Analyse
10:31 Uhr, 11.01.2008

EZB tastet sich an Leitzinserhöhung heran

Externe Quelle: Postbank

Die EZB hat auf ihrer heutigen Sitzung ihren wichtigsten Leitzins, den Hauptrefinanzierungssatz, erwartungsgemäß unverändert gelassen. Die Äußerungen von EZB-Präsident Trichet auf der anschließenden Pressekonferenz vermittelten uns aber den Eindruck, dass die Sorgenfalten der EZB hinsichtlich der Inflationsrisiken noch tiefer geworden sind und die nächste Leitzinsanhebung damit ein Stückchen näher gerückt ist.

Die Ausführungen Trichets zeigen, dass sich das Dilemma, in dem sich die europäischen Währungshüter befinden, noch verschärft hat. Einerseits wurden die Konjunkturrisiken, die aus dem globalen Umfeld und den anhaltenden Finanzmarktverspannungen resultieren, etwas stärker betont als noch im Dezember. Andererseits wurden aber auch die Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität noch intensiver hervorgehoben als zuvor. Insbesondere betonte der EZB-Präsident sowohl in seinem Statement als auch in der Frage-/Antwortrunde immer wieder, dass die EZB Zweitrundeneffekte bei der Inflation nicht tolerieren würde. Damit zielte er in erster Linie auf die laufenden und bevorstehenden Tarifverhandlungen ab. Er appellierte eindringlich an die Tarifpartner, Lohnabschlüsse zu vereinbaren, die die mittelfristige Preisstabilität im Euroraum nicht gefährden.

Im Zweifelsfall wird sich die EZB in dem Konflikt zwischen Konjunktur- und Inflationsrisiken unseres Erachtens für die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Preisstabilität entscheiden. Die Hinweise des EZB-Präsidenten waren hier eindeutig. So teilte er mit, dass die EZB nur über die Optionen konstante oder steigende Zinsen diskutiert habe, nicht aber über Zinssenkungen. Die EZB hat, so Trichet, keine neutrale Position. Sie tendiert also Richtung Zinsanhebung. Dies war zwar auch bereits im Dezember der Fall. Jedoch kündigte der EZB-Präsident diesmal zusätzlich und ausdrücklich an, dass die EZB gegebenenfalls bereit wäre, vorsorglich gegen Zweitrundeneffekt bei der Inflation vorzugehen. Sie hat sich damit ein Stückchen näher an eine weitere Leitzinserhöhung herangetastet.

Wir gehen dennoch weiterhin davon aus, dass die EZB mit der nächsten Leitzinserhöhung abwartet, bis sich die konjunkturellen Nebel etwas gelichtet haben, und rechnen unverändert mit dem nächsten Schritt im 2. Quartal. Diesem dürfte im Jahresverlauf noch ein weiterer auf dann 4,5% für den Refisatz folgen.

Zudem sollte heute eines endgültig klar geworden sein: Gäbe es die konjunkturellen Unsicherheiten nicht, hätten wir schon mindestens eine zusätzliche Zinserhöhung gesehen.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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