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07:58 Uhr, 13.08.2012

Japan: Wirtschaftswachstum kühlt sich ab

Tokio (BoerseGo.de) – In Japan hat die Wirtschaft im zweiten Quartal 2012 leicht zugelegt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg einer ersten Berechnung zufolge um 0,3 Prozent im Quartalsvergleich an, wie das japanische Cabinet Office am heutigen Montag mitteilte. Im Jahresvergleich legte das BIP um 1,4 Prozent zu. Ökonomen zeigten sich von den Daten enttäuscht, sie hatten im Vorfeld mit einem BIP-Plus von höheren 0,6 Prozent im Quartalsvergleich und 2,5 Prozent im Jahresvergleich gerechnet.

Damit hat sich das BIP-Wachstum aber deutlich abgekühlt. Im ersten Quartal 2012 ist das BIP noch um 1,6 Prozent (revidiert von 1,3 Prozent) im Quartalsvergleich und im Jahresvergleich um 4,7 Prozent gestiegen. Nach einem Rückgang um 0,2 Prozent im vierten Quartal 2011 im Quartalsvergleich und um minus 0,5 Prozent im Jahresvergleich. Im dritten Quartal 2011 wurden ein Plus von 3,9 Prozent im Quartalsvergleich und ein Rückgang von 0,40 Prozent im Jahresvergleich notiert. Im zweiten Quartal 2011 wurde ein Minus von 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal und von 1,70 Prozent im Jahresvergleich ausgewiesen. Im ersten Quartal 2011 lag ein deutliches Minus von 2 Prozent im Quartalsvergleich und von 1,70 Prozent im Jahresvergleich vor. Im Gesamtjahr 2011 sackte das japanische BIP um 0,7 Prozent ab, nach einem Plus von 4,4 Prozent im Jahr 2010.

Das nominale BIP sank im zweiten Quartal um 0,1 Prozent im Quartalsvergleich und verfehlte damit die Prognosen der Volkswirte eines Anstiegs um 0,4 Prozent. Im ersten Quartal legte das nominale BIP noch um 1,2 Prozent im Quartalsvergleich zu. Der BIP-Deflator sank im zweiten Quartal um 1,1 Prozent im Jahresvergleich, nach einem Rückgang um 1,3 Prozent im ersten Quartal. Hier lagen die Schätzungen der Volkswirte zuvor nur bei einer Kontraktion von 0,8 Prozent.

Der Privatkonsum erhöhte sich um 0,1 Prozent im Quartalsvergleich und verfehlte die Prognosen der Ökonomen von plus 0,3 Prozent. Die Auslandsnachfrage sank um 0,1 Prozentpunkte des BIP, während sich die Binnennachfrage stark zeigte und um 0,4 Prozentpunkte zulegte.

Mit den neuen Daten vergrößern sich die Sorgen der Investoren, dass die Erholung der japanischen Wirtschaft nach der verheerenden Naturkatastrophe vom 11. März 2011 im neutralen Wachstumsbereich stecken bleibt. Die japanische Regierung zeigt sich jedoch zuversichtlich. „Die japanische Wirtschaft ist weiterhin in einem Aufwärtstrend der von der Binnennachfrage angetrieben wird“, kommentiert Wirtschaftsminister Motohisa Furukawa die BIP-Daten. Dabei unterstrich Furukuwa, dass er auch im dritten Quartal und den folgenden Quartalen von einem weiteren Wirtschaftswachstum ausgeht. Die Abkühlung des Wirtschaftswachstums begründete er hauptsächlich mit den Auswirkungen der europäischen Staatsschuldenkrise.

Für das dritte Quartal 2012 erwarten Analysten hingegen, dass das Wirtschaftswachstum an Fahrt verlieren wird, da Subventionen der Regierung für umweltfreundliche Autos im August auslaufen werden. So rechnet Yoshimasa Maruyama, Chefvolkswirt beim Itochu Economic Research Institute, dass das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal an Dynamik einbüßt und im vierten Quartal sogar fallen wird. Dem schließt sich auch Ryutaro Kono, Chefvolkswirt bei BNP-Paribas an. „Die Wachstumsdynamik wird sich im zweiten Halbjahr sicherlich abkühlen“, so Kono.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für das ganze Jahr 2012 mit einem japanischen Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent und für das kommende Jahr 2013 mit einem BIP-Plus von 1,5 Prozent. Alleine für das vierte Quartal 2012 sieht der IWF ein Wachstum von 0,4 Prozent für das 128 Millionen Einwohner Land im Jahresvergleich.

Das Bruttoinlandsprodukt spiegelt den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen (Wirtschaftsleistungen) wider, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums in einer Volkswirtschaft produziert werden. Während das reale BIP die Wirtschaftsleistung preisbereinigt angibt, wird das nominale BIP inflations- und deflationsunbereinigt berechnet. Kritiker bemängeln, dass die Aussagekraft des BIP ungenau ist, da Leistungen von unbezahlten Tätigkeiten oder der Schwarzarbeit kaum oder nur annähernd berücksichtigt werden.

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Über den Experten

Christian Zoller
Christian Zoller

Christian Zoller studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Regensburg sowie an der WU Wien, mit den Schwerpunkten Investmentbanking und Corporate Finance. Seit 1995 ist er in den Bereichen Fundamentalanalyse und Technische Analyse tätig. Seine berufliche Laufbahn führte Zoller unter anderem zur Austria Presse Agentur (APA-Finance), zu BörseDaily und stock3. Zudem verfasste er Fachartikel für den Newsletter „Trendwatch“ des Heikin-Ashi-Experten Dan Valcu und ist Autor des Fachbuchs „Behavioral Finance bei Technischer Analyse“. Für die Finanzmarktanalyse verwendet Zoller unter anderem gerne Saisonalitäten, die Sentimentanalyse, Fundamentaldaten und die Charttechnik.

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