008 verzeichnet.

Die Wirtschaft hängt übermäßig stark von ausländischem Kapital ab. Belastend wirkt sich auch das mangelnde Vertrauen in das eigene Finanzsystem aus. Das mit aktuell 15 Prozent immer noch kräftige Kreditwachstum lässt sich nur fortsetzen, wenn die Banken auch weiterhin ausländisches Kapital aufnehmen können. Aber genau das wird zunehmend schwieriger. Die in den kommenden Quartalen zu erwartenden Zinsanhebungen in den USA werden die Kapitalströme in die bislang vergleichsweise hochrentierlichen Emerging Markets – wie Indonesien – drosseln.

Die indonesische Zentralbank hat die Zinsen bislang auf einem hohen Niveau festgeschrieben, um einer grassierenden Kapitalknappheit und möglichen Finanzkrise vorzubeugen. Die indonesische Rupiah ist anfällig, und sei es auch nur wegen der erheblichen Leistungsbilanzdefizite und der Löcher im Staatshaushalt. Der Hauptgrund für diese Defizite sind die hohen Benzinsubventionen, die immerhin 25 Prozent der gesamten Staatsausgaben ausmachen. Doch ohne drastische Einschnitte bei diesen Subventionen stehen keine Mittel für die dringend notwendigen Infrastrukturinvestitionen zur Verfügung. Durch das hohe Zinsniveau übt die Zentralbank Druck auf die Regierung aus, das Subventionsproblem endlich anzugehen.

Erfreulich ist, dass das Land einen neuen Präsidenten gewählt hat, der nächsten Monat sein Amt antritt. Joko Widodo – bekannt als Jokowi – gilt als Reformer. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob er mit ausreichender Unterstützung für den dringend gebotenen politischen Wandel rechnen kann. Dem neuen Präsidenten bleibt kaum eine andere Wahl, als die Treibstoffsubventionen zu kürzen: Das Haushaltsdefizit ist dem in Indonesien gesetzlich festgelegten Höchstwert von drei Prozent bereits gefährlich nahe. Werden die Subventionen beibehalten, so würde dies automatisch Kürzungen in anderen Bereichen bedeuten – zulasten der Infrastrukturinvestitionen.

Sofern der neue Präsident hier entschlossen handelt, würde dies die Zuversicht in Indonesien sicherlich stärken. Dies dürfte wiederum die private Investitionstätigkeit ankurbeln und so etwaigen Negativfaktoren wie Haushaltsanpassung, rückläufiger Nachfrage aus China und versiegenden Kapitalströmen entgegenwirken. Im Gegensatz zu vielen anderen aufstrebenden Volkswirtschaften hat Indonesien jetzt jedenfalls einen reformfreudigen Präsidenten, der sein Können bereits als Gouverneur des Hauptstadtdistrikts Jakarta unter Beweis gestellt hat.

Das Wirtschaftswachstum wird wahrscheinlich weiter zurückgehen, doch die Aussichten auf eine Verbesserung der Wachstumsperspektiven stehen gut. Daher ist Indonesien momentan einer der attraktivsten Emerging Markets.

Autor: Maarten-Jan Bakkum, Aktienstratege für die Emerging Markets bei ING IM

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