Kommentar
12:40 Uhr, 12.08.2023

Im "Darknet" der Charts - Deutsche Nebenwerte

In den letzten Tagen und Wochen gab es im deutschen Markt immer mal wieder ein paar Beispiele, wie so genannte Nebenwerte, plötzlich und scheinbar aus dem Nichts in den Fokus der Anleger rückten, um binnen kürzester Zeit aberwitzige Performance zu erzielen.

Erwähnte Instrumente

  • MATERNUS-Kliniken AG
    ISIN: DE0006044001Kopiert
    Kursstand: 3,740 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • Wild Bunch AG
    ISIN: DE000A2TSU21Kopiert
    Kursstand: 12,900 € (Stuttgart) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • MATERNUS-Kliniken AG - WKN: 604400 - ISIN: DE0006044001 - Kurs: 3,740 € (XETRA)
  • Wild Bunch AG - WKN: A2TSU2 - ISIN: DE000A2TSU21 - Kurs: 12,900 € (Stuttgart)
  • SPOBAG AG - WKN: 549060 - ISIN: DE0005490601 - Kurs: 12,200 € (Frankfurt)

Deutsche Nebenwerte heißen so, weil sie oftmals folgende Kriterien (mehrere oder alle davon) erfüllen:

  • Sie sind in keinem großen Index wie Dax, MDax, SDax, TecDax vertreten
  • Sie haben eine relativ geringe bis sehr kleine Marktkapitalisierung von oft nur wenigen Millionen €
  • Sie sind oftmals so genannte Pennystocks also Aktien, die um und unter 1€ notieren
  • Sie sind illiquide beim Handel(n) und oftmals ohnehin nur an einigen wenigen Handelsplätzen wie der ein oder anderen Regionalbörse zu kaufen/verkaufen
  • Man bekommt nur wenig an Informationen/News zu diesen Unternehmen oder muss sich diese zumindest mühsam zusammensuchen, wenn man denn überhaupt etwas findet
  • und oftmals hat man die Namen dieser Unternehmen so gut wie noch nie gehört bzw. weiß häufig wenig bis nichts über deren Geschäftsmodell

Solche Nebenwerte kollabieren oder eruptieren oftmals binnen weniger Tage in extremen Kursbewegungen und genauso häufig weiß niemand, was denn dort hinter diesen Kursbewegungen stecken mag. Springen solche Werte plötzlich an, dann lockt das natürlich auch Hasardeure an, die auf diese Bewegungen mit aufspringen und plötzliches Kauf- oder Verkaufsinteresse in solchen Aktien führt dann zu aberwitzigen Kursbewegungen in den sonst eigentlich recht illiquiden Aktien.

In den letzten Tagen und Wochen gab es im deutschen Markt immer mal wieder ein paar Beispiele, wie so genannte Nebenwerte, plötzlich und scheinbar aus dem Nichts in den Fokus der Anleger rückten, um binnen kürzester Zeit extreme Performance zu erzielen. Oftmals verpufft das dann schnell wieder und dann heißt es eigentlich nur noch: "den letzten beißen die Hunde"!

Hier ein paar Beispiele aus jüngster Zeit:

Wild Bunch AG - Die Aktie legte binnen ein paar Wochen zwischenzeitlich um 625% zu. Ähnliches geschah hier bereits schon mal von ca. November 2021 bis Januar 2022.

Im-Darknet-der-Charts-Deutsche-Nebenwerte-Kommentar-Michael-Borgmann-stock3.com-1
Wild Bunch AG

Maternus-Kliniken AG - Hier gab es vor Kurzem im Juli einen Anstieg um fast 200%.

Im-Darknet-der-Charts-Deutsche-Nebenwerte-Kommentar-Michael-Borgmann-stock3.com-2
Maternus Kliniken AG

SPOBAG AG - Hier verlief es zuletzt ähnlich.

