Kommentar
11:03 Uhr, 14.11.2019

Graf Draghila tritt ab

Am 1. November 2011 übernahm Mario Draghi das Amt des EZB Präsidenten von Jean-Claude Trichet. Wenige Monate später, am 26. Juli 2012, sprach er auf einer Investorenkonferenz die drei magischen Worte aus, die immer mit ihm verbunden sein werden: „Whatever it takes“

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Markus Richert ist Vermögensverwalter und schreibt auf dem V-Check-Desktop auf Guidants


Am 1. November 2011 übernahm Mario Draghi das Amt des EZB Präsidenten von Jean-Claude Trichet. Wenige Monate später, am 26. Juli 2012, sprach er auf einer Investorenkonferenz die drei magischen Worte aus, die immer mit ihm verbunden sein werden. „Whatever it takes“, das waren die Worte mit dem der EZB Präsident auf dem Höhepunkt der Euro-Krise die Gemeinschaftswährung rettete. Von der deutschen Boulevardpresse wurde er zum „Super Mario“ ernannt. Jetzt hat sich die Wahrnehmung Öffentlichkeit geändert. Aus „Super Mario“ wurde „Graf Draghila“ der den deutschen Sparer hemmungslos aussaugt.

Mario Draghi hat EZB-Geschichte geschrieben. Seine erste Amtshandlung war eine Zinssenkung. Es sollten in den folgenden Jahren noch viele weitere folgen. Als erster EZB Präsident hat er in seiner achtjährigen Amtszeit keine einzige Zinserhöhung durchgeführt. Obwohl die Staatsschuldenkrise seit Jahren zumindest vordergründig ausgestanden ist, wurde die Geldpolitik der EZB bis heute immer expansiver. Für viele Ökonomen wurde unter seiner Amtszeit der Nullzins in der Eurozone zementiert. Zumindest für die Südeuropäer ist Mario Draghi ein Held. In Italien hat Draghi gerade von der Universität Bologna seine vierte Ehrendoktorwürde erhalten. In Deutschland sieht man ihn weitaus kritischer. Dabei zählt auch Deutschland zu den großen Profiteuren seiner expansiven Geldpolitik.

Was Sparer ärgert, freut den Schuldner

Das Geldvermögen der deutschen Privathaushalte ist seit 2014, als die EZB den Einlagesatz zum ersten Mal unter null senkte, bis Anfang 2019 von weniger als fünf Billionen Euro auf weit über sechs Billionen Euro angewachsen. Denn die niedrigen Zinsen sorgten für nahezu Vollbeschäftigung und eine gut laufende Konjunktur in Deutschland. Von einem leersaugen oder einer Enteignung der deutschen Sparer kann also nicht die Rede sein. Hinzu kommt, was Sparer ärgert, freut den Schuldner. Die Nachfrage nach Immobilien boomt seit Jahren, weil Baukredite kaum noch etwas kosten. Derzeit führt das historische Zinstief dazu, dass man schon für rund einen Prozentpunkt Zinsen ein Hypothekendarlehen mit 15 Jahren Laufzeit bekommt. Hauskredite mit längerer Laufzeit sind für knapp 1,5 Prozent Zinsen zu haben. Noch 2008 zahlte man rund 5 Prozent für Kredite, in den 80er Jahren waren sogar fast zehn Prozent Zinsen fällig.

Feiertag bei Sparkassen und Volksbanken

Es klingt wie eine Ironie des Schicksals, die Machtübergabe an der Spitze der Europäischen Zentralbank kommt pünktlich zum Weltspartag. Es war übrigens auch ein Italiener, Professore Filippo Ravizza, der 1924 beim ersten Internationalen Sparkassenkongress in Mailand den letzten Arbeitstag im Oktober zum Weltspartag erkor. Wer jetzt glaubt, dass der Weltspartag im Zeichen von Negativzinsen aus der Mode gekommen ist, der irrt. Auch wenn viele Kritiker, in Bezug auf das aktuelle Zinsniveau eher von einem Volkstrauertag sprechen, fand der Weltspartag auch in diesem Oktober statt. Die Marketingabteilungen, vor allem von Sparkassen und Volksbanken, liefen für diesem Tag zur Höchstform auf. So manch lokaler Bankvorstand erklärte sogar die gesamte Woche zur Weltsparwoche und dekorierte seine Filialen mit bunten, selbstgemalten Kinderbildern. Denn der Nachwuchs ist nach wie vor die Hauptzielgruppe für diese deutsche Institution. Immerhin sind die gebotenen Sparbuch Konditionen nominal noch positiv. Aktuelle Angebote belaufen sich auf 0,01 Prozent.

