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10:18 Uhr, 04.07.2024

IfW: EU könnte China bei bestehenden Einfuhrzöllen entgegenkommen

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat angesichts des Inkrafttretens vorläufiger Ausgleichszölle auf chinesische Elektroautos ein Entgegenkommen gegenüber China bei bestehenden Einfuhrzöllen vorgeschlagen. Die EU sei der letzte große Markt, der neue Handelsschranken gegen chinesische E-Autos errichte. "Die Einfuhr chinesischer Kraftfahrzeuge könnte deutlich zurückgehen, die Preise für E-Autos dürften sich dennoch langfristig kaum ändern", erklärten die Forscher. "Für die EU könnte es jetzt besonders vorteilhaft sein, ihre Zollpolitik auch gegenüber anderen WTO-Mitgliedern anzupassen."

Das IfW, das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) und das Supply Chain Intelligence Institute Austria zeigten anhand von Simulationen, dass durch die Ausgleichzölle die Einfuhren von Kraftfahrzeugen aus China um 42 Prozent zurückgehen würden. Dieser Rückgang werde größtenteils durch höhere Verkäufe europäischer Produzenten in der EU und teilweise durch höhere Einfuhren aus Drittländern ausgeglichen. Die Autopreise würden durch die Ausgleichszölle langfristig aber nur geringfügig beeinflusst. "Die Wertschöpfung in der EU-Autoindustrie wird voraussichtlich um 0,4 Prozent steigen, während sie in China um 0,6 Prozent sinken wird", sagte IfW-Ökonom Julian Hinz.

Unabhängig von den jetzt beschlossenen Ausgleichszöllen erhebe die EU Einfuhrzölle in Höhe von 10 Prozent auf Autos aus WTO-Mitgliedsländern, mit denen sie kein Freihandelsabkommen geschlossen hat. Wenn die EU diese Zölle auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge auf null senke, könnten die Preise in der EU um bis zu 0,8 Prozent zurückgehen. Gleichzeitig würden die Autoeinfuhren aus China nur um rund 20 Prozent zurückgehen, während die Einfuhren aus Drittländern um gut 1 Prozent steigen würden. "Der Wohlstand in der EU erhöht sich stärker als beim reinen Ausgleichszollszenario, und die grüne Transformation wird günstiger dank mehr 'fairem' Handel", sagte Hinz.

"Damit könnte die EU vorführen, was die neue handelspolitische Doktrin, der zufolge die Handelspolitik 'offen, nachhaltig und entschlossen' zu sein hat, in der Praxis bedeutet", erklärte Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr. Die EU setze sich mit den Ausgleichszöllen für das multilaterale Handelssystem und gleiche Wettbewerbsbedingungen ein. "Andererseits könnte sie durch ein Entgegenkommen bei den bestehenden Einfuhrzöllen zeigen, dass sie auch die Leistbarkeit von Elektroautos und die grüne Transformation im Blick behält." Prinzipiell reagiere die EU zu Recht mit Ausgleichszöllen auf verzerrende Handelspraktiken Chinas. "Gleichzeitig sollte die EU alles tun, um ein Verhandlungsergebnis zu erzielen und Eskalationsspiralen zu vermeiden", betonte Felbermayr.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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