Kommentar
13:12 Uhr, 03.09.2018

Einschätzung der aktuellen wirtschaftspolitischen Lage

Die wirtschaftspolitische Lage bleibt äußerst angespannt. Der Handelsstreit zwischen China und den USA verschärft sich, mit der EU gelingt keine Einigung obwohl diese bereit ist die Autozölle auf 0 % zu senken und auch mit Kanada und Mexiko tut sich die amerikanische Regierung äußerst schwer eine Einigung zu finden.

Gastbeitrag des Guidants-Experten Dr. Christoph Bost

Besonders der Handel mit Kanada wird immer wieder von Trump angegriffen, sogar gegen die Empfehlung des US-Kongress. Man scheint zu wenig Verstand zu haben um zu begreifen, dass man mit diesen Zöllen in der heutigen Welt kurzfristig weltweit Schaden anrichtet und langfristig insbesondere dem eigenen Land schadet. Man lässt alle Beteiligten erkennen, wie riskant es ist, von den USA abhängig zu sein.

Neue Bündnisse schließen sich, neue Absatzkanäle werden gefunden, neue Abrechnungssysteme genutzt und so weiter. Der Einfluss der USA wird am Ende des Prozesses deutlich zurückgegangen sein. Zuvor jedoch wird man einigen Schaden anrichten. Der Handelsstreit mit China geschieht zwar aus einer Position der Stärke heraus, bedenkt man aber, dass der Warenexport der Chinesen in Richtung USA lediglich 19 % der Gesamtexporte ausmacht und lediglich 4 % des Bruttoinlandsprodukts, so werden die Zölle zwar eine Belastung darstellen, wahrscheinlich aber weniger als dies Präsident Trump gerne möchte.

Darüber hinaus ist der größte Markt nicht die USA, sondern Asien. Dies bedeutet, man wird ein starkes Augenmerk auf die Preiselastizität der Waren werfen müssen um festzustellen, ob in den USA diese Güter überhaupt entsprechend angeboten werden können. Ist dies nicht der Fall, so werden die Zölle die Güter lediglich teurer machen. Ist die Preiselastizität gering, so ist ebenfalls davon auszugehen, dass amerikanische Anbieter lieber ihre Preise erhöhen als sich einem verstärkten Wettbewerb zu stellen. Lediglich die Güter mit einer hohen Preiselastizität dürften die Konkurrenz wirklich beleben.

Diese Güter wird China versuchen, in Zukunft verstärkt im asiatischen und europäischen Raum abzusetzen. Der Schaden dürfte somit gering sein. Gemildert wird der Schaden darüber hinaus durch die Aufwertung des US-Dollars, und zwar gegenüber fast allen Währungen der Welt. Doch damit nicht genug, besitzen die Chinesen inzwischen doch ausreichende Unternehmen bzw. Unternehmensbeteiligungen im Ausland, über welche die Produkte dann auch indirekt in die USA geliefert werden können.

Nach Berechnungen von Ökonomen sind US-Produkte in der Regel preiselastischer als Produkte aus China, was somit die Gegenmaßnahmen seitens der übrigen Welt als effizienter erscheinen lässt. Dies gilt umso mehr als auch hier der Dollareffekt zum Tragen kommt.

Amerikanische Ökonomen vom nationalen Einzelhandelsverband haben erste Berechnungen angestellt und sind zu dem Ergebnis gelangt, dass die neuen Zölle die US Konsumenten mit wenigstens 6 Milliarden USD belastet werden. Neben den Zöllen macht sich aber auch der Dollaranstieg inzwischen verstärkt bemerkbar, haben sich doch viele Länder sehr stark auf Dollarbasis verschuldet.

In einigen Ländern kam es inzwischen zum Absturz der heimischen Währung, wie zum Beispiel in Argentinien und der Türkei. Damit wächst die Gefahr einer Schwellenländerkrise. Ende März dieses Jahres beliefen sich nach Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich die Dollarschulden der Schwellenländer auf 3,7 Billionen USD. Diese Gefahr nimmt nach Einschätzung von Analysten die US-Regierung gerne in Kauf, könnte sie doch ähnlich wie im Jahr 1985 eine konzertierte Dollar Abwertung anstreben. Damals kam es zu einer Einigung zwischen den USA, Japan, Frankreich, Deutschland und England im so genannten Plaza Abkommen. Da die Schwellenländer vielfach auch die Handelspartner von China sind, dürfte China an einem derartigen Abkommen ebenfalls interessiert sein und wird daher dem Ansinnen der USA die heimische Währung im Vorfeld aufzuwerten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nachkommen.

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