Kommentar
09:21 Uhr, 05.07.2011

Griechenland - Nicht mehr als ein Pyrrhus-Sieg

Erinnern Sie sich noch an Ihren Geschichtsunterricht in der Mittelstufe. Früher oder später begegnete Ihnen der Begriff „Pyrrhus-Sieg“. König Pyrrhus soll nach seiner verlustreichen, wenn auch siegreichen Schlacht über die Römer in der Schlacht bei Asculum (Süditalien) 279 v. Chr. gesagt haben: „Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!“ In der Tat hat er einen Krieg nie gewonnen. Seit dieser Zeit wird mit Pyrrhus-Sieg nur ein temporärer Teilerfolg bezeichnet, der aber nicht zum wirklichen Durchbruch, zum Endziel, führt, da er mit zu empfindlichen Verlusten, zu einem zu hohen Preis erkauft wurde.

Pyrrhus-Sieg ist genau das, was mir nach der Verabschiedung des Sparpakets im griechischen Parlament in den Sinn kam. Ja, natürlich könnte ich sagen, dass am griechischen D-Day die Schlacht um die unmittelbare Staatspleite Griechenlands gewonnen wurde. Fürs Erste reicht also das Geld der nächsten Kredittranche von IWF und EU, aber spätestens im September werden die nächsten Haushaltszahlen erneut zeigen, dass eine Versetzung des Nachhilfeschülers eigentlich nicht möglich ist. Die entscheidende Frage ist, ob der Krieg um die nachhaltige Abwendung der griechischen Pleite gewonnen werden kann.

Preis für die griechische Rettung zu hoch

Schon jetzt ist der politische und wirtschaftliche Preis für die gewonnene Schlacht gewaltig hoch. Es kann niemand von einem überzeugenden politischen Konsens im griechischen Parlament sprechen, wenn gerade einmal eine schwache Mehrheit für das Sparpaket zusammen kommt. De facto hat die griechische Opposition in toto mit Nein gestimmt, also jene Politiker, die bis 2009 die Regierung stellten und insofern die politische Verantwortung für die - sagen wir mal - flexible Auslegung von Buchführung und Haushaltsplänen übernehmen müssen. Und jetzt schlagen sich diese Politiker einfach in die Büsche. Wenn sich schon die Politik in Krisensituationen nicht einig ist, wie will man dann die eigene Bevölkerung überzeugen?

Und wenn die große Mehrheit der Bevölkerung nicht hinter dem Sparplan steht, können wir ja bereits heute an den fünf Fingern einer Hand abzählen, dass spätestens nach der nächsten Parlamentswahl die Realitätsverweigerer an Boden gewonnen haben und Renitenz gegenüber Sparbemühungen in Reinform betrieben wird.

Kommen wir zum wirtschaftlichen Preis. Beim griechischen Sparpaket werden vollmundig 50 Mrd. Euro Einnahmen u.a. durch den Verkauf staatlicher Unternehmen einkalkuliert. Welches Interesse werden Investoren wohl für Unternehmen haben, bei denen sie vermutlich auf den erbitterten Widerstand von Gewerkschaften treffen, wenn es darum geht, aus jetzt roten später schwarze Zahlen zu machen? Mit welcher Wahrscheinlichkeit lassen sich angesichts der bereits aktuell großen sozialen Unruhen dringend erforderliche Lohnkürzungen oder sogar Personalfreisetzungen durchsetzen? Werden sich internationale Anleger sehenden Auges auf diesen renditeunsicheren Abenteuerurlaub einlassen? Zumindest werden massive Preisabschläge auf griechische Staatsunternehmen verlangt, was in der griechischen Öffentlichkeit sicherlich sofort wieder reflexartig als Ausverkauf des hellenischen Tafelsilbers gebrandmarkt wird.

Die Marktwirtschaft wurde in Urlaub geschickt

Machen wir uns nichts vor: Eher wird König Pyrrhus wiedergeboren, als dass Griechenland nennenswerte Sparvolumina erreicht, die das Land an der Schuldenfront in notwendigem Ausmaß entlasten, ohne die wirtschaftlichen Perspektiven kaputt zu sparen.

