Kommentar
09:00 Uhr, 18.04.2011

Die USA sparen und die Katze lässt das mausen

Amerika ist immer noch Weltklasse, zumindest in der Disziplin Schulden machen. Ich erinnere mich an einen Fernsehbericht aus 2008 über die berühmte Schuldenuhr am Times Square in New York. Damals zeigte diese eine Staatsverschuldung in den USA an, die gerade die 10 Billionen Dollar-Marke erreicht hatte, also 10.000 Mrd.!

Weltmeister im Schuldenmachen

Es kommt noch besser. Heute steht die Schuldenuhr kurz vor 14,3 Billionen Dollar. Damit hat es Amerika geschafft, innerhalb von gut zweieinhalb Jahren auf den seit Staatsgründung 1776 bis 2008 angehäuften Schuldenberg noch einmal 43 Prozent drauf zu satteln. Das soll mal einer nachmachen.

Inzwischen allerdings scheint selbst dem Land mit der Weltleitwährung die Schuldenpuste auszugehen. Denn aktuell meiden auch große US-Investoren US-Staatsanleihen wie der Schwiegersohn den Besuch bei der Schwiegermutter. Sie verwenden Beschreibungen über den Zustand der US-Finanzverfassung, die des Dichters Höflichkeit hier nicht wiederholt möchte. Auch die bisherige Koalition der Willigen im Ausland - namentlich die Chinesen, Japaner und Araber - scheinen sich an Stelle ihrer früheren Kaufwut von US-Staatsanleihen mehr und mehr in Zurückhaltung zu üben. Daher ist die US-Notenbank als Mutter aller Schlachten gezwungen, mit der Notenpresse die Ehrenrettung des US-Rentenmarkts zu betreiben.

Allerdings fördern diese geldpolitischen Sündenfälle den Preisdruck und sorgen normalerweise für Vertrauensverluste bei mit Triple A schön gerateten US-Staatsanleihen.

Ein Anflug haushaltspolitischer Ehrenhaftigkeit

Also versucht die US-Regierung den stabilitätspolitischen Quantensprung und stellt der verblüfften Öffentlichkeit ein neues Instrument vor, dass seit der Präsidentschaft Ronald Reagans wie Haarausfall diskriminiert wurde: Sparen. Obama plant, über die nächsten 12 Jahre 4 Billionen im Staatshaushalt einzusparen, jedes Jahr also 333 Mrd. Dollar. Dieser Anflug haushaltspolitischer Ehrenhaftigkeit entpuppt sich bei näherer Betrachtung jedoch als potemkinsches Dorf. Zunächst ist Obama im Kongress auf die Republikaner angewiesen. Diese werden gerade im Hinblick auf den nächsten Präsidentschaftswahlkampf mit allem was sie haben auf der Bremse stehen. Überhaupt könnte im geplanten Zeitraum von 12 Jahren der Präsident theoretisch dreimal wechseln und dem Sparansinnen sowieso jeden Schwung nehmen. In einer möglichen Rezession hat noch jeder Politiker die Schleusen geöffnet.

Theoretisches Sparpaket stößt an praktische Grenzen

Außerdem kann man einer Volkswirtschaft nicht die massive staatliche Unterstützung nehmen und unterstellen, dass die Konjunktur auch ohne Stützräder unbeirrt weiter fährt. Auch in einem Sterne-Restaurant bemerkt der Gast schnell, wenn plötzlich Erbsensuppe aus der Dose oder Rotwein der Marke Fortune de Clochard serviert wird.

Denn gerade diese drastische Neuverschuldung hat verhindert, dass die US-Wirtschaft in die Rezession abdriftet und der amerikanische Traum ausgeträumt ist. Der in den USA alles dominierende Konsum kann nämlich aufgrund der Verschuldung der Verbraucher bis Oberkante Unterlippe diese Wirtschaftsimpulse kaum mehr leisten. Ebenso ist die bislang schwach ausgeprägte amerikanische (Export-) Industrie nicht in der Lage, hier zügig in die Bresche zu springen. Ohnehin braucht die infrastrukturelle Basis der USA den Vergleich mit Botswana Süd nicht zu scheuen.

Die USA werden alles, aber kein Musterschüler in Stabilitätspolitik

Jeder der fehlerfrei bis drei zählen kann, weiß insofern, dass es auch auf absehbare Zeit zur Rettung des amerikanischen Traums nicht ohne eine gehörige Portion Staatsverschuldung gehen wird, die zu großen Teilen weiter per Blankoscheck der Geldpolitik finanziert werden muss. Wenn also dieses in der Theorie voluminöse Sparpaket alle politischen Hürden genommen und den konjunkturellen Realitäts-Check überstanden hat, bleibt von diesem praktisch so viel übrig wie von einem Eisberg, der es von Grönland bis Florida geschafft hat.

Heutzutage zählt in der Schuldenpolitik nicht mehr das Erreichte, sondern es reicht das Erzählte.

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG


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