Kommentar
14:45 Uhr, 17.08.2015

Ist das Anleihenkaufprogramm der EZB eine versteckte Bankenrettung?

Das EZB Anleihenkaufprogramm hilft der Eurozone in vielerlei Hinsicht. Ein Effekt wird jedoch kaum diskutiert: die Rettung der Banken.

Seit das europäische QE Programm läuft, hat sich viel getan. Die meisten Staaten zahlen deutlich weniger für ihre Schulden. Italien kann sich trotz Rekordschulden so günstig Geld leihen wie noch nie. Bei einer Verschuldung von über 130% der Wirtschaftsleistung sind Zinsen von weniger als 2% für 10-jährige Anleihen geschenkt. In Spanien, Portugal und Irland sieht es nicht anders aus.

Die Schuldenlasten der Staaten werden durch die niedrigen Zinsen zwar nicht nachhaltiger, aber zumindest täuschen die niedrigen Zinsen die Schuldentragfähigkeit vor. Gleichzeitig sorgen die niedrigen Zinsen für eine Abwertung des Euro. Das kann die Exportindustrie beleben und für einen kleinen Wachstumsschub sorgen. Können die Wirtschaften wieder wachsen, dann wird von den Regierungen etwas Druck genommen. Diese müssen einerseits ihre Ausgaben im Griff halten und andererseits dafür sorgen, dass Ausgabenkürzungen nicht zu noch höherer Arbeitslosigkeit und Verelendung sozial Bedürftiger führt.

Niedrige Zinsen sollen Investoren aus Staatsanleihen und in risikoreichere Assets drängen. Das soll zu einem Vermögenseffekt führen. Hierbei wird Geld aus Staatsanleihen in Vermögenswerte wie Aktien oder Immobilien geleitet. Diese gewinnen an Wert und die Vermögenssituation der Investoren verbessert sich. Es hilft letztlich nur denen, die auch Geld für Investitionen haben und nicht dem Großteil der Bevölkerung. Trotzdem wird diesem Prozess zumindest vordergründig ein positiver Effekt zugeschrieben.

Das QE Programm der EZB hat auch noch einen ganz anderen Effekt. Seit Beginn der Finanzkrise gibt es in der Eurozone vor alle zwei Trends: ausländische Investoren sind aus dem Währungsraum geflohen und Banken haben ihre Bilanzen mit Staatsanleihen aufgebläht.

Grafik 1 zeigt den Anteil spanischer Staatsschulden in inländischer und ausländischer Hand. Vor der Finanzkrise hielten ausländische Investoren einmal 50% der gesamten Staatsschulden. Zum Höhepunkt der Finanzkrise waren es nur noch 30%. Inzwischen hat sich der Wert wieder auf 40% verbessert.

Mit der EZB als ultimativen Käufer von Staatsanleihen kehrt Vertrauen wieder zurück. Viele Investoren trauen sich wieder an Staatsschulden von Ländern wie Spanien oder Italien heran. Zuvor wurden die Schulden verkauft. Viele Versicherungen und Pensionsfonds nahmen Staatsschulden der Südländer von der Liste der investierbaren Assets. Per interner Regulation durfte nicht mehr in diese Schuldtitel investiert werden.
In Irland war der Trend besonders ausgeprägt. Dort befanden sich allerdings auch an die 90% der Schulden in ausländischer Hand. Das ist schon ein absoluter Extremwert. Es war einer der Gründe, weshalb die Krise in Irland Notkredite notwendig machte. Wenn ein sehr hoher Anteil der Schulden in ausländischer Hand ist und diese dann relativ schnell verkauft werden, dann kommt es zu Verwerfungen. Die Flucht ausländischer Investoren war so schnell und betraf einen so unverhältnismäßig hohen Anteil der Schulden, dass die Regierungen nicht anders konnte als einen Notkredit zu beantragen.
Deutschland ist fast das einzige Land, indem der Trend in die andere Richtung ging. Investoren verkauften die Anleihen der Krisenländer und flüchteten in sichere Bundesanleihen. Erst seit Mitte 2014 flacht der Trend langsam ab und dürfte sich in den kommenden Jahren wieder umkehren.
In den Krisenländern flüchteten ausländische Investoren. Wenn nun aber immer geringere Anteile der Staatsschulden vom Ausland gehalten werden, wo gingen die Schulden dann hin? Grafik 4 zeigt noch einmal die Anteile der vom Ausland gehaltenen Schulden für Deutschland und 4 Krisenländer. Demgegenüber steht Grafik 5. Hier ist der Anteil der Staatsschulden abgebildet, der von inländischen Banken gehalten wird.

