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08:00 Uhr, 18.06.2024

EZB: Euroraum-Finanzintegration hat seit 2022 deutlich abgenommen

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - Die Finanzintegration im Euroraum hat sich nach Aussage der Europäischen Zentralbank (EZB) in den vergangenen beiden Jahren deutlich verschlechtert. Wie die EZB in ihrem alle zwei Jahre erscheinenden Finanzintegrationsbericht schreibt, zeigt sich das sowohl an preis- als auch an mengenbasierten Indikatoren. "Seit Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion hat es keinen nennenswerten Fortschritt gegeben", urteilt die EZB und fordert politische Maßnahmen, die neuen Schwung geben könnten - unter anderem den Bemühungen, den freien Fluss von Liquidität und Kapital über Grenzen hinweg zu ermöglichen.

"Trotz erheblicher gesetzgeberischer Anstrengungen in den vergangenen zehn Jahren sind die grenzüberschreitenden Finanzmarktaktivitäten und die Risikoteilung nicht gewachsen. Viele Reformbemühungen scheinen Stückwerk geblieben zu sein", heißt es in dem Bericht. Insbesondere bei der Integration des Bankenmarktes hat es laut EZB seit der Einführung der Bankenunion nur begrenzte Fortschritte gegeben. "Es bedarf klarerer regulatorischer Rahmenbedingungen für das gruppenweite Risikomanagement, um den freien Fluss von Liquidität und Kapital über die Grenzen hinweg zu erleichtern und zu unterstützen", fordert die EZB.

Laut EZB braucht es insgesamt Fortschritte bei der Integration des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen, und zwar wegen des wachsenden Finanzierungsbedarfs im Zusammenhang mit den "grünen", digitalen und verteidigungspolitischen Herausforderungen. "Politische Maßnahmen sollten sich auf die Mobilisierung von Ersparnissen und Finanzierungen konzentrieren", rät die EZB.

Die politischen Maßnahmen sollten sich nun auf die Entwicklung einer Strategie und die Schaffung eines Umfelds für die Mobilisierung von Ersparnissen und Finanzierungen konzentrieren. Anreize für die Bereitstellung zusätzlicher Mittel könnten durch die folgenden drei Handlungsstränge gegeben werden, die sich gegenseitig verstärken könnten:

1. Mobilisierung eines Teils der unproduktiven Einlagen der Euro-Haushalte

2. Entwicklung von Anleihe- und Aktienmärkten, um sie für Emittenten und Investoren attraktiver zu machen

3. Steigerung der Attraktivität der Finanzmärkte des Euroraums für ausländische Investoren

Die EZB fordert Fortschritte in sechs Politikbereichen:

1. Abbau von Hindernissen für die grenzüberschreitende Krisenbewältigung und Erleichterung des grenzüberschreitenden Bankgeschäfts

2. Harmonisierung der Definition von Schlüsselbegriffen in den EU-Regulierungsrahmen

3. Integration der EU-Regulierungs- und Aufsichtsarchitektur für den Kapitalmarkt

4. Wiederbelebung der Verbriefung für die Kapitalmarktunion

5. Höhere Standardisierung und Transparenz im Bereich der strukturierten Produkte

6. Förderung lebendiger EU-Risikokapital- und Aktienmärkte.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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