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11:21 Uhr, 04.12.2023

Creditreform: Insolvenzen in Deutschland 2023 mit Rekordanstieg

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ist nach Angaben von Creditreform 2023 im Rekordtempo gestiegen. Nach Mitteilung der Organisation mussten im laufenden Jahr 18.100 Unternehmen ihre Zahlungsunfähigkeit anzeigen - 23,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Creditreform erklärt diesen Anstieg zum einen mit einer Kombination aus hohen Energiekosten und steigenden Zinsen und zum anderen mit einem Nachholeffekt im Gefolge der Corona-Krise. Im Bausektor sieht Creditreform eine Krise heraufziehen.

"Immer mehr Firmen brechen unter den Dauerbelastungen der hohen Energiepreise und der Zinswende zusammen", erklärte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, bei der Vorstellung des Berichts. Bereits im Vorjahr habe der Insolvenztrend nach elf Jahren rückläufiger Zahlen gedreht. Ein Grund für das Anspringen der Insolvenzspirale waren laut Creditreform auch Nachholeffekte. "Viele nun insolvente Unternehmen haben jahrelang gegen multiple Krisen wie Corona, Inflation und Fachkräftemangel angekämpft", heißt es in dem Bericht.

"Die Zahl der Insolvenzen wird bei diesen schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch in den kommenden Monaten deutlich ansteigen. Die Fallzahlen sind damit fast normalisiert und die Sondereffekte aus der Corona-Zeit weitgehend verpufft", erläuterte Hantzsch. Im Vergleich zu 2019 hätten sich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen signifikant verschlechtert und der wirtschaftspolitische Schlingerkurs verunsichere zusätzlich.

Die Zahl der Insolvenzen von mittelgroßen und großen Unternehmen hat laut Creditreform "signifikant" zugenommen. Bei Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern lagen die Fallzahlen demnach um 50 Prozent über dem Vorjahreswert. Zahlreiche prominente Insolvenzen gab es 2023 im Handel (Peek & Cloppenburg sowie Real GmbH).

Bei Unternehmen mittlerer Größe mit 51 bis 250 Beschäftigten stiegen die Insolvenzen sogar um rund 76 Prozent, bei kleinen Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten um knapp 19 Prozent. 2023 waren zudem mehr Arbeitnehmer von der Insolvenz betroffen. Schätzungsweise 205.000 (2022: 175.000) Arbeitsplätze sind bedroht beziehungsweise schon weggefallen.

Der Bausektor steht nach Einschätzung der Organisation wegen hoher Zinsen, steigender Baukosten und einbrechender Nachfrage vor schwierigen Zeiten. "Der Insolvenzantrag der Signa Real Estate Germany und schließlich der gesamten Signa Holding von Haupteigner Rene Benko in Wien zeigen, wie schwierig die Lage für Projektentwickler und Bauträger geworden ist", heißt es in der Mitteilung. Das Scheitern der Milliardenobjekte in renommierten Lagen werde gewaltige Folgen für Mitarbeiter, Auftragnehmer und Gläubiger haben.

Aus Sicht von Kreditgebern und Lieferanten war bereits in den vergangenen Monaten eine Verschlechterung der Zahlungsmoral im Baugewerbe zu beobachten. Debitoren zahlten ihre Rechnungen demnach zunehmend mit Verzug. Die Überfälligkeitszeit der Rechnungen erhöhte sich im ersten Halbjahr 2023 von 15,10 auf 15,49 Tage.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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