Kommentar
14:14 Uhr, 12.04.2024

Das Wachstumswunder von US-Unternehmen

US-Unternehmen gelingt derzeit ein kleines Wunder. Sie können wachsen, obwohl ein zuverlässiger Indikator etwas anderes erwarten lässt.

Eigentlich sollte es keine Überraschung sein, dass US-Unternehmen ihre Gewinne steigern können. Die Wirtschaft wuchs 2023 mit über 3 %. Für das erste Quartal 2024 sagt das Modell der Notenbank von Atlanta ein Wachstum von annualisiert 2,5 % voraus. Das ist über dem langjährigen Durchschnitt.

Gewinnwachstum ohne Wirtschaftswachstum ist kaum möglich. Da die Wirtschaft jedoch mit solidem Tempo wächst, ist auch Gewinnwachstum das, was man erwarten kann. Die Frage ist nur, wie viel. Auf Jahressicht bis Ende 2023 wuchsen die Gewinne je Aktie des S&P 500 um 8 %. Das ist ungewöhnlich viel, wenn man diese Wachstumszahl einem anderen Indikator gegenüberstellt.

Ein Gradmesser für Gewinnwachstum ist die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Das Einkommen der Bevölkerung ist der Umsatz von Unternehmen und damit auch der Gewinn. Die Beschäftigung wächst zwar, doch deutlich langsamer als noch vor einem Jahr. Gleichzeitig werden vor allem Teilzeitstellen geschaffen. Die Zahl der Vollzeitstellen ist rückläufig. Einkommen steigen langsamer.


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Steigen die Einkommen langsamer, sollten auch Unternehmensgewinne langsamer wachsen. Das ist nicht der Fall. Tatsächlich hat sich das Gewinnwachstum beschleunigt und weist zum Arbeitsmarkt nun eine Divergenz auf. Besonders gut verdeutlicht dies der Vergleich der Entwicklung offener Stellen, ein Gradmesser für die zukünftige Einkommensentwicklung, mit der Entwicklung der Gewinne (Grafik 1).

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Analysten erwarten, dass sich das Gewinnwachstum weiter beschleunigt. In diesem Jahr soll es auf 13 % steigen und bis Mitte 2025 sogar 17 % erreichen. Damit Arbeitsmarkt und Gewinnwachstum im Einklang sind, müsste die Zahl offener Stellen deutlich steigen. Aktuell geht die Zahl offener Stellen auf Jahressicht um 11 % zurück. Um ein Gewinnwachstum von 17 % zu rechtfertigen, sollte die Zahl um 10 bis 15 % steigen. Wie realistisch das ist, kann man sich denken.

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Damit die Wachstumserwartungen erfüllt werden können, muss der Arbeitsmarkt einen deutlichen Aufschwung erleben. Davon ist nicht auszugehen. Die meisten Indikatoren deuten darauf hin, dass sich der Arbeitsmarkt mittelfristig weiter abkühlt. Deswegen müssen die Gewinnerwartungen nicht falsch sein. Es gibt eine zweite Variante: US-Unternehmen erleben ein Wachstumswunder ohne entsprechend steigende Einkommen der Bevölkerung.

Es ist genau dieses Wunder, welches Anleger durch steigende Kurse von künstlicher Intelligenz vorweggenommen haben. Kurzfristig kann es eine solche Abkopplung vom Volkseinkommen geben. Langfristig ist das nicht möglich. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht klar, wann dieses Wunder ein Ende findet. Dass es ein Ende finden wird, ist sicher und es könnte früher kommen, als es Anleger derzeit erwarten.

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2 Kommentare

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  • masi123
    masi123

    Für das Wunder (Gewinnwachstum ohne steigende Einkommen der Bevölkerung) in den USA gibt es eine Erklärung; es treten andere Wirtschaftsakteure auf. Zum Einen ist dies der Staat, der sich in einem Rekordtempo verschuldet (z. B. inflation reduction act, Militärausgaben). Zum Anderen sind dies ausländische Akteure, die Investitionen und Ausgaben in den USA tätigen. So wird z. B. ein Gutteil unseres Sondervermögens für die Bundeswehr in den USA ausgegeben (z. B. für Kampfflugzeuge); durch die angesprochenen Subventionen (inflation reduction act) werden erhebliche private ausländische Investitionen angelockt (Produktionsverlagerung).

    Betrachtet werden muss auch das reale Gewinnwachstem nach Abzug der (realen) Inflation.

    15:07 Uhr, 12.04.
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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