Bundesverfassungsgericht gibt OMT-Entscheidung an EuGH ab
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Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidung über die Zulässigkeit von Anleihekäufen durch die EZB an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) abgegeben. Man habe das Verfahren über die Zulässigkeit des Anleihenkaufprogramms OMT von der Klage gegen den Rettungsschirm ESM abgetrennt und dem EuGH „mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt“, teilte das Bundesverfassungsgericht am Freitag mit. „Gegenstand der Vorlagefragen ist insbesondere, ob der OMT-Beschluss mit dem Primärrecht der Europäischen Union vereinbar ist.“
Das Bundesverfassungsgericht selbst hat Zweifel, dass die Anleihenkäufe zulässig sind. Es sprächen „gewichtige Gründe“ dafür, dass das OMT-Programm „über das Mandat der Europäischen Zentralbank für die Währungspolitik hinausgeht und damit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten übergreift sowie gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung verstößt“, erläutern die Verfassungsrichter. Weiter heißt es in der Presseerklärung: „Vorbehaltlich der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union ist der OMT-Beschluss nach Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Primärrecht unvereinbar; eine andere Beurteilung könnte allerdings bei einer primärrechtskonformen Auslegung des OMT-Beschluss geboten sein.“
Damit das OMT-Programm möglicherweise doch mit EU-Recht vereinbar sei, müsste gegeben sein, „dass die Inkaufnahme eines Schuldenschnitts ausgeschlossen werden müsste, Staatsanleihen einzelner Mitgliedstaaten nicht in unbegrenzter Höhe angekauft werden und Eingriffe in die Preisbildung am Markt soweit wie möglich vermieden werden“, erläuterte das Bundesverfassungsgericht.
Ob der OMT-Beschluss auch gegen das deutsche Grundgesetz verstößt, hält das Bundesverfassungsgericht derzeit für nicht klärbar. Dies sei in großen Teilen auch davon abhängig, ob ein Verstoß gegen EU-Recht gegeben sei. „Ob der OMT-Beschluss und sein Vollzug auch die Verfassungsidentität des Grundgesetzes verletzen können, ist derzeit nicht sicher absehbar und hängt nicht zuletzt von Inhalt und Reichweite des - primärrechtskonform ausgelegten - OMT-Beschlusses ab“, erläuterten die Verfassungsrichter. Es handelt sich um das erste Mal in der Geschichte, dass das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung an den EuGH abgibt.
Das Anleihenkaufprogramm OMT beinhaltet die Möglichkeit zum unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen eines Krisenstaates durch die EZB, sofern verschiