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11:26 Uhr, 08.08.2024

DIHK: Azubi-Mangel weitet sich aus

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Die Suche nach Auszubildenden ist laut einer Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) mehr denn je für viele Unternehmen eines der drängenden Probleme. 49 Prozent aller Ausbildungsbetriebe im Bereich der Industrie- und Handelskammern (IHK) konnte im vergangenen Jahr nicht alle Ausbildungsplätze besetzen, wie die DIHK mitteilte. Das sei ein neuer Negativrekord und eine Steigerung um 2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. 35 Prozent der Betriebe mit Besetzungsschwierigkeiten gäben sogar an, sie hätten keine einzige Bewerbung erhalten. "Hochgerechnet sind das knapp 30.000 Ausbildungsbetriebe, die leer ausgingen", so die DIHK.

Besonders betroffen seien die Industrie, das Gastgewerbe, der Handel, die Verkehrsbranche und das Baugewerbe, so das Ergebnis der aktuellen DIHK-Ausbildungsumfrage 2024, an der sich laut der Kammerorganisation mehr als 13.000 Unternehmen beteiligt haben. "Die Zahlen unterstreichen die wachsenden Herausforderungen auf dem Ausbildungsmarkt. Die Lage ist für viele Unternehmen angespannt - trotz der aktuell schlechten Konjunktur und den strukturellen Herausforderungen", sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.

Viele Betriebe suchten angesichts des demografischen Wandels händeringend nach Auszubildenden. "Aber es fehlt in den meisten Branchen an Nachwuchs. Die kleinen Betriebe haben am meisten zu kämpfen", betonte Dercks. "Der Fachkräftemangel fängt bereits bei den Auszubildenden an." Um junge Menschen für die eigene Branche oder den Beruf zu interessieren, setzten die Unternehmen mittlerweile auf die unterschiedlichsten Möglichkeiten, potenzielle Auszubildende anzusprechen. Erfolgreich seien vor allem persönlicher Kontakt und persönliche Ansprache. Neben der eigenen Website als wichtigster Plattform (86 Prozent) lernten über 70 Prozent der Betriebe künftige Azubis durch Initiativen wie Schnuppertage, Job-Messen und Praktika kennen.

Die Gründe für den Auszubildenden-Mangel insgesamt seien vielfältig. Vor allem drücke der demografische Wandel. Zudem fehle den jungen Menschen eine effiziente und zielgerichtete Berufsorientierung. Dabei gehe es nicht nur um die Frage, welchen Beruf sie erlernen wollten, sondern um generelle Unsicherheiten, die mit dem neuen Lebensabschnitt zusammenhingen. "Hilfreich wäre es, wenn bereits in den Schulen für die Berufsorientierung ausreichend Zeit eingeplant wird", sagte Dercks. Wirtschafts-, und Finanzthemen müssten im Unterricht ebenso eine größere Rolle spielen wie der Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT).

Die Schulabgänger müssten ausreichende Basiskompetenzen für eine Berufsausbildung mitbringen. Notwendige Voraussetzung seien ein Minimum an Mathematik- und Deutschkenntnissen sowie Lernbereitschaft und Umgangsformen. Nur so könne die Ausbildung für die Auszubildenden und für die Betriebe gelingen. Die jüngsten Pisa-Studien oder der Nationale Bildungsbericht zeigen jedoch, dass es zunehmend an einer soliden Grundbildung mangele und sich schulische Leistungen im Schnitt kontinuierlich verschlechterten. "Unser Bildungssystem muss an dieser Stelle besser werden", forderte Dercks. Die Unternehmen nähmen aus der Not heraus immer mehr selbst in die Hand.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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