Je tiefer der Auslandsanteil sank, desto höher stieg der Anteil der Banken. Für Banken war das nicht immer ein einfacher Weg, denn letztlich birgt das Anhäufen großer Anleihenbestände enorme Risiken. Es ist ja nicht gerade so, dass die Anleihen von Italien und Spanien eine Ausfallwahrscheinlichkeit von null haben.

Banken gingen trotzdem diesen Weg. Das hing auch mit der Regulation zusammen. Per Definition gelten Staatsanleihen als risikolos. Was risikolos ist muss nicht mit Eigenkapital unterlegt werden. Das ist grundsätzlich sinnvoll. Es ist aber nicht sinnvoll Staatsanleihen als risikolos zu bezeichnen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sie es definitiv nicht sind. Trotzdem müssen Banken die mit Staatsanleihen verbundenen Risiken nicht mit Eigenkapital unterlegen.

Allein die Banken der Krisenländer halten zusammen mehr als eine Billionen Euro an Staatsanleihen. Demgegenüber steht ein Eigenkapital von 0 Euro. Banken haben keinerlei Puffer für den Fall, dass Staatsanleihen ausfallen. Verluste dürfen nicht anfallen. Mit null Kapital kann man auch lediglich null Verlust abfedern.
Das Regelwerk wird sich früher oder später ändern. Alles andere ist absolut fahrlässig.

Kommt die nächste Krise, dann müssen Banken wieder vom Steuerzahler gerettet werden, weil sie kein Eigenkapital für Kreditrisiken aus Staatsschulden halten. Der Steuerzahler kann die Banken dann allerdings nicht mehr retten, weil der Staat ja gerade der ist, der seine Schulden nicht mehr bezahlen kann. Die Rechnung geht also nicht auf.

Falls es erneut zu einer Staatsschuldenkrise kommt und dann auf Schuldenschnitte nicht mehr verzichtet werden kann, dann müssen Banken Kapital bereitstehen haben, um Verluste aus Staatsanleihen auffangen zu können. Andernfalls ist das gesamte Finanzsystem wieder bedroht.
Müssten Banken nun z.B. 10% als Eigenkapital vorhalten, dann entspricht das einer Summe von über 100 Mrd. an zusätzlichem Kapital, welches die Banken der Krisenländer aufbringen müssten. Das ist eine ganze Menge Kapital und ein unrealistisch hoher Betrag. Was bleibt, das ist die Reduktion des Anleihenbestandes. Die EZB hilft Banken derzeit durch ihr Kaufprogramm dabei Anleihen zu hohen Gewinnen verkaufen zu können. Das entlastet Bankbilanzen und führt im Idealfall dazu, dass Banken die Gewinne als Kapitalpolster einbehalten.

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  • reinerle
    reinerle

    falls es jemandem entgangen ist, es werden seit 2 Jahren Banken-Länder und Firmen gerettet. also ist es eine retterei der gesamtschulden der EU mit über 50 Billionen! lol.

    08:54 Uhr, 18.08.2015
  • einfach
    einfach

    die ezb hat die banken bei der einführung des euro gerufen (bzw. die banken haben die ezb mit freundlichen zurufen überreden können ihnen das lukrative staatsanleihe geschäft zu überlassen und nicht mehr die eigenen zentralbanken der länder. die können nämlich mit den zinsgewinnen nichts anderes anfangen als sie dem jeweiligen staatshaushalt wieder zur verfügung zu stellen.) nein lieber das einträgliche geschäft den banken überlassen. die wissen was sie mit den gewinnen anzustellen haben nämlich boni zahlen und sich über ein risikoloses geschäft freuen (würde ich auch machen wenn ich die erlaubniss dazu bekommen würde) und aus diesem grund werden die eu banken niemals probleme mit ihren staatsanleihen bekommen, da die ezb als letzte instanz immer bereit ist die von den banken gehaltenen staatsanleihen zurüchzunehmen.

    20:33 Uhr, 17.08.2015
  • wuwei
    wuwei

    gratulation, dass sich auch mal ein GMT Analyst traut zu schreiben dass es nur um die Bankenrettung geht!

    Würden die Finanzdienstleister einwenig kritischer über Draghi und Co schreiben, dann würde es für Draghi wesentlich schwerer sein Qe2 zu starten.

    (Allerdings beißt man nicht die Hand die einem füttert )

    16:06 Uhr, 17.08.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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