Die totale Liquidität - hüben wie drüben
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In Euroland ist zumindest technisch weniger von Krisenstimmung zu spüren. Schließlich erzeugt die EZB mit ihrer mehr als großzügigen Liquiditätspolitik eine finanz- und auch konjunkturpolitische Sorgenpause. Lagen die Renditeabschläge 2-jähriger italienischer und spanischer zu deutschen Staatsanleihen im vergangenen November noch auf einem Rekordhoch, so haben sich diese eindeutig zurückgebildet. Dieser Entspannungseffekt in Kern-Euroland macht sich auch beim Euro bemerkbar, der zuletzt wieder fester tendiert und insofern dem ebenfalls wieder gesteigerten Vertrauen in die Währungsgemeinschaft Ausdruck verleiht.
Denn Renteninvestoren investieren wieder in Spanien und Italien und suchen zunehmend weniger nach außereuropäischen Alternativen zu dem bislang sicheren US-Staatsanleihemarkt, der ohnehin nach Verlängerung der Nullzinsgarantie der US-Notenbank bis Ende 2014 an Attraktivität eingebüßt hat. Das verdeutlicht die Renditedifferenz kurz laufender italienischer und spanischer zu US-Staatsanleihen, die sich immer weiter zurückbildet.
Denn das Anlagekalkül der Banken ist einfach. Sie bekommen zu einem Prozent gesichert für drei Jahre Zentralbankgeld von der EZB, das sie in die deutlich höher rentierlichen italienischen und spanischen Staatsanleihen investieren können. Allen ist geholfen: Die Banken können über die Zinsdifferenz ihre Bilanz weiter konsolidieren, die Staaten können sich günstiger refinanzieren und die Euro-Krise verliert an Schrecken.
Der fundamentale Blick wird wieder freier
Indirekt hilft die EZB damit auch der Konjunktur. So schauen die Unternehmen wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Das verdeutlicht der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in Euroland, der den zweiten Anstieg in Folge verzeichnet. Offensichtlich wird auch in der Realwirtschaft die von der EZB zur Konjunktur- und Finanzmarktstabilisierung ergriffene massive Liquiditätsoffensive positiv gewertet. Ein Konjunktureinbruch wie 2009 ist insofern nicht zu befürchten.
Dass die EZB mit ihrem Pseudo-Quantitative Easing die von der euroländischen Verschuldungskrise ausgehende massive konjunkturelle Verunsicherung in Euroland eingedämmt hat, lässt sich auch in Deutschland ablesen, das als Exportnation 40 Prozent seiner Ausfuhren in die Eurozone liefert. Grundsätzlich ist die Schwankungsbreite der deutschen Aktienkursentwicklung auch ein Gradmesser des von Unternehmen empfundenen wirtschaftlichen Risikos. Betrachtet man den historischen Verlauf von Krisen oder Boomphasen (Asien-Krise, September 11, Lehman-Pleite) ist dieser Zusammenhang deutlich sichtbar. Im November des vergangenen Jahrs korrespondierte die hohe Volatilität der Aktienkurse über die Zuspitzung der Euro-Krise unverkennbar mit einer Abwärtsbewegung beim ifo Geschäftsklima. Ebenso unverkennbar sind dagegen aktuell die Entspannung der Volatilität bei Aktien und die Verbesserung des ifo Index.
Grafik der Woche: Volatilität am Aktienmarkt und ifo Geschäftsklimaindex
Stellt man die im ifo Geschäftsklimaindex zusammengefasste aktuelle Geschäftslage den zukünftigen Geschäftserwartungen gegenüber, so wird deutlich, dass sich die deutsche Wirtschaft sogar allmählich wieder aus ihrem leichten Abschwung herausarbeitet. Denn bei einer relativ stabilen Geschäftslage sind die ifo Geschäftserwartungen aufwärts gerichtet.
Allerdings sind die Konjunkturrisiken nach wie vor vorhanden. Das Kreditwachstum in der Eurozone ist weiter sehr schwach. Und man sollte auch den politischen Einfluss auf die Wirtschaftsstimmung - ein wirkliches Trauerspiel im letzten Jahr - nicht unterschätzen. Die politische Krise in Euroland ist nicht beendet.
Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG
Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:
http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/
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