Fundamentale Nachricht
10:27 Uhr, 19.03.2019

Chance im Risiko

Die Cybersecurity-Branche erlebt nach Einschätzung von LGIM-Investmentstratege Aanand Venkatramanan durch das steigende Cyberangriff-Risiko einen Aufschwung.

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London (GodmodeTrader.de) - Zum Opfer eines Cyberangriffs zu werden, gehört heute zu den drittgrößten Risiken in den USA. Alle 20 Minuten finden 100 Ransomware-Attacken statt – die bei Erfolg Computersysteme infiltrieren und sämtliche Daten irreversibel zerstören. Die Sorge vor den Folgen von Cyberangriffen ist groß. Denn eine erfolgreiche Ransomware-Attacke ist mit enormen Kosten für Unternehmen verbunden und stellt ein ernstzunehmendes Risiko für Aktionäre dar, wie Aanand Venkatramanan, Head of ETF Investment Strategies bei Legal & General Investment Management (LGIM), in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

So habe Maersk, die größte Reederei der Welt, durch einen einzigen Angriff rund 300 Millionen US-Dollar verloren, und auch FedEx und Merck hätten ähnliche Verluste gemeldet. „Der Cybersecurity-Sektor erlebt durch die zunehmende Sorge vor Cyberangriffen einen deutlichen Aufschwung – 2018 konnte er mit über acht Prozent Wachstum den vergleichbaren Global Information Technology Index outperformen“, sagt Venkatramanan. Und ein Ende des Wachstums sei nicht in Sicht: Schätzungen zufolge würden die globalen Ausgaben für Cybersecurity bis 2021 auf über eine Billion US-Dollar ansteigen.

Venkatramanan rät jedoch, vor einem Investment einen genauen Blick auf Cybersecurity-Unternehmen zu werfen. „Nicht jedes Unternehmen verfügt über die notwendigen Kenntnisse oder Werkzeuge, um mit allen Cyberangriffen fertig zu werden“, so der Fachmann. Im privaten Bereich lege man die Sicherheit im Internet nach wie vor in die Hände von retailorientierten Unternehmen, die Softwarepakete oder Apps anböten. Bei Unternehmen müssten jedoch andere Sicherheitsstandards gewährleistet sein, zum Beispiel Datenverschlüsselung, geschützte Finanztransaktionen und E-Mail-Sicherheit, heißt es weiter.

Bei Regierungen wiederum seien die Anforderung nochmals höher, um die sensiblen Daten ihrer Bürger zu schützen. „Die Zunahme von Cyberangriffen wird für Wachstum in allen drei Bereichen sorgen. Zurzeit wird aber kein Unternehmen den Bedürfnissen von allen gerecht“, sagt Venkatramanan. Um die Chancen des Cybersecurity-Sektors zu nutzen, sei entsprechend ein ausführliches aktives Research zu den Fundamentaldaten der Wachstumstreiber in den verschiedenen Unternehmensbereichen vonnöten.

Zwei der Wachstumstreiber der kommenden Jahre stehen für Venkatramanan aber schon jetzt fest: Die zunehmende Digitalisierung und stärkere regulatorische Kontrollen. „Im Alltag machen wir immer mehr von digitalen Lösungen Gebrauch, seien es Einkäufe über eBay und Amazon, Eingaben über sprachgesteuerte Assistenzssysteme wie Alexa oder Finanzdienstleistungen über reine Online Fin-Techs. Unser Standort kann zu jeder Zeit von unseren Mobiltelefonen oder Smartwatches ermittelt werden. Mit jeder Interaktion teilen wir viele Daten mit diesen Unternehmen, deren Sicherheit nur mit der Investition von viel Zeit und großen Geldsummen gewährleistet werden kann“, so der Experte.

So habe das Budget für Cybersecrutiy bei JP Morgan im Jahr 2016 500 Millionen US-Dollar betragen, das der Bank of America Merrill Lynch 400 Millionen. Auch die US-Regierung habe viel Geld in die Datensicherheit investiert und allein 2017 20 Milliarden US-Dollar dafür ausgegeben. Mit der Einführung der Allgemeinen Datenschutzverordnung (GDPR) seien die mit einer Datenschutzverletzung verbundenen Geldbußen mit bis zu vier Prozent der Unternehmensgewinne zudem so hoch, dass der Anreiz, mehr für Sicherheit auszugeben, nie größer gewesen sei, heißt es weiter.

Venkatramanan vermutet darüber hinaus, dass weitere Cybersecurity-Unternehmen an die Börse gehen und Merger- und Übernahme-Aktivitäten zunehmen könnten: „Vor einigen Jahren kamen einige wenige Cybersecurity-Unternehmen an den Markt. Weitere werden voraussichtlich noch in diesem Jahr ihren Börsengang abschließen, zum Beispiel Palantir.“ Gleichermaßen sei auch eine Konsolidierung des Marktes wahrscheinlich, da größere Cybersecurity-Unternehmen ihre Expertise auf neue Bereiche ausweiten wollten. Dass die Zusammenarbeit von Unternehmen aus unterschiedlichen Bereichen gut funktioniere, hätte die Kollaboration von FireEye und Hewlett Packard 2015 bewiesen, da das Cybersecurity- und IT-Dienstleistungsunternehmen voneinander profitiert hätten, heißt es weiter.

„Zusammenfassend zeigt uns die starke Performance des Cybersecurity-Sektors trotz eines schwierigen Marktumfeldes, dass es sich um einen Trend handelt, der sich bisher als widerstandsfähig erwiesen hat und aus unserer Sicht noch weiteres großes Wachstumspotenzial bietet“, schließt der Experte.

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Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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