Kommentar
11:29 Uhr, 22.08.2012

EZB: Zinsschwellen für jedes Euroland?

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Für Aufruhr sorgte am Wochenende ein „Spiegel“-Bericht laut dem die EZB in Erwägung ziehe für die Anleihen der Euro-Krisenländer Zinsschwellen einzuführen. Ziel sei es die Refinanzierungskosten zu senken und ein weiteres Auseinanderdriften der Zinsniveaus in der Eurozone zu verhindern. Ohne Nennung von Quellen wird weiter ausgeführt, dass der EZB-Rat Anfang September über einen solchen Schritt entscheiden würde. Obwohl bzw. gerade weil der Bericht in der Zwischenzeit seitens der EZB dementiert wurde, wollen wir uns nachfolgend näher mit der Thematik Zinsobergrenze beschäftigen. Denn wie sagte Alain Peyrefitte so schön: „Ein Dementi ist nach den internationalen Gepflogenheiten die verneinende Bestätigung einer Wahrheit, die bisher nur als Gerücht verbreitet war“.

Um Missverständnissen vorzubeugen: es wurde zwar eine Zinsobergrenze diskutiert, diese bezieht sich jedoch nicht auf das absolute Zinsniveau sondern auf den Risikoaufschlag bzw. das Spread zwischen den Anleihen der Krisenländer und den entsprechenden deutschen Pendants. So könne Mario Draghi bei der nächsten EZB-Ratssitzung beispielsweise ankündigen, dass das Spread zwischen italienischen und deutschen zwei-jährigen Anleihen nicht größer als 300 Basispunkte sein soll. Bei einem etwaigen überschreiten dieser Schwelle würde die EZB durch den Ankauf italienischer zwei-jähriger Anleihen den Risikoaufschlag unter besagte Schwelle drücken. Durch das Versprechen mit unbegrenzten Anleihekäufen ein bestimmtes Spread zu verteidigen wäre es der EZB möglich die Risikoaufschläge zwischen den Peripherieländern und Deutschland zu begrenzen.

Unabhängig davon, dass die Idee von Zinsobergrenzen nicht neu ist und bereits im Sommer sowie Herbst letzten Jahres diskutiert wurde, wirft das aktuelle Gerücht ein paar Fragen auf.

Mit einer Ankündigung unlimitiert Anleihen zu kaufen bewegt sich die EZB außerhalb ihres Mandates. Ein solches Vorgehen ist schlichtweg nicht mit dem Verbot der monetären Finanzierung des aktuellen EU-Vertrages kompatibel.

Es ist zudem sehr unwahrscheinlich, dass Zinsobergrenzen ohne entsprechende Auflagen eingeführt werden. Es war Mario Draghi persönlich, der bei der jüngsten Ratssitzung den Faktor Konditionalität betonte: Unter der Bedingung, dass Krisenländer offiziell unter einen der EU-Rettungsschirme, mit all seinen Auflagen, schlüpfen könnten Staatspapiere der Länder am Sekundärmarkt gekauft werden. Bislang zieren sich Länder wie Spanien und Italien jedoch sich den strengen Vorgaben eines Rettungspakets zu unterwerfen. Der politische Wille für weitere harte Sparmaßnahmen ist begrenzt. Außerdem sind im April nächsten Jahres Wahlen in Italien, weshalb es sehr unwahrscheinlich ist, dass sich italienische Politiker im Vorfeld zu harten Einschnitten verpflichten. Einer erfolgreichen Wahl ist dies im aktuellen Umfeld mit Sicherheit abträglich.

Politisch brisant ist auch die Frage wie hoch die Risikoaufschläge für die einzelnen Länder sein sollen. Welche Spreads sind angemessen? Sollte sich die EZB dazu entschließen länderspezifische Limits einzuführen, sähe sie sich gezwungen genau zu erläutern wie sie auf diese Werte gekommen ist und warum es Unterschiede gibt, eine Aufgabe die normalerweise der Markt übernimmt. Was wird wohl Mariano Rajoy, der spanische Ministerpräsident, sagen wenn die von der EZB festgelegten Limits für Spanien höher sind als für Italien? Der „Spiegel“-Bericht vermittelt allerdings den Eindruck, dass die EZB ähnliche Risikoaufschläge für alle betroffenen Länder vorsieht. De facto käme das allerdings einem Eurobond gleich, da sich die betroffenen Krisenländer zu den gleichen Kosten finanzieren könnten. Auch das ist unter dem aktuellen EU-Vertrag nicht umsetzbar.

Aus den oben beschriebenen Ungereimtheiten erscheint es aktuell unwahrscheinlich, dass für alle Krisenländer Zinsobergrenzen ohne jegliche Bedingungen eingeführt werden. Zumal unklar ist, wie die Renditen deutscher Anleihen auf ein solches Spreadlimit reagieren würden. Das schnelle Dementi am Montag macht jedoch misstrauisch. Irgendetwas wird aktuell hinter den Kulissen vorbereitet. Wie eine Maßnahme genau aussieht werden wir erst wissen, wenn diese offiziell angekündigt wird. Bis dahin wird die Gerüchteküche weiterhin heftig brodeln.

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