Hätte ich die richtige Strategie, dann wäre...
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Sehr geehrte Damen und Herren,
wie Sie wissen dürften, halte ich die Psychologie für einen der wichtigsten Faktoren für den Erfolg im Trading. In diesem Zusammenhang bekam ich vor kurzem sinngemäß folgende Antwort:
"Herr Berteit, ich glaube nicht, dass die Psychologie so wichtig ist. Hätte ich eine Tradingstrategie, die mir den Erfolg beschert, den ich mir vorstelle, dann würden sich viele Probleme doch gar nicht ergeben. Das Thema Emotionen/Psychologie wäre dann obsolet. Insofern ist wohl doch die Tradingstrategie der wahre Erfolgsfaktor im Trading."
Diese Antwort hat mich durchaus dazu veranlaßt, ein wenig darüber nachzudenken. Schließlich klingt Sie auf den ersten Blick doch logisch und um eine Konsequenz bereits vorwegzunehmen, so ganz unrecht hat der Trader mit dieser Aussage sicher nicht. Zumindest brauchen Sie für Ihren Erfolg eine erfolgreiche Strategie. Ohne diese können Sie psychologisch noch so gut unterwegs sein, Geld verdienen werden Sie damit natürlich nur zufällig.
Aber spinnen wir diesen Gedanken doch einmal weiter. Was ist dran, an dieser Aussage?
Starten wir einmal bei der typischen Erwartungshaltung eines Traders und schauen uns Peter an. Peter tradet Aktien auf Tagesbasis und macht im Jahr so ca. 100 Trades. Dabei geht er pro Geschäft ein Risiko von 0,5 % seines Kontos ein und konnte im Schnitt 30 % pro Jahr erzielen. In der Regel tradete er mit einer Trefferquote von ca. 50 %.
Zerlegen wir Peters Tradingstrategie ein wenig und schauen uns einmal an, wie diese Strategie in der praktischen Arbeit aussehen könnte. Statistisch gesehen liegt die Wahrscheinlichkeit einer Verlustserie von 5 Trades bei 3 %. Dies dürfte die tatsächliche Phase jedoch deutlich unterschätzen, denn in den Märkten gibt es zeitliche Phasen, in denen Strategie besser funktionieren, als in anderen. Eine Trendstrategie wird in einem Trend viele gute Trade liefern, während Sie in Seitwärtsphasen oft verlieren werden. Es ist alles andere als unrealistisch, dass auch Peter mit seinem Trading zwei oder drei Verlustserien in dieser Größenordnung pro Jahr erleidet. Das Konto fällt also sowohl mit Blick auf die Verlustserie als auch auf die Zeit zwischenzeitlich relativ deutlich. In regelmäßigen Abständen sind sogar größere Serien zu erwarten.
Ähnlich sieht es auch auf der Gewinnerseite aus. Auch hier gibt es Serien von guten Trades in Folge, aber schauen Sie sich die Märkte doch einmal an. Wie häufig im Jahr zeigen Aktien denn Trends mit Verdopplern & Co? Es dürfte eher wahrscheinlich sein, dass Peter viele Gewinntrades mit nur mäßigen Profiten abschließt, während einige wenige den größten Teil der Performance ausmachen werden. Im praktischen Ausüben der Strategie bedeutet dies, längere Phasen zu haben, in denen Peter zwar arbeitet, aber sich das Konto nur moderat bewegt.
