Exklusiv: Stephen King schreibt über die Schwellenländer
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Die Emerging Markets sind weiterhin der weltweite Wachstumstreiber, doch auch dort hat die Schwungkraft des Wachstums, das noch zum Jahresbeginn zu spüren war, nachgelassen. Einige Indikatoren nähern sich sogar den Bereichen, die während der Finanzkrise zu spüren waren. Das ist die Einschätzung eines Herrn, dessen Namen normalerweise in anderem Kontext auftaucht: Stephen King. Er ist Chefökonom von HSBC und veröffentlichte heute eine Studie über die Bedeutung der Schwellenländer für die Weltwirtschaft. Auch wenn Stephen King von der HSBC nichts mit dem gleichnamigen Autor zu tun hat, hält er einige düstere Szenarien bereit.
Im dritten Quartal 2010, so führt King in seinem Vorwort aus, sei der HSBC Emerging Markets Index auf 54,3 gefallen, nach 56,0 im zweiten Quartal und einem Hochpunkt von 57,5 im ersten Quartal. Obwohl diese Werte noch weit von den Tiefs der Finanzkrise (43,4 im letzten Quartal des Jahres 2008) entfernt sind, bedeuten sie dennoch den niedrigsten Stand seit dem zweiten Quartal 2009. Auch in die Indikatoren für den Dienstleistungssektor der Schwellenländer trüben sich ein. Die Erwartungskomponente lässt auf eine so trübe Einschätzung schließen, wie zuletzt zum Höhepunkt der Finanzkrise. Das Wachstum in allen wichtigen Schwellenländern habe sich eingetrübt – bis auf Indien, dessen Politiker sich immer noch angestrengt damit bemühen, die eigene Volkswirtschaft vor einem Überhitzen zu schützen.
Auch die Beschleunigung des Welthandels, die im letzten Quartal des Jahres 2009 noch „viel versprechend“ ausgesehen habe, sei rückläufig, primär deshalb, weil die gehandelten Güter sich nicht in eine gesteigerte Endnachfrage übertragen ließen. Weniger Wachstum – höhere Inflation: Das ist das Resultat, schreibt King weiter. Zentralbanken in allen Regionen – von der Türkei, bis Brasilien, Israel, Indien, Südkorea und Taiwan – haben auf den steigenden Inflationsdruck mit Leitzinserhöhungen reagiert. Diese Schritte haben das Geschäftsklima in diesen Regionen abkühlen lassen.
Besonders bitter hätten sich die Anstiege der Nahrungsmittelpreise in den Schwellenländern ausgewirkt. Durch die Dürre in Russland und speziell die Entscheidung des Kremls, seine Getreideexporte temporär auszusetzen, seien die Nahrungsmittelpreise weltweit sprunghaft gestiegen. Dies ist eine „schmerzhafte Erinnerung für die Menschen in Schwellenländern, die mit niedrigen Pro-Kopf-Einkommen besonders verwundbar für plötzliche Angebotsverknappungen sind“, führt King weiter aus.
Hinzu kommt, dass sich die Handelsbeziehungen zwischen China und den USA eintrüben. Obwohl sich die Wachstumsdynamik der chinesischen Wirtschaft verringert, verlangen die USA eine kräftige Aufwertung des Renminbi und drohen im Unterlassungsfall mit harten protektionistischen Maßnahmen. China sei wenig angetan: Die Volksrepublik fürchtet eine Wiederholung der „verlorenen Dekade“, wie sie einst Japan Mitte der 1980er Jahre erlebte. „Wie diese Spannungen gelockert werden können bleibt unsicher“, analysiert der HSBC-Chefvolkswirt, und fügt hinzu: „Fest steht, förderlich für das Geschäftsvertrauen in China und anderen Schwellenländern kann es nicht sein.“
Allen kurzfristigen Widrigkeiten zum Trotz stellt King auch eine langfristige Prognose. Die Schwellenländer haben eine rosige Zukunft und wir stehen heute am „Fuße eines großen Anstiegs.“ Der Welthandel wird derzeit noch vorwiegend durch Handelsschranken verlangsamt, die primär noch zwischen den Schwellenländern bestehen. Sollten diese fallen, würde dies einen kräftigen Anstieg des Handels auslösen.
Probleme gebe es aber trotzdem, die kurzfristig gelöst werden müssten. In den Industrieländern stagniere das Wachstum, und nach Meinung von Kings Team werde weder die Federal Reserve noch die Europäische Zentralbank in absehbarer Zukunft an der Zinsschraube drehen. Investoren in den Industrieländern seien also weiter in der Lage, Kredite in Euro und US-Dollar, aber auch in japanischen Yen aufzunehmen, um in den Schwellenländern zu investieren. Die daraus resultierenden Kapitalströme könnten sich aber auch destabilisierend auswirken, glaubt King. Dahingehend, dass sie die Währungen der Länder aufwerten, die Zentralbanken zwingen, die Geldmenge zu verknappen, die Preise für inländische Investoren erhöhen, zu kontrazyklischen Kapitalquoten führen oder Währungskontrollen provozieren.
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