Im-Darknet-der-Charts-Deutsche-Nebenwerte-Kommentar-Michael-Borgmann-stock3.com-3
Spobag AG
  • Fazit: Im Nebenwerte-Segment sind (zum Teil auch extreme) Kursexplosionen zwar immer mal wieder zu sehen, allerdings eher die Ausnahme als die Regel. Wenn man sich die obigen exemplarischen Charts der jüngeren Vergangenheit mal genauer anschaut, dann sieht man, dass der Zug in beide Richtungen schnell und dauerhaft unterwegs sein kann und sich auch starke nachhaltige Strecken etablieren können, während der sich die Aktien-Kurse auch schon mal halbieren bis dezimieren können.
  • Das Handeln absoluter Nebenwerte (hiermit sind nicht pauschal alle Smallcaps gemeint, sondern eben Aktien, die die weiter o. g. Kriterien weitestgehend erfüllen) führt in der Regel zu deutlich mehr Frust als Erfolgserlebnissen und sollte aus meiner Sicht eher komplett ver/gemieden werden. Außer man verfügt über irgendeine Form von Insider-Wissen über solche Unternehmen, welches dann ein mittel- bis langfristiges Invest rechtfertigen mag
  • Die Probleme beginnen ja bereits beim Ein/Ausstieg in solche Werte. Oftmals wird über den gesamten Tag nur 1-2 mal ein Kurs gestellt, zudem weisen diese Aktien im BID/AKS sehr häufig mehrere Prozent Unterschied auf, so dass man bereits direkt nach Einstieg schon um 3-5% mit der Position hinten sein kann.
  • Nächstes Problem ist dann das Begleiten der Position zum Beispiel durch das Setzen eines StopLoss. Man kann wohl in 9 von 10 Fällen davon ausgehen, das dieser auch (vermutlich zeitnah) ausgelöst werden wird.
  • Technische Analyse (Charttechnik) und in diesem Fall die wichtige Interpretation von Candlesticks und volumenbasierten Parametern benötigt möglich viele Kurs (Preis)-Informationen, um einen gewissen Grad an Verlässlichkeit liefern zu können, auch dieses Kriterium ist bei solchen Nebenwerten kaum zu erfüllen. Aus diesem Grund befinden sich solche Aktien für mich halt in einer Art "Charttechnischem Darknet".
  • Last not least beeinflusst man mit seiner eigenen Order bei diesen Aktien auch fast immer unmittelbar den Kurs, was bei einem großen Dax-Wert für Privatpersonen ja eher fast unmöglich ist. Wer schon jemals versucht hat, aus solch einem Nebenwert heraus zu kommen und dann immer nur mit ansehen konnte, wie der Kurs direkt nach der Order runter getaxt wird, ohne das die Order ausgeführt wurde, weiß wovon ich spreche (das Phänomen tritt natürlich umgekehrt auch beim Kaufen auf).
  • Die Aktienwelt bietet so viele schöne und vor allem liquide Werte an, da sehe ich keinen plausiblen Grund, sein kostbares Kapital in MikroCaps zu binden, denn hierbei handelt es sich um ein Invest mit einem übergeordnet eher zweifelhaften Ausgang, welches am Ende eher zu Kapitalverlust führen wird, als das man mal das Glück hat, an einer der immer mal wieder im Marktsegment vorkommenden Squeeze-Bewegungen partizipieren zu können.

Ich wünsche ein schönes Wochenende

Michael Borgmann

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Michael Borgmann
Technischer Analyst und Trader

Als "Kind des Neuen Marktes" kann Michael Borgmann inzwischen auf über 25 Jahre Börsenerfahrung zurückblicken und hat dabei schon früh die Anwendung der Technischen Analyse (Charttechnik) als "Mittel zum Zweck" für sich ausgemacht. Bei seinen Analysen beschränkt er sich nicht nicht auf einzelne wenige Aspekte der Materie, sondern verfolgt einen ganzheitlichen analytischen Ansatz, indem er Candlesticks, Elliott-Wellen, Fibonaccis, die Ichimoku-Methodik und diverse andere charttechnische Hilfsmittel miteinander kombiniert. In der Summe sieht er dadurch die Technische Analyse gegenüber der Fundamental-Analyse im Vorteil, da sie tagesaktuelle Chartdaten auswerten kann und somit einen deutlichen zeitlichen Vorsprung gegenüber der Auswertung zum Beispiel veralteter Quartalszahlen hat. Seit Juli 2015 betreut Michael Borgmann den Premium-Service „Centre Court Börse” (CCB) im stock3 Terminal (vormals: Guidants).

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