Kommentar
08:22 Uhr, 20.09.2011

In Zeiten großer Euro-Not bringt der politische Mittelweg den Tod

Sind Sie so wie ich ein Fan von Action-Filmen? Ihre Dramaturgie zieht mich immer wieder in den Bann. Und das Beste kommt zum Schluss: Das Happy End. Der furchtlose Held oder die Heldin nimmt auch die größten Strapazen auf sich und rettet trotz aller Widrigkeiten die Welt vor ihrem Untergang.

Auch die Euro-Krise ist ein Action-Film. Seine packende Dramaturgie mit fast täglich neuen, unerwarteten Handlungen der politischen Hauptakteure könnte von Steven Spielberg oder Wolfgang Petersen stammen. Leider gibt es einen entscheidenden Schönheitsfehler: Bei diesem Film will sich einfach kein Happy End, d.h. die nachhaltige Lösung der Euro-Krise, einstellen. Offenbar wurden die Rollen des oder der Helden, die die schief laufenden Dinge zum Schluss wieder gerade richten, bis dato nicht besetzt.

Euroland ist nicht Wunderland

Sicherlich hat es schon angenehmere Zeiten für Politiker gegeben. Aber sie sind nun einmal als Entscheidungsträger gewählt. Und diese müssen jetzt der Realität ins Auge schauen: Griechenland ist in der Eurozone nicht zu retten. Das griechische Bruttoinlandsprodukt liegt ungefähr auf dem Niveau des Bundeslands Hessen. Allerdings hat Hessen nur ein Neuntel der Verschuldung und eine wirtschaftliche Infrastruktur und Geschäftsmodelle, die die Schulden schultern können. In Griechenland schafft das aber selbst ein Herkules nicht mehr: Während die Schulden steigen, sinkt die Wirtschaftsleistung rapide.

In der Geschichte findet sich kein Beispiel für ein Land mit ähnlich gravierenden finanziellen Verwerfungen, dass seine Probleme nicht auch über Währungsabwertungen in den Griff bekommen hat. Ob in der Tequilla-Krise Mexikos 1994/95, in der Asien-Krise 1997/98, in der Russland-Krise 1998/99 oder in der Argentinien-Krise 2002, Abwertungen bis zu 400 Prozent waren nötig, um wieder wirtschaftlich atmen zu können. Es bedarf eines Wunders, um Griechenland ohne Abwertung erfolgreich zu sanieren. Aber leider ist Euroland nicht Wunderland. Unter uns gesagt: Diese Erkenntnis hat auch jeder, der fehlerfrei bis drei zählen kann.

Die Beibehaltung des Status Quo birgt unkalkulierbar große Risiken

Die Politik befürchtet, dass ein Austritt Griechenlands weitere Austritte anderer Euro-Länder nach sich ziehen könnte, die finanziell dann nicht mehr beherrschbar wären. Eine Gewähr für ein Ausbleiben dieses Dominoeffekts ist aber auch bei Festhalten am Status Quo alles andere als sicher. Denn wie kann man den Finanzmärkten beruhigend versichern, Staaten wie Spanien oder Italien stützen zu können, wenn schon eine Sanierung Griechenlands mit Pauken und Trompeten scheitert? Außerdem kann man nicht mehr ausschließen, dass die zunehmende Verschlechterung der sozialen Rahmenbedingungen über das Kaputtsparen Griechenlands irgendwann die Regierung in Athen politisch zwingt, von sich aus - überraschend - den Austritt zu erklären, was erst recht zu Schocks an den Finanzmärkten führte. Nicht zuletzt nehmen die politischen Risiken zu, dass die notwendigen Zustimmungen in allen nationalen EU-Parlamente für immer weitere Hilfen an das Groschengrab Griechenland sowie eine zunehmende Delegierung der nationalen Haushaltsrechte an eine Brüsseler Superbehörde nicht mehr erzielbar sind. Eine Reihe von EU-Ländern hegt hier schon sehr frevelhafte Gedanken und selbst in der deutschen Regierungskoalition wird das Schweigegelübde in punkto kritischer Euro-Betrachtung mittlerweile gebrochen. Die Existenzrisiken der Eurozone sind bei Aufrechterhaltung des griechischen Status Quo unkalkulierbar groß.

Wo sind die Helden der Eurozone?

Ohne Zweifel werden die Bewältigung eines griechischen Austritts und damit auch ein Schuldenschnitt keine Spaziergänge. Dazu hat man seit Mai 2010 das Zeitfenster nicht genutzt. Aber was wären die Vorteile? Die Europäische Union würde klar zeigen, dass sie noch handlungsfähig ist, die Euro-Krise mit handfesten Instrumenten und nicht mit erfolgloser Gesundbetung in den Griff zu bekommen. Was macht man mit einem Fußballspieler, der nicht die entsprechende Leistung erbringt? Er wird ausgewechselt, weil er ansonsten die Leistungsfähigkeit der Gesamtmannschaft schwächt. Im Übrigen würde dies den Angelsachsen die Munition nehmen, von ihren eigenen, größeren Problemen abzulenken und den Zeigefinger auf die Eurozone zu richten. Grundsätzlich wäre eine Pleite Griechenlands jetzt finanziell verkraftbar, Pleiten von Spanien und Italien später sind es nicht.

Die Politik darf diesen sicherlich steinigen Weg nicht scheuen, darf keine mittelmäßigen Zwischenlösungen mehr anbieten und muss zügig handeln. Schon gar nicht sollten sich Politiker des Alibis fehlender rechtlicher Grundlagen für einen Austritt bedienen. Es gab ja auch keine rechtlichen Grundlagen für die „alternativlose“ Aufgabe der Euro-Stabilitätskriterien der Eurozone. Getan hat man es trotzdem.

Wir brauchen alternativlos mutige Helden, die die Eurozone mit frischen Ideen wie der Rekapitalisierung von Banken retten, keine Anti-Helden, die sie nur mit alten Kamellen wie Rettungspaketen verwalten. Nur so kommt es auch beim Action-Film „Euro-Krise“ noch zu einem guten Ende. Die aktuelle Realsatire ist nicht mehr mit anzusehen.

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