Cipollone: Nachfragedämpfung durch EZB ist kontraproduktiv
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Von Hans Bentzien
DOW JONES--EZB-Direktor Piero Cipollone hat die Europäische Zentralbank (EZB) vor einer zu straffen Geldpolitik gewarnt. Der Italiener sagte in einem Interview mit dem Corriere della Sera, die EZB solle nicht versuchen, künftige Inflationsschocks durch eine Nachfragedämpfung zu bekämpfen, weil das am Ende zu einer höheren Inflation führen könnte. "Die Nachfrage niedrig zu halten, um uns vor möglichen künftigen Inflationsschocks zu schützen, ist meiner Meinung derzeit nach kontraproduktiv. Eine weitere Erosion unseres Wachstumspotenzials würde den Inflationsdruck eher erhöhen als ihn zu senken", sagte er.
Cipollone wies darauf hin, dass die Investitionen im Euroraum 2024 gefallen sein dürften und auch in den nächsten drei Jahren nur leicht steigen dürften. Angesichts der schwachen Nachfrage und der hohen Unsicherheit zögerten die Unternehmen, zu investieren. "Am Ende unseres Projektionshorizonts im Jahr 2026 wird der Anteil der Investitionen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) trotz umfangreicher öffentlicher Investitionen - etwa im Zusammenhang mit nationalen Konjunkturprogrammen - unter dem Niveau von 2023 gesehen. Aber wie wollen wir künstliche Intelligenz in Fabriken und Büros bringen, wenn wir nicht investieren?", sagte er.
Auf die Frage, was die EZB seiner Meinung nach machen sollte, antwortete er: "Sie sollte versuchen, der Wirtschaft zu helfen, ihr Potenzial zu erreichen, ohne dies jedoch zu erzwingen, da dies die Inflationserwartungen in die Höhe treiben könnte." Werde die Wirtschaft jedoch unter ihrem Potenzial gehalten, werde sie geschwächt und der Spielraum, auf Schocks zu reagieren, wenn diese auftreten, verringere sich.
"Ein höheres 'Tempolimit' für die Wirtschaft, bei dem das reale BIP-Wachstum mit dem Potenzial und das Lohnwachstum mit den Produktivitätszuwächsen übereinstimmt, trägt dazu bei, künftige Probleme im Zusammenhang mit der Preisdynamik mit weniger Stress anzugehen", argumentierte der EZB-Direktor.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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