EZB sieht erhöhte Risiken für Finanzstabilität
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Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones) - Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht angesichts des aktuellen wirtschaftlichen und politischen Umfelds erhöhte Risiken für die Finanzstabilität im Euroraum. In ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht verweist sie auf ein schwaches Wirtschaftswachstum, geopolitische Unsicherheiten und hohe Bewertungen an den Finanzmärkten, die zudem durch eine hohe Risikokonzentration gekennzeichnet seien. Als weitere Problempunkte nennt die EZB die in einigen Ländern schwachen Staatsfinanzen. "Die Aussichten für die Finanzstabilität werden durch die erhöhte makrofinanzielle und geopolitische Unsicherheit sowie die zunehmende handelspolitische Unsicherheit getrübt", erklärte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos bei der Vorstellung des Berichts.
Nach Aussage der EZB haben sich die Risiken für das Wirtschaftswachstum im Euroraum nach unten verlagert, während sich die Inflation dem Ziel von 2 Prozent annähere. Zugleich habe es an den Finanzmärkten in den vergangenen Monaten mehrere ausgeprägte, aber kurzlebige Volatilitätsspitzen gegeben. Die Finanzmärkte hätten dem bisher widerstanden, doch bestehe kein Grund zur Selbstgefälligkeit, denn vor allem an den Aktienmärkten sieht die EZB ein Risiko für Korrekturen.
"Sollte es zu negativen Dynamiken kommen, könnten Nicht-Banken angesichts ihrer Liquiditätsschwächen, die in einigen Fällen mit einem hohen Verschuldungsgrad und konzentrierten Engagements einhergehen, den Marktstress noch verstärken", warnt die EZB.
Die EZB sieht außerdem trotz des Rückgangs der Staatsschuldenquoten nach der Pandemie schwache haushaltspolitische Fundamentaldaten in einigen Ländern. Sie erwartet, dass die Kosten für den Schuldendienst der Staaten weiter steigen werden, weil fällige Schulden zu Zinssätzen umgeschuldet werden müssen, die über denen der ausstehenden Schulden liegen. Der gleiche Befund gilt nach Aussage der EZB auch für manche Unternehmen, die zudem mit schwachen Wachstumsaussichten zu kämpfen hätten.
Den Ausblick für die Immobilienmärkte bezeichnet die EZB als "durchwachsen". "Während sich die Preise an den Wohnimmobilienmärkten stabilisieren, stehen die Märkte für Geschäftsimmobilien wegen der Herausforderungen durch Heimarbeit und E-Commerce noch unter Stress", schreibt die EZB.
Der Anstieg der Kreditrisiken hält sich vor diesem Hintergrund nach Aussage der EZB noch in Grenzen. Sie sieht aber die Gefahr, dass kleine und mittelgroße Unternehmen sowie einkommensschwache Haushalte Probleme bekommen könnten, wenn sich das Wachstum mehr als erwartet abschwächen sollte. Neue Probleme könnten dann auch bei den Gewerbeimmobilien auftauchen.
Die EZB rät den Aufsichtsbehörden vor diesem Hintergrund, die bestehenden zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen und auf die Kreditnehmer bezogenen Einschränkungen aufrechtzuerhalten. Sie plädiert außerdem für eine stärkere Kontrolle der Nicht-Banken innerhalb des Finanzsektors: "Die wachsende Marktpräsenz und die Verflechtung der Nicht-Banken-Finanzintermediäre (NBFI) erfordern ein umfassendes Bündel politischer Maßnahmen, um die Widerstandsfähigkeit dieses Sektors zu erhöhen", heißt es. Eine solche Widerstandsfähigkeit des gesamten NBFI-Sektors würde auch dazu beitragen, stärker integrierte Kapitalmärkte zu fördern.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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