China erlaubt Ermittlern nach Sabotageverdacht Zutritt zu Schiff
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Von Bojan Panchevski
DOW JONES--Chinas Regierung gewährt europäischen Ermittlern Zutritt zu einem Schiff, dessen Besatzung verdächtigt wird, zwei in der Ostsee liegende Datenkabel beschädigt zu haben. Nach Aussage von Ermittlern und Diplomaten geschieht das allerdings unter der Bedingung, dass sie dabei von chinesischen Offiziellen begleitet werden.
Die schwedische Polizei hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass sie als Beobachter einer chinesischen Untersuchung an Bord der Ying Peng 3 fungieren werde. An der Untersuchung werde sich auch die schwedische Unfalluntersuchungsbehörde beteiligen, heißt es in einer Erklärung der schwedischen Polizei. Peking hat Ermittlern den Zugang zu dem unter chinesischer Flagge fahrenden Massengutfrachter gewährt, der seit Ende November von Schiffen der Küstenwache und Kriegsschiffen der Nordatlantikvertrags-Organisation umstellt ist.
Dies geschehe nach wochenlanger intensiver geheimer Diplomatie, so Beamte. Die Verhandlungen über das Schiff wurden hauptsächlich von den deutschen und chinesischen Außenministerien im Rahmen einer internationalen Untersuchung unter Beteiligung von Deutschland, Schweden, Dänemark und Finnland geführt, so die Beamten.
Das Schiff ist mit russischem Düngemittel beladen und liegt im Kattegat vor Anker. Die schwedische Polizei teilte mit, dass sie an Bord des Schiffes keine Ermittlungsmaßnahmen ergreifen werde. Solche Verhandlungen über ein Schiff in Privatbesitz seien beispiellos, so Beamte, da das internationale Seerecht die Festsetzung von Handelsschiffen nur in seltenen Fällen zulasse.
Die europäischen Regierungen, die das Schiff faktisch festgesetzt haben, respektieren ansonsten strikt die Freiheit der Schifffahrt und haben China in der Vergangenheit dafür kritisiert, die Schifffahrtswege in seinen Hoheitsgewässern zu stören. Die chinesische Regierung habe das Schiff angewiesen, vor Anker zu gehen, und habe seitdem mit den europäischen Behörden kooperiert, so mit den Ermittlungen vertraute Beamte.
Nach Aussage von Ermittlern und Geheimdienstmitarbeitern steht die Besatzung im Verdacht, am 17. und 18. November mehrere Internetkabel in der Ostsee durchtrennt zu haben. Das Schiff soll dabei seinen Anker über 100 Meilen über den Meeresboden gezogen haben. Zwei der beschädigten Kabel, BSC und C-Lion1, verbinden Finnland mit Deutschland sowie Schweden mit Litauen. Die Ermittler vermuten, dass der Kapitän oder andere Offiziere des Schiffs von russischen Agenten bestochen worden sein könnten. Mindestens ein Besatzungsmitglied soll russischer Staatsbürger sein.
Die chinesische Regierung ist nach Angaben von Ermittlern, Geheimdienstmitarbeitern und Diplomaten höchstwahrscheinlich nicht in den Vorfall verwickelt gewesen. Nach Informationen eines Ermittlers und eines mit den Gesprächen vertrauten Diplomaten hat sich die chinesische Regierung an einer Aufklärung des Vorfalls interessiert gezeigt. Sollte sich der Verdacht gegen Russland bestätigen, wäre dies ein weiterer Angriff Moskaus auf die kritische Infrastruktur Europas. Russland weist die Anschuldigungen als absurd zurück.
Solche Enthüllungen könnten zu Spannungen zwischen Russland und China führen, das Moskau seit seinem Einmarsch in der Ukraine unterstützt.
Der Eigentümer des Schiffes, Ningbo Yipeng Shipping, kooperiert den Angaben zufolge mit den Ermittlern und hat zugelassen, dass das Schiff in internationalen Gewässern festgehalten wird. Unmittelbar nach den Vorfällen wurde das Schiff von der dänischen Marine verfolgt und gestoppt. Es ankert seitdem zwischen Dänemark und Schweden, ständig umkreist von Kriegsschiffen und Polizeischiffen der Länder, die die Ermittlungen leiten.
Das chinesische Außenministerium bestritt jegliche Beteiligung an Sabotageakten und erklärte sich bereit, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Peking werde Ermittler, Seeexperten und möglicherweise weitere Beamte zu dem Schiff entsenden. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson erklärte, seine Regierung habe "einen formellen Antrag an China gerichtet, mit den schwedischen Behörden zu kooperieren, um Klarheit über den Hergang zu schaffen".
Außerdem habe man China aufgefordert, das Schiff zur Untersuchung in schwedische Gewässer zurückkehren zu lassen. "Wir erwarten, dass China dem von uns gestellten Ersuchen nachkommt", sagte er. Die "Yi Peng 3" sei von Dezember 2019 bis Anfang März 2024 ausschließlich in chinesischen Gewässern gefahren, so Benjamin L. Schmitt, Senior Fellow am Kleinman Center for Energy Policy der Universität von Pennsylvania.
Danach habe das Schiff begonnen, russische Kohle und andere Fracht zu transportieren. Es habe russische Häfen wie Nachodka am Japanischen Meer angelaufen, sei mehrmals im Hafen von Murmansk in der Barentssee gewesen und habe einmal die Ostsee befahren.
Das Kabel zwischen Schweden und Litauen sei am 28. November repariert worden, sagte ein Sprecher von Arelion. Das zweite Kabel, das Finnland und Deutschland verbindet, sei am 29. November wiederhergestellt worden.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/DJN/hab/thl
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