CK*CS – Lehman bothers...not anymore but still Goldman sucks
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Das Gewohnte war plötzlich weg: ein großes Bankhaus geriet in existenzielle Schieflage und kein Stein bleib mehr auf dem anderen, und zwar über Nacht. Die ersten Dominosteine, die schon seit Ende 2007 fielen, kippten schließlich einen besonders großen, dessen Implosion somit zwar nicht den Anfang der größten globalen Finanzkrise seit 1929 markierte als vielmehr deren Offensichtlichkeit freilegte. Denn faul wurden die unterliegenden Substanzwerte bereits rd. ein Jahr zuvor. Und einige kleinere Mitzocker wurden bereits vor jenem denkwürdigen 15. September 2008 klamm, auch hierzulande...
Die Mega-Pleite jenes September-Montags sollte das globale Finanzsystem nachhaltig erschüttern, manche prophezeiten seinerzeit sogar: nachhaltig verändern. Kurzfristig fiel ein eng vernetztes globales System, von dem sämtliche realwirtschaftliche Prozesse abhängig waren und sind, in absolute Schockstarre: keine Bank traute einer anderen mehr über den Weg. Börsen und Weltwirtschaft taumelten, Übernacht- und Wochenendsitzungen der Finanzwirtschaft und Politik waren von Angst und Panik geprägt. Auch die Sparer wurden nervös und schritten bereits zur Tat, so dass sich prominente Politiker auch hierzulande genötigt sahen, pressewirksam für deren (Kredit-) Einlagen zu garantieren – freilich ohne diese Garantie jemals einlösen zu müssen oder zu können.
Allein im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wurden über 400 Banken in dieser Phase geschlossen oder mit anderen Kreditinstituten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zusammengeschlossen – Große wurden seither also noch größer... Irrsinnig anmutende Steuerzahlergarantien sollten den (übrigens bis zu heutigen Tag protegierten) moral hazard unterstützen, zumindest aber ein "Weiter so" mit dem gebetsmühlenartigen Verweis auf "Systemrelevanz" rechtfertigen. Viele öffentliche Schuldner nahmen Risiken und bereits aufgelaufene faule Positionen privater Zocker auf ihre Bücher und die Steuerzahler damit in zusätzliche Geiselhaft, und zwar bis heute – und nicht zuletzt auch in Europa. Mit einschneidenden, weitreichenden Folgen für (ausschließlich) kreditgetriebene Finanzsysteme, Volkswirtschaften und Demokratien, insbesondere im Süden unseres Kontinents – und zwar ebenfalls bis zum heutigen Tage...
Die Transmissionsfunktion von Kreditgebern für die reale Wirtschaft ist seitdem nie wieder richtig in Schwung gekommen, nirgendwo. Man wird noch auf viele Jahre mit den Aufräumarbeiten beschäftigt sein, während man zugleich keinen Grund darin sieht, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen: die Zocker-Casinos wurden nach einer reichlich kurzen Phase der Besinnung wieder geöffnet. Große Institute wie die Deutsche Bank jonglieren aktuell mit einem 50-fachen Hebel – Lehman war seinerzeit bereits bei einer ratio von 30:1 am Ende, übrigens trotz erstklassigen ratings...
Man hat also gar nichts gelernt oder verändert in den vergangenen fünf Jahren, trotz großspuriger Versprechen und Beruhigungspillen? Nun, Eigenkapitalvorschriften wurden per Basel-II und -III immerhin in homöopathischen Dosen erhöht – notwendig, aber noch lange nicht hinreichend. Ein Abwicklungsregime per Testamentspflicht wurde immerhin in den USA (Dodd-Frank-Act) institutionalisiert, aber eben auch nur dort: Europa und die G-20 diskutieren sich mal wieder fest, wie auch u.a. bei den zentralen Themen Schattenbankenkontrolle und OTC-Geschäfte, Derivateverbote, Hochfrequenzhandel, Finanztransaktionssteuer, Managerhaftung, Steuerparadiese und Sparerhaftung. Fünf Jahre Zeit, die definitiv nicht adäquat genutzt wurden – im Gegenteil: von einer Zähmung der seit langem wild gewordenen Finanzmärkte scheint man weiter entfernt zu sei denn je...
Lernkurven, Läuterung, gar Demut dürfen auch auf Seiten der zu Regulierenden mithin nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Ganz im Gegenteil: die Roulettekugeln werden nicht nur genau so gesetzt wie vor fünf Jahren, auch die Aasgeier unter den Finanzverwertern scheinen unterm Strich einen famosen Schnitt gemacht zu haben. Auch die Besitzer der einst massiv in den Keller geprügelten Anlageklassen wurden seither dank umfänglicher Liquiditätsspritzen wieder besänftigt.