Stellen Sie sich vor, Sie wären Peter. Sie würden Aktien traden und obige Rendite erzielen können. Sie verdienen im Jahr ca. 60R, also 60 Mal so viel, wie Sie pro Trade risikieren. Im Durchschnit beträgt Ihre Rendite pro Trade 0,6R aber die Realität sähe wie oben beschrieben etwas komplexer aus. Glauben Sie nicht, dass es Ihnen aus psychologischer Sicht an der ein oder andere Stelle des Jahres schwer fallen würde, diese Strategie ohne wenn und aber zu verfolgen? Ich glaube schon, denn unabhängig davon das Sie wissen, am Jahresende ca. 30 % mehr zu verdienen, eine Seitwärtsbewegung im Konto von 2 oder drei Monaten oder gar leicht verlustiges Arbeiten über solch einen Zeitraum ist alles andere als einfach. Dies zeigen auch die vielen Reaktionen von Teilnehmnern aus unseren Premiumdiensten und hier brauchen einige nicht einmal Monate, sondern es reichen wenige Wochen schwierigen Tradings, um sofort in Panik zu verfallen.
Selbst wenn Sie diese Argumentation nachvollziehen können, aber es immer noch nicht wahr haben wollen, dann könnten Sie mir vielleicht entgegnen: "Alles schön und gut, aber die Performance ist nun wirklich nicht doll. 30 % oder besser gesagt 60R (was bei einem 1 % Risiko immerhin mehr als 60 % Jahresrendite ausmachen würde) sind doch wirklich nicht die Welt. Das meinte ich nicht nicht mit "erfolgreicher Strategie". Ich redete dabei von Renditen von 100 % und mehr. Bei solchen würden sich die psychologischen Probleme relativieren."
Sind Sie sich da sicher? Peter bräuchte an dieser Stelle nur ein 2 % Risiko pro Trade fahren und würde im Schnitt jedes Jahr mehr als 120 % verdienen. Aber die zeitlichen Drawdowns würden unverändert bestehen bleiben und die preislichen würden sich sogar verdoppeln, schließlich geht Peter ja auch doppelt so hohe Risiken ein. Aber gut, vielleicht meinten Sie ja eine Strategie, mit einem Risiko von 0,5 % pro Trade und dann diese hohen Renditen. Hinsichtlich der preislichen Drawdowns mögen Ihre emotionalen Probleme wirklich kleiner werden, aber zeitlich bleiben auch hier relativ starke Durststrecken. Und wieder würden Sie mir vielleicht Kontra in der Form geben, dass Sie ja eine Handelsstrategie meinten, mit der Sie eben mit höheren Trefferquoten traden, also einer Strategie, die eben nicht so die zeitlich langen Durststrecken hat.
Dieses Argument könnte ich tatsächlich nur schwer entkräften, denn bei einer solchen Strategie hätten Sie das ganze Jahr über nahezu Sonnenschein. Alles wäre super und Sie würden tatsächlich viel, aber sich nicht um eventuelle psychologische Probleme beim Traden kümmern. Wozu auch, die dürfte es tatsächlich nicht geben, aber erlauben Sie mir nur noch zwei kleinenSatz:
WIE REALISTISCH IST DENN EINE SOLCHE STRATEGIE? GEBEN DIE MÄRKTE SOETWAS WIRKLICH HER?
Fazit: Ich hoffe Ihnen deutlich machen zu können, dass die Psychologie tatsächlich keine wichtige Rolle spielen würde, wenn Sie eine erfolgreiche Strategie hätten. Was wir Menschen aber als Erfolg definieren, schießt an der Realität meist vorbei und die gewinnbringenden Strategien die übrig bleiben, sind nicht das, was wir uns wünschten/vorstellen. Genau deshalb fällt es uns so schwer, diese Strategien kontinuierlich umzusetzen und genau deshalb spielt die Psychologie im Trading eine so wichtige Rolle. Dieser letzte Satz bringt mich zu einer relativ naheliegenden Schlussfolgerung. Wenn Sie aktzeptieren, dass die Märkte starke, aber eben auch keine Mondrediten hervorbringen und Sie wie Peter 30 % p.a. als Erfolg ansehen, dann würden sich die ein oder anderen psychologischen Hindernisse auflösen und das Thema Psychologie tatsächlich an Bedeutung verlieren.
Viel Erfolg
Rene Berteit - Technischer Analyst und Tradingcoach bei GodmodeTrader.de
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