Kommentar
14:29 Uhr, 27.01.2016

Japanische Aktien: Eigentlich ein Schnäppchen?

Japanische Aktien sind seit Beginn des Quantitative Easing um 150% gestiegen. Im historischen Vergleich sind sie damit noch immer günstig, insbesondere nach der Korrektur der letzten Wochen. Sind japanische Aktien aber deswegen automatisch ein Kauf?

Der Nikkei konnte Mitte 2015 kurzzeitig die Marke von 20.000 Punkten überschreiten. Zuletzt gelang dies im Jahr 2000 für 3 Wochen. Danach bewegte sich der Index konsequent nach unten und erreichte 2009 ein Tief bei 7.000 Punkten. Von der Erholungsrally nach der Finanzkrise blieb nicht viel übrig. Aktien stiegen zwar knapp 60 %, doch gaben diese Gewinne bis 2012 fast wieder vollständig ab. Dann begann QE.

Die japanische Notenbank (BoJ) startete ein bisher beispielloses Anleihenkaufprogramm. Um den Willen zur Reflationierung zu bekräftigen erweiterte die Notenbank das Programm mehrfach. Die BoJ beschränkt sich dabei auch nicht auf Staatsanleihen, sondern kauft alles auf, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Dazu gehören Unternehmensanleihen ebenso wie ETFs und Real Estate Investment Trust (REITS)s. Da wundert es nicht, dass japanische Aktien ein Kursfeuerwerk zündeten.

Das Problem an der ganzen Sache ist nur: trotz einer Druckerpresse, die auf Hochtouren läuft, sind Anleger nach wie vor nicht überzeugt, dass die Notenbank Japan wieder auf Wachstumskurs bringen kann. Grafik 1 zeigt dazu den Verlauf des Nikkei und das dazugehörige langfristige, inflationsbereinigte KGV (Shiller KGV). Vor Beginn von QE lag das KGV trotz historisch niedriger Kurse bei 16. Durch das QE erweiterte es sich auf 27.

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Ein KGV von 16 war schon kein Schnäppchen. Der deutsche Leitindex Dax war kurzzeitig mit einem KGV von 15 bewertet – nachdem er sich auf 12.000 Punkte hochgeschraubt hatte. Deutsche Aktien waren gemessen am KGV zu ihren absoluten Rekordhochs günstiger als japanische Aktien zu ihren absoluten Tiefs. Das lässt wenig Phantasie.

Historisch gesehen hatten japanische Aktien immer schon ein hohes KGV. In den Jahren 1998 bis 2008 bewegte es sich zwischen 30 und 60. Das ist im internationalen Vergleich sehr hoch, war aber bereits deutlich unter den Werten der späten 80er Jahre. Damals bewegten sich die KGVs zwischen 65 und 90. Da brauchte es keine aufwendigen Analysen um zu erkennen, dass das auf Dauer nicht gutgehen konnte.

Die Bewertung von Aktien hängt letztlich von den Unternehmensgewinnen ab. Grafik 2 zeigt die Entwicklung dieser Gewinne zusammen mit dem Leitindex Nikkei. Die Gewinne konnten seit dem Jahr 2001 konsequent gesteigert werden. Das ist bereits eine große Verbesserung im Vergleich zu den 90er Jahren. Die Steigerungen von 2012 bis 2015 sind jedoch nicht auf höheres Wirtschaftswachstum zurückzuführen, sondern auf den abwertenden Yen.

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Den Effekt der Yenabwertung kann man gut erkennen, wenn man Grafik 2 mit Grafik 3 vergleicht. Grafik 3 zeigt den Nikkei und die von Unternehmen erzielten Umsätze. Während die Gewinne weiterhin steigen, stagnieren die Umsätze seit Jahren. Bis auf einen kleinen Anstieg im Jahr 2006 befinden sich die Umsätze seit 1990 in einer Seitwärtsrange.

Japanische Unternehmen verkaufen seit Jahren immer weniger. Dass der Umsatz konstant bleibt, obwohl weniger verkauft wird, liegt einfach an der Abwertung der Währung. Die Exportmengen stagnieren bzw. sind leicht rückläufig. Der erzielte Umsatz hingegen bleibt stabil. Das liegt daran, dass die Unternehmen Fremdwährung erhalten. Vor wenigen Jahren noch erhielt ein Unternehmen für jeden Dollar 80 Yen, heute sind es 117. Das bläht den Umsatz auf.

Obwohl der Umsatz durch die Yenabwertung aufgebläht wird, bleibt er unterm Strich stabil. Das ist schon bemerkenswert und zeigt wie dramatisch die Lage ist. Die Unternehmensgewinne täuschen über die Dramatik ein wenig hinweg, doch der Anstieg ist allein von der Währung abhängig. Japanische Unternehmen verbuchen einen Großteil ihrer Kosten in Yen, die Exporteinkünfte hingegen sind meist in Dollar denominiert. Dies steigert dank der Währungsabwertung die Marge erheblich.

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Höhere Bewertungen von Aktien sind nur zu rechtfertigen, wenn die Gewinne weiter steigen. Diese steigen nur, wenn die Währung weiter abwertet. Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluss der Aktienkäufe der BoJ. Grafik 4 zeigt die monatlichen Käufe. Die BoJ hat auch vor 2012 Aktien gekauft. Interventionen auf den Aktienmarkt sind nicht neu. Das scheint fast schon ein Teil der Tradition der fernöstlichen Notenbanken zu sein. Japan steht mit diesen Interventionen im asiatischen Raum nicht alleine da.

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Generell lässt sich zwischen Ankaufvolumen der Notenbank und dem Verlauf der Aktienindizes ein enger Zusammenhang erkennen. Besonders ausgeprägt ist die Korrekturgefahr von Aktien, wenn die Notenbank die monatlichen Käufe senkt. Diesen Korrekturen wurde begegnet, indem das Volumen wieder nach oben geschraubt wurde. Das hat vermutlich bewirkt, dass Aktien weniger stark fielen als es ansonsten der Fall gewesen wäre. Die Käufe können Korrekturen jedoch nicht verhindern. Das zeigte sich Eindrucksvoll im Jahr 2014 und Sommer 2015.

Letztlich kommt es bei japanischen Aktien nur auf Eines an: die Währung. Grafik 5 zeigt den Nikkei im Vergleich mit dem Dollar/Yen Kurs. Seit 2004 ist die Korrelation sehr hoch. Seit 2012 ist sie noch einmal gestiegen. Die japanische Notenbank sagt selbst, dass sie sich mit einem USD/JPY Kurs von 120 wohl fühlt. Eine Abwertung, die weiterführt, wird momentan nicht in Erwägung gezogen. Das begrenzt den Nikkei derzeit de facto auf einen Punktestand von 20.000. Gleichzeitig darf man auch nicht vergessen, dass der breite Markt mit einem KGV von 27 bewertet ist.

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Japanische Aktien sind alles andere als ein Schnäppchen. Daran ändert auch die Notenbankpolitik nichts. Der Höhenflug der letzten Jahre war im Prinzip ein Zaubertrick. Der Markt hat sich davon einnebeln und täuschen lassen. Tatsächlich sind japanische Aktien eine wilde Zockerei. Die Gefahr, dass dieses Kartenhaus früher oder später zusammenfällt ist relativ groß.

Lars Gottwik

Partner & COO JFD Brokers
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Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.

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