Im übergeordneten Sinne hat das Krisen-Lauffeuer des Jahres 2008 lediglich offenbart, inwiefern unser Finanzsystem, das mit voller Absicht nur wenige überhaupt verstehen sollen,immer auf Sand gebaut sein wird und dessen natürliches (mathematisches) Ende nur unter maximalen Kosten für Steuerzahler und zuweilen auch für demokratische Systeme für eine gewisse Zeit aufzuschieben sein wird. Es versteht sich von selbst, dass kein Politiker in einer derartigen Endphase im Amt, kein Vorstand an der Spitze eines Geldhauses sein will und kein Anleger sein Depot wird balancieren wollen, wenn es denn tatsächlich so weit sein sollte.
Wir hoffen, Sie sehen uns nach, dass wir just heute aus gegebenem Anlass dieses übergeordnete Thema auch in diesem Prolog sehr stark übergewichtet haben und die unmittelbare Aktualität – auch in Bayern – für einen Tag ein wenig wird zurücktreten müssen...
===== N E W S =====
EU-FINANZMINISTER DISKUTIEREN IN VILNIUS ÜBER ABWICKLUNG MARODER BANKEN – SIND CHINAS BANKEN DAS NÄCHSTE „LEHMAN“?
Fünf Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank gibt es in Europa noch immer kein Bankenabwicklungs-Regime. Und auch in Asien lauern erhebliche Risiken...
BANKKUNDEN HABEN NACH WIE VOR KEIN VERTRAUEN INS BANKENSYSTEM
Knapp 70 Prozent der befragten Deutschen misstrauen dem Geschäftsgebaren der Kredithäuser: man habe nichts aus de Krise gelernt und mache weiter wie bisher. 57 Prozent hätten demzufolge auch ihr Anlageverhalten geändert.
DIE DEFLATIONÄREN GOLDPREISPROGNOSEN VON GOLDMAN & CO.
Wieder einmal Mittel zum Zweck, um billiger an anderer Leute Sachwerte zu kommen? Oder gibt es einschlägige weltwirtschaftliche Indikatoren für diese These? Das Fazit ist hier zumindest sehr klar...
GOLDMAN ET AL.: DER UNAUFLÖSLICHE INTERESSENSKONFLIKT...
„Investieren“ und dabei gegen die eigenen Kunden wetten? Den Banker, der alles verbockt hat, zum Gärtner machen? Das muss kein Widerspruch sein, dank Interpretations- und Entscheidungshoheit...
USA UND RUSSLAND ERZIELEN EINIGUNG ÜBER SYRIENS CHEMIEWAFFENARSENAL
Assads C-Waffen sollen binnen einer Woche erfasst und im kommenden halben Jahr vernichtet werden. Ein paar „Abers“ gibt es dennoch, insbesondere die Rebellen betreffend...
===== H I N T E R G R U N D =====
ARTIKEL DES MONATS – DER ABGRUND VON 2008: EIN ZENTRALER ENTSCHEIDUNGSTRÄGER ERINNERT SICH
Henry Paulson beschreibt sehr detailliert die dramatischen Tage und Wochen im Sommer und Herbst 2008, von der Schieflage bei Fannie & Freddie bis zur TARP-Lüge, Videoclip inklusive. Und warum neues Ungemach schon bald wieder vor der Tür stehen könnte...
Bloomberg (Henry Paulson's Gedächtnisprotokoll)
n-tv (Droht eine neue Finanzkrise?)
FÜNF JAHRE NACH LEHMAN: „ICH WILL NICHT MEHR ZURÜCK“
Eine Investmentbankerin hat sich endgültig vom großen Casino verabschiedet, während ein anderer Jongleur an sich selbst gescheitert ist: Richard Fuld bleibt dem Giftmüll treu...
Handelsblatt (Die Aussteigerin)
„OCCUPY WALL STREET“ WIRD ZWEI JAHRE ALT
Vieles ist auf andere Weise denkbar und durchaus erstrebenswert, auch in der Finanzwelt. Die Vorausdenker sind anfangs wenige, ihre Ziele entsprechen oftmals dem Konsens vieler...
„OCCUPY“–KÄMPFER DENNIS KELLEHER HAT NOCH SEHR VIEL VOR...
David gegen Goliath: selten waren Idealisten so wichtig und inspirierend wie heute...
ZU GUTER LETZT — EINE CHRONIK DER FINANZKRISE – UND WAS AUS DEN PROTAGONISTEN GEWORDEN IST
Einige interessante Rückblenden zu den hochbrisanten Tagen des Jahres 2008. Die Hauptakteure von damals waren und sind übrigens allesamt freie Menschen, bis heute...
WallStreet-Journal (Slide-Show)
SPIEGEL (Was ist aus ihnen geworden?)
Hinweis: Die verlinkten Beiträge stellen nicht immer die Meinung der Cashkurs-Redaktion dar, dienen aber in jedem Falle der eigenen Urteilsbildung.
P.S.: Kennen Sie Dirk Müllers Börsenbrief Cashkurs*Trends? Wir greifen jeden Monat einen bewegenden Trend auf und suchen interessante Aktien aus, die von dem Trend profitieren sollten. Kein Trading, sondern fundamental begründetes Investieren! Informieren Sie sich gerne unter http://www.cashkurs-trends.de/
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.