Grundsätzlich hängt das Damokles-Schwert einer Staatspleite Griechenlands permanent über den Finanzmärkten. Und genauso permanent hängt das Land am Tropf des Rettungsschirms. Bereits im September wird der griechische Klingelbeutel erneut durch die Reihen der Geberländer gereicht. Da nutzt es wenig, wenn die deutschen Banken beim griechischen Rettungspaket mit gut drei Mrd. Euro ins Boot geholt werden. Angesichts einer Verschuldung der Griechen von über 300 Mrd. Euro, die zweifelsohne weiter wachsen wird, ist das eher der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.

Wann fängt die Euro-Politik an, neben der Durchsetzung von Sparmaßnahmen in Griechenland, eine wirtschaftliche Vision für das Land zu entwickeln, auf die alle Beteiligten perspektivisch hinarbeiten und damit - und das ist für die Moral von Gebern und Nehmern enorm wichtig - wieder ein gutes Bauchgefühl hinterlässt, wenn man an Euroland und Euro denkt?

Griechenland nüchtern als Anlageobjekt betrachten...

Ich denke, es ist angebracht, die Marktwirtschaft, die von der Politik auf einen nicht enden wollenden Urlaub geschickt wurde, wieder an den Arbeitsplatz zurückzuholen. Griechenland sollte sehr nüchtern als Unternehmen betrachtet werden. Marode Unternehmen werden auch nicht nur einseitig mit Kostensenkungen und anhaltenden Kreditspritzen gesundgebetet. Natürlich kommt eine Wirtschaftlichkeitsprüfung hinzu, die knallhart beurteilt, ob sich die Aufbauspritzen langfristig lohnen, also eine Rendite abwerfen. Und wenn diese nicht zu erwarten ist, wird der Geldhahn zugedreht. Alles andere wäre ja auch bewusste Konkursverschleppung.

Wie sieht es denn mit dem Rendite-Check für Griechenland aus? Ist abzusehen, dass das Land irgendwann wieder wirtschaftlich Wind unter die Flügel bekommt? Die Euro-Politik weigert sich stur, eine sinnstiftende Perspektive für Griechenland zu entwerfen. Daher stelle ich die entscheidende Frage: Kommt man bei Griechenland zu dem Entschluss, dass die Vision einer langfristig auf eigenen Füßen stehenden Volkswirtschaft, die ihre Schulden selbstständig am Kapitalmarkt ohne fremde Hilfe aufnehmen, erwirtschaften und bedienen kann, nicht zu erwarten ist, soll man dann entgegen aller finanzwirtschaftlichen Logik trotzdem weiter unbeirrt Transferzahlungen leisten?

Was wirklich alternativlos ist

Die von der Politik gerne hoch gehaltene Monstranz einer Alternativlosigkeit von Rettungsmaßnahmen hat an Überzeugungskraft bereits verloren. Niemand sollte sich angesichts der mittlerweile steigenden Ablehnung auch in den Geberländern über deren Akzeptanz in Sicherheit wiegen.

Für mich ist entscheidend, dass die Euro-Politik alles unternimmt, damit das schwächste Glied in der Euro-Kette nicht auch noch weitere Euro-Länder und damit den Gesamtverband in Mitleidenschaft zieht. Denn Euroland wird dringend gebraucht als ernst zu nehmendes globalwirtschaftliches und geopolitisches Gegengewicht zu den USA, China, Russland. Das ist wirklich alternativlos! Im Notfall muss man also den kontrollierten Rückzug - noch ist die Euro-Politik handlungsfähig - antreten. Euroland muss dann ohne seine guten Freunde überleben können.

Kommen wir noch einmal auf den Pyrrhus-Sieg zurück. Wenn man den Krieg nicht gewinnen kann, macht es dann überhaupt Sinn, Schlachten - zumal mit hohen Verlusten - zu führen?

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