Kommentar
15:42 Uhr, 02.12.2011

Die Geldpolitik: Nie war sie so wichtig wie heute

Die bestehenden Ängste vor einem weltkonjunkturellen Einbruch bestätigen sich bisher nicht, denn die Entwicklung der Weltkonjunktur zeigt sich robust.

In Amerika verläuft die Konjunkturerholung zwar langsam, dafür aber widerstandsfähig. Ein befürchteter Einbruch der harten Wirtschaftsdaten blieb aus. Zudem erholen sich die Frühindikatoren von dem politischen Unsicherheitsschock im Sommer im Trend immer weiter. So konnte der ISM Index als Indikator für das Verarbeitende Gewerbe stärker als erwartet auf einen Wert von 52,7 Punkten zulegen. Besonders erfreulich ist, dass die Neuauftragskomponente sich ein weiteres Mal verbessern konnte auf einen Wert von nun 56,7 Punkten. Damit folgt auch dieser Wert dem seit August anhaltenden Aufwärtstrend. Einer stabilen Entwicklung der Auftragseingänge in der US-Industrie steht damit nichts im Wege.

In China wirkt die Geldpolitik nicht mehr restriktiv

In China sind die Frühindikatoren mittlerweile abwärts geneigt. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe hat sich im November zum wiederholten Male eingetrübt und notiert aktuell bei 49 Punkten, also unter der Marke von 50 Punkten, was Abschwächung anzeigt. Bereits in diesem Quartal könnte das chinesische Wirtschaftswachstum damit das Neun-Prozent-Wachstumsniveau verlassen. Mehr als ein chinesisches soft landing ist jedoch nicht zu befürchten.

Grafik der Woche: Chinesischer Einkaufsmanagerindex und Notenbankzinsen

Denn wie für andere Notenbanken auch, verschiebt sich für die chinesische Notenbank die Risikobetrachtung von Inflationsdruck hin zu Konjunktureintrübung. Weitere Zinserhöhungen sind von der People’s Bank of China daher nicht mehr zu erwarten. Im Gegenteil, wir reden über Zinssenkungsphantasien in China.

Den Mindestreservesatz für Geschäftsbanken hat man bereits um 0,5 Prozentpunkte auf 21 Prozent gesenkt, das erste Mal seit drei Jahren. Das regt auch die Kreditvergabe der Banken an die Wirtschaft wieder an. In besonderem Maße dürften davon kleine und mittelständische Unternehmen profitieren. Die als elementarer Bestandteil des Fünf-Jahres-Plans verfolgte Stärkung des chinesischen Binnenkonsums und der Aufbau des Sozialversicherungssystems sollen Schwächen aus der Exportwirtschaft und überbordenden Anlageinvestitionen kompensieren.

Die Weltwirtschaft zeigt sich damit in einer vergleichsweise robusten Verfassung, da auch die anderen Schwellenländer weiter solide wachsen.

Deutscher Konsum trotzt Euro-Krise

In Deutschland erweist sich unterdessen die Binnenkonjunktur als solides Standbein für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Dieses für Deutschland neue Phänomen einer soliden Verbraucherstimmung zeigt sich beim GfK Konsumklimaindex, der sich trotz Euro-Krise stabilisieren konnte. Die Grundzutaten für eine auch zukünftig stabile Entwicklung des privaten Konsums in Deutschland, der gegenwärtig im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 Prozent zulegte, sind damit grundsätzlich vorhanden.

Neben der guten Verfassung des deutschen Arbeitsmarktes - die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei nur 6,9 Prozent - scheint das zunehmende Misstrauen der grundsätzlich sehr sicherheitsorientierten Deutschen gegenüber den Finanzmärkten und der Staatsschuldenkrise in der Eurozone zu der Bereitschaft beizutragen, das Geld auszugeben. Denn auch die GfK Anschaffungsneigung hat sich im Vergleich zum Vormonat um 9,1 Punkte auf 40,3 gesteigert. Ein höherer Wert wurde zuletzt im Januar dieses Jahres festgestellt.

Euroland als Problemkind der Weltwirtschaft

Die weitere positive Entwicklung der Weltwirtschaft wird allerdings stark von den dramatischen Geschehnissen in der euroländischen Verschuldungskrise überschattet.

So hat die Konjunkturstimmung in der Eurozone unter der Verschuldungskrise offensichtlich massiv gelitten. Mit einem Wert von 93,7 Punkten hat der Economic Sentiment Indicator von EuroStat ein Niveau erreicht, dass im historischen Vergleich auf eine deutliche Kontraktion der euroländischen Wirtschaft, bereits im aktuellen vierten Quartal 2011, hinweist.

Ob die euroländische Wirtschaft letztlich allerdings nur mit einem kurzzeitigen Mini-Abschwung davon kommt oder mit einer massiven Rezession zu kämpfen hat, liegt vor allem in den Händen der Politik, die auf dem EU-Gipfel nächste Woche dringend konkrete Ergebnisse liefern muss. Würde die aktuelle politische Verunsicherung anhalten, würden sich die realwirtschaftlichen Beeinträchtigungen verstärkt fortsetzen.

Rechtshinweis am Ende einfügen:

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

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