Kommentar
11:09 Uhr, 12.09.2008

Euro nach Tiefstkursen...US-Finanzlage ein Fiasko

Erwähnte Instrumente

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.4015, nachdem gestern im europäischen Geschäft Tiefstkurse bei 1.3883 erreicht wurden. USD/JPY stellt sich derzeit auf 107.40. "Carry-Trades" sind nach nachhaltiger Schwäche stabilisiert. EUR-JPY notiert bei 150.40 nachzwischenzeitlichen Notierungen bei gut 147.50 und EUR-CHF oszilliert bei 1.5915 (Tiefstkurse bei1.5841).

Dieser Kommentar erscheint täglich auf der Devisenseite : www.godmode-trader.de/devisen

Die aktuelle Euro-Schwäche ist hinsichtlich der Lage der US-Banken und Finanzinstitutionen sachlich nur schwer nachvollziehbar. Fraglos stellt dieser Themenkomplex nur eine Facette der Einflussfaktoren für den USD dar. Dieser Themenkomplex wurde jedoch bisher nicht angemessen diskontiert.

Faktisch ist die Struktur des US-Finanzsystems massivst erschüttert. In der Tendenz nimmt die Erschütterung zu und nicht ab!

Opportunistisches Banking ausgehend von der Designschmiede des US- und angelsächsischen Investmentbankenkonglomerats, das von einigen, jedoch zu wenigen Analysten kritisch begleitet wurde, als auch laxe Aufsicht und nicht auszuschließende Interessenkonflikte auf dieser Ebene haben zu dieser Situation geführt, die politisch toleriert oder sogar forciert wurde.

Noch hat sich nicht die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Bankenmonopoly ungezügelter Übernahmen ein wesentlicher Katalysator der aktuellen Krise ist. Weiter werden Unternehmen geschaffen, die mit 100% Garantie "Too big to fail" sind. Lernkurven aus den Fehlern der Vergangenheit sind nicht "en vogue".

Die beiden größten Hypothekenbanken Fannie und Freddie stehen in der Folge unter Staatsverwaltung. Der Fall Lehman Brothers impliziert erneut Staatsintervention. AIG ist nachhaltig angeschlagen. Washington Mutual sieht sich massiven Belastungen ausgesetzt.

Die Protagonisten, die gestern noch laut tönend an jeder Ecke der Welt freie Märkte einforderten, bewegen sich nun auf dem Terrain des Staatsinterventionismus als ob der "Kommunismus" nie untergegangen wäre. Selbst Analysten der Citibank schreiben von der U.S.S.R. (United States Socialist Republic). Nun denn, diese Wendung wird halt vom Markt zu Gunsten des USD abgefeiert. Ist schon klasse, wenn man wenigstens freie Märkte hat …

Nun denn Staatsinterventionismus ist eine Sache. Die Frage, ob man sich diesen Interventionismus leisten kann, ist eine andere Frage. Offensichtlich ist es jedoch eine Frage, die derzeit keiner stellt. Einmal mehr drängt sich hier der fade Beigeschmack der "Political Correctness" auf. Wenden wir uns den Fakten der US-Staatsfinanzen zu.

Das "Federal Budget Deficit" (Teilmenge des öffentlichen Gesamtdefizits) stellte sich in den USA per August auf -111,9 Mrd. USD (Prognose -106,2 Mrd. USD). In den ersten elf Monaten des Fiskaljahres ergab sich bei diesem Defizit eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr um 76%. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sanken die Steuereinnahmen von 166,55 Mrd. USD auf 157,20 Mrd. USD und zuletzt wuchs das US-BIP um 3,3%. Sinkende Steuereinnahmen und aggressives BIP-Wachstum passen natürlich zusammen, wie die Faust aufs Auge. Ist schon klasse, wenn man eine "gute" Statistikschmiede hat. "Food for thought!"

Wie erwähnt, stellt das "Federal Budget Deficit" nur eine Teilmenge der gesamten öffentlichen Verschuldung dar. Per 10. September 2008 ergab sich ein öffentliches Gesamtdefizit für 11 Monate und 10 Tage im laufenden Fiskaljahr von 678 Mrd. USD. Das ist ein nominaler historischer Höchstwert. "Chapeau!"

Schön, dass man als Staat Geld drucken kann und Geld nicht verdienen muss. Noch schöner ist es natürlich, wenn dann auch noch die Währung aggressiv steigt.

Zu diesem Themenkomplex drängt sich die Passage der drei Hexen aus dem Drama Macbeth von Shakespeare auf: "Foul is fair and fair is foul!"

Hinsichtlich der heute fortgeschrittenen Zeit geben wir hier kurz die Veröffentlichungen von gestern zu Protokoll und verweisen auf die unten angeführte Datenbox für die heute anstehenden Daten:

  • 1. Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe per 6.9.2008: 445.000 (Prognose 440.000), Vorwoche revidiert von 444.000 auf 451.000 Folge: Arbeitsmarktrezession setzt sich fort
  • 2. US-Importpreise per August: Vormonatsvergleich -3,7% (Prognose -1,80%), Juli revidiert von 1,70% auf 0,2%
  • 3. US-Handelsbilanz per Juli: -62,20 Mrd. USD, Prognose -58,00 Mrd. USD, Vormonat revidiert von -56,8 Mrd. USD auf -58,84 Mrd. USD

Ergo lieferten die US-Daten dem USD gestern nicht ansatzweise Unterstützung.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD nach dem Unterschreiten der Unterstützung bei 1.4000 favorisiert. Damit eröffnen sich Kursziele bei 1.3850 und nachgelagert bei 1.3660. Ein Überwinden des Widerstandsfelds bei 1.4100-30 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank

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