Weltspartag ohne Sparer?

Die Begeisterung der Deutschen für das Sparbuch wird durch solche Zinsangebote aber kaum beeinflusst. Die Befürchtung eines „Weltspartag ohne Sparer“ wird nicht eintreten. Nach wie vor erfreut sich das „Sparbuchsparen“ großer Beliebtheit. Rund 2,5 Billionen Euro, das sind etwa 40 Prozent des deutschen Gesamtvermögens, horten Bundesbürger aktuell auf Sparbüchern, Bankkonten oder als Bargeld. Das kommt daher, dass sich viele wünschen, dass das Geld kurzfristig und jederzeit verfügbar ist. Für den Fall, dass sie es für unvorhergesehene Ausgaben benötigen oder weil sie sich eine Immobilie zulegen wollen, die sie aber noch nicht gefunden haben. Das alles ist verständlich, aber es bedeutet leider auch, dass dieses Geld keine Zinsen mehr abwirft. Deswegen sollte man es nicht übertreiben. Die optimale Kapitalreserve sollte den Betrag von drei Nettomonatsgehältern nicht überschreiten. So lautet eine allgemein anerkannte Faustformel.

Sparen ist nie überflüssig

Darüber hinaus gehende Beträge sollten für den Vermögensaufbau eingesetzt werden. Dafür ist regelmäßiges Sparen eine Grundvoraussetzung. Denn Sparen ist nie überflüssig. Allerdings war Vermögensaufbau mit klassischem Sparbuch-Sparen nie möglich. Selbst zu Zeiten, als es noch einen bescheidenen positiven Sparbuchzins gab. Denn dieser lag in der Regel immer unterhalb der jeweiligen Inflationsrate. Schon seit längerer Zeit werden Aktien als unverzichtbarer Bestandteil des Vermögensaufbaus angesehen. Leider werden die Chancen und Risiken einer Aktienanlage von vielen falsch eingeschätzt. Kurzfristig schwanken die Erträge und Verluste von Aktien enorm. Doch je länger die Anlagedauer, desto gleichförmiger werden die Renditen je Jahr. In den vergangenen Jahrzehnten waren dies vor Inflation sechs bis acht Prozent.

Der 29. Oktober 1929

Der 29. Oktober 1929 ging als „Black Tuesday“ in die Finanzgeschichte ein. Vor 90 Jahren erreichte der Börsencrash seinen vorläufigen Höhepunkt. Alleine in den ersten Wochen der Panik verlor der Dow Jones damals etwa ein Drittel seines Werts. Aber es ging noch tiefer. Bis Mitte 1932 verlor der Aktienindex rund 90 Prozent verglichen mit seinem Rekordhoch vom September 1929. In der Folge stürzte die gesamte globale Wirtschaft in eine große Depression. Dieser Crash hat zweifelsohne Spuren hinterlassen und so mancher Börsenskeptiker wird nicht müde vor einer Wiederholung zu warnen. Allerdings rechnet zumindest derzeit kaum ein Experte mit einem Crash, der mit 1929 vergleichbar ist. Denn die Notenbanken haben aus den Krisen der vergangenen Jahrzehnte gelernt und es herrscht ein Bewusstsein für die globale Vernetzung der Finanzwelt.

Der Weltspartag ist wichtig

Börsenkurse bewegen sich langfristig immer in Wellen, eine Zeit lang geht es bergauf und dann wieder bergab. Gerade aus diesem Grund eigenen sich Aktiensparpläne für junge Menschen. Bei einem langen Anlagehorizont lassen sich die schwächeren Börsenphasen aussitzen und für den weiteren Vermögensaufbau ausnutzen. Der Weltspartag ist dabei heutzutage wichtiger denn je. Aber es muss nicht immer das Sparbuch sein. Bereits mit kleinen monatlichen Beiträgen kann man einen Fondsparplan einrichten. Reale Rendite wird es auf lange Zeit nur noch mit Aktien und Fonds geben. Denn auch die Nachfolgerin von Mario Draghi, die Französin Christine Lagarde, wird den eingeschlagenen Kurs fortführen.


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  • JürgenSK
    JürgenSK

    ..bei den Krediten wird das bei einem Wirtschaftseinbruch enden wie damals bei den Amis...faule Kredite ohne Ende, hoffe dann bringt man das System endlich an seinem Nullpunkt...war doch schon 2008 überfällig.

    20:12 Uhr, 14.11.2019

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