Deutschland: Sachverständigenrat sieht Handlungsbedarf im Inland
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Wiesbaden (BoerseGo.de) – Der Sachverständigenrat zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (fünf Wirtschaftsweise) hat am heutigen Mittwoch sein Jahresgutachten für 2012/13 vorgelegt. Demzufolge registriert der Sachverständigenrat „erste Lichtblicke“ in der Euro-Krise, sieht aber Handlungsbedarf im Inland.
Bei der Bekämpfung der Eurokrise habe die Politik mit dem Fiskalpakt einen wichtigen Schritt für die Stabilität der Eurozone unternommen. Auch in den finanziell angeschlagenen Euro-Ländern würden sich Verbesserungen einstellen. „Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hat sich verbessert, und die Leistungsbilanzdefizite sind zurückgegangen“, heißt es in dem Jahresbericht. Jedoch sei es vor allem die EZB gewesen, die mit ihren unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen die Lage im Euro-Raum stabilisiert habe. „Damit wurde jedoch die Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik auf bedenkliche Weise verwischt“, warnten die Experten und drängen dabei auf eine fiskalische Lösung, „wie sie der Sachverständigenrat mit dem Schuldentilgungspakt entwickelt hat“.
Um die Stabilität der Europas weiter zu festigen schlägt der Sachverständigenrat die Gesamtkonzeption „Maastricht 2.0“ vor, welche laut den Vorschlägen der Experten auf drei Säulen aufbaut. „Die Säule für fiskalische Stabilität setzt auf nationale Verantwortung im Rahmen der bestehenden Fiskalregeln. Der Schuldentilgungspakt bietet hierfür eine wichtige Brückenfunktion. Die Säule für ein stabiles Finanzsystem erfordert hingegen europäische Kompetenzen für Aufsicht und Restrukturierung. Aus diesem Grund warnt der Sachverständigenrat vor einem überhasteten Eintritt in die Bankenunion. Die Säule für das Krisenmanagement sieht eine Insolvenzordnung für Mitgliedstaaten vor, die allerdings erst nach dem Abbau des Schuldenüberhangs in Kraft treten kann“, beschreibt der Expertenrat sein Konzept.
Trotz der großen Anstrengungen zur Bekämpfung der europäischen Staatsschuldenkrise fordert der Sachverständigenrat weitere Maßnahmen im Inland durchzuführen. Dabei rücken die Experten vor allem die Energiewende, die gesetzliche Krankenversicherung und die Unternehmensbesteuerung in den Fokus.
„Die Energiewende muss effektiv und effizient gestaltet werden, zumindest durch eine Harmonisierung der Fördersätze für erneuerbare Energien auf bescheidenem Niveau. Zur Stärkung des Wettbewerbs im Gesundheitswesen ist eine Weiterentwicklung der Zusatzbeiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung notwendig. Die Besteuerung von Unternehmen sollte durch eine „Zinsbereinigung des Grundkapitals“ finanzierungsneutral ausgestaltet werden. Bereits umgesetzte oder eingeleitete Reformen, insbesondere am Arbeitsmarkt und in der Alterssicherung, sollten nicht zurückgenommen werden“, wie es in dem Jahresbericht heißt.
Aufgrund der Belastungen durch die europäische Staatsschuldenkrise rechnet der Expertenrat zunächst mit einer weiteren Wirtschaftsabkühlung in Deutschland. „Der Tiefpunkt der wirtschaftlichen Dynamik in Deutschland wird voraussichtlich im vierten Quartal 2012 erreicht“, heißt es in dem Bericht. Für das Gesamtjahr 2012 wird ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 Prozent gesehen. Im Jahr 2013 dürfte die Wirtschaft aber wieder Auftrieb bekommen. Das BIP-Wachstum im Gesamtjahr 2013 dürfte den Schätzungen des Sachverständigenrats zufolge ebenfalls bei 0,8 Prozent liegen. Im Jahr 2009 brach das BIP noch um 5,1 Prozent im Jahresvergleich ein, konnte sich im Jahr 2010 aber auf plus 4,2 Prozent erholen. Im Vorjahr 2011 wurde ein BIP-Wachstum von 3,0 Prozent notiert.
Die Konsumausgaben dürften in Deutschland im laufenden und im kommenden Jahr um jeweils 0,9 Prozent zulegen, wie aus dem Jahresbericht weiter hervorgeht. Im Vorjahr 2011 wurde ein Anstieg der Konsumausgaben von 1,5 Prozent notiert. Die Arbeitslosenquote wird vom Sachverständigenrat im laufenden Jahr 2012 bei 6,8 Prozent gesehen, dürfte aber im kommenden Jahr 2013 auf 6,9 Prozent zulegen. Im Vorjahr 2011 wurde eine Arbeitslosenquote von 7,1 Prozent und im Jahr 2010 von 7,7 Prozent notiert. Der Anstieg der Verbraucherpreise dürfte den Experten zufolge im Jahr 2012 und auch im kommenden Jahr 2013 bei 2,0 Prozent im Jahresvergleich liegen. Im Vorjahr 2011 wurde ein Anstieg der Verbraucherpreise von 2,3 Prozent registriert.
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