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11:14 Uhr, 04.04.2012

China: Premierminister Wen fordert Zerschlagung des staatlichen Bankenmonopols

Peking (BoerseGo.de) - Chinas Premierminister Wen Jiabao hat sich für eine Zerschlagung des staatlichen Bankenmonopols ausgesprochen. Seiner Ansicht nach verdienen staatliche Banken derzeit ihr Geld viel zu einfach, während private Unternehmen Schwierigkeiten haben, überhaupt an Kapital zu kommen. Der Würgegriff der Banken bei der Kreditvergabe muss gebrochen werden, so Wen in einem Kommentar der am Mittwochmorgen auf der Website des China National Radios veröffentlicht wurde.

„In Bezug auf die Finanzierung von Kosten, lassen Sie mich ehrlich sagen, dass unsere Banken ihren Gewinn zu leicht verdienen. Warum ist das so? Weil einige wenige große Banken in einer Monopolstellung sind“, so der chinesische Premier. „Nur diese wenigen Banken können große Kredite bereitstellen, während es bei anderen schwierig wird. Damit das Privatkapital leichter in das Finanzsystem fließt, müssen wir dieses Monopol im Grunde genommen brechen“.

China musste in der Vergangenheit eine Explosion bei der Kreditvergabe von informellen Anbietern ("scharze Kreditvergabe") hinnehmen. Diese zu hohen Zinsen vergebenen Kredite müssen die Unternehmen in Anspruch nehmen, da sie von den großen Banken zurückgewiesen wurden. Bei Führungskräften der chinesischen Wirtschaft steigen daher die Sorgen, dass viele Schuldner ihre Kredite nicht zurückzahlen können und es daher zu steigenden Ausfällen im Privatsektor kommt.

„Sie haben Sorgen um das Wachstum und viele private Unternehmen haben keinerlei Liquidität, so scheint die Lösung des Problems ihrer Meinung nach die Zerschlagung des Monopols der großen chinesischen Banken zu sein", so Justin Harper, Analyst bei IG Markets in Singapur.

Chinas große Banken haben jüngst, trotz der sich abschwächenden Konjunktur, starke Gewinne eingefahren, was den Groll gegen die Finanzinstitute weiter erhöht, da vielen Unternehmen die dringend benötigten Kredite verwehrt werden.

Die Bank of China hatte in der Vorwoche ihre Zahlen für 2011 ausgewiesen und konnte ihren Nettogewinn um 18,93 Prozent steigern, während die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) sogar ein Gewinnplus von 26 Prozent im Vorjahr ausweisen konnte.

Wen, der im Jahr 2013 nach 10 Jahren als Ministerpräsident zurücktreten wird, hielt die Rede während einer Tour durch die zwei südlichen Provinzen Fujian und Guangxi, beides Hochburgen der chinesischen Industrie.

Dem Premier zufolge könnte man sich auch vorstellen wirtschaftliche Reformen in der östlichen Stadt Wenzhou, die dazu dienen wirtschaftlich in Bedrängnis geratene Unternehmen zu helfen, auch in ganz China umzusetzen. Diese Reformen sollen staatliche Banken ermutigen mehr Kredite an kleinere Unternehmen zu vergeben. Auch sollen sie privaten Unternehmen gestatten Corporate Bondsauszugeben um Geldmittel zu beschaffen.

Wenzhou mit seinen 400.000 Privatunternehmen gilt als eines der Zentren der chinesischen Privatwirtschaft. Die Stadt wurde während der Schuldenkrise im Vorjahr wirtschaftlich deutlich getroffen, als über 90 Unternehmenschefs untertauchten, da sie mit der sich abkühlenden Konjunktur ihre Schulden nicht mehr bezahlen konnten. Die Krise in Wenzhou brachte erstmals die Probleme der „schwarzen“ Kreditvergabe durch inoffizielle Anbieter in den Fokus.

Chinas Wirtschaft dürfte sich nach Ansicht von Ökonomen in diesem Jahr abkühlen, da Probleme in den wichtigen Absatzmärkten Europa und USA die Exporte beeinträchtigen. Darunter dürften die kleinen Unternehmen mehr zu leiden haben, als die großen staatlichen Unternehmen.

Die chinesische Volkswirtschaft legte im Vorjahr 2011 um 9,2 Prozent und im Jahr 2010 um 10,4 Prozent zu. Für dieses Jahr gab die Regierung in Peking ein Wachstumsziel von 7,5 Prozent heraus. Dabei will Peking mit einer „Feinabstimmung“ eine harte Landung der Wirtschaft vermeiden, die zu großen Arbeitsplatzverlusten und sozialen Unruhen führen könnte.

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Über den Experten

Christian Zoller
Christian Zoller

Christian Zoller studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Regensburg sowie an der WU Wien, mit den Schwerpunkten Investmentbanking und Corporate Finance. Seit 1995 ist er in den Bereichen Fundamentalanalyse und Technische Analyse tätig. Seine berufliche Laufbahn führte Zoller unter anderem zur Austria Presse Agentur (APA-Finance), zu BörseDaily und stock3. Zudem verfasste er Fachartikel für den Newsletter „Trendwatch“ des Heikin-Ashi-Experten Dan Valcu und ist Autor des Fachbuchs „Behavioral Finance bei Technischer Analyse“. Für die Finanzmarktanalyse verwendet Zoller unter anderem gerne Saisonalitäten, die Sentimentanalyse, Fundamentaldaten und die Charttechnik.

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