Fuest rät Koalition zu mehr Schulden
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BERLIN (Dow Jones) - Der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, sieht durch die niedrigere Steuerprognose keine Notwendigkeit für zusätzliche Sparmaßnahmen. Die Koalition könne durch die schlechtere Konjunkturerwartungen gemäß den Regeln der Schuldenbremse zusätzliche Kredite aufnehmen, sagte der Ökonom der Augsburger Allgemeinen.
"Der Anteil des Bundes an den Steueraufkommensverlusten entspricht ungefähr dem zusätzlichen Verschuldungsspielraum, den die Schuldenbremse bietet", erklärte Fuest. "Diesen Spielraum sollte man ausschöpfen", sagte der Ifo-Chef. "Die Ausgaben im Bundeshaushalt 2025 wegen der Steuermindereinnahmen zu kürzen, ist konjunkturpolitisch nicht sinnvoll und auch nicht erforderlich", betonte er.
Der Rückgang der geschätzten Steuereinnahmen gegenüber den Schätzungen im Mai sei Folge einer schlechter als erwartet verlaufenden Konjunkturentwicklung. "Allerdings sollte man im Haushalt nach Möglichkeit suchen, zu Gunsten von Ausgaben umzuschichten, die das Wachstum fördern, vor allem zu Gunsten von Investitionen", forderte der Volkswirt. Fuest verlangte zudem Reformschritte und eine Umstrukturierung des Bundeshaushalts als Bedingungen für die mögliche Errichtung eines kreditfinanzierten Investitionsfonds. "Ich halte drei Schritte für erforderlich: Erstens eine Vereinbarung von Reformen für Bürokratieabbau und Deregulierung. Zweitens die Umschichtung von Ausgaben, das Kürzen konsumtiver Ausgaben und die Erhöhung der Investitionen im Bundeshaushalt", sagte Fuest der Rheinischen Post.
"Wenn diese Schritte geleistet sind, sollte man über eine im Grundgesetz verankerte Sonderverschuldung sprechen, für die man allerdings die Zustimmung der Opposition braucht." Damit könne man weitere öffentliche Investitionen und die Förderung privater Investitionen finanzieren. "Entscheidend ist, dass Schritte eins und zwei nicht übersprungen werden", sagte Fuest. Damit Deutschland wieder zu Wachstum zurückfinde, werde eine breite Agenda für mehr Arbeitsangebot, private und öffentliche Investitionen sowie Innovationen und Unternehmensgründungen benötigt. "Einige der erforderlichen Maßnahmen sind in dem Papier von Robert Habeck erwähnt, allerdings ist der Maßnahmenkatalog unvollständig. Beispielsweise muss es für mehr Arbeitsangebot nicht nur mehr Kinderbetreuung, sondern auch Reformen im Steuer- und Transfersystem geben, damit Erwerbsarbeit sich mehr lohnt", sagte der Ökonom.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/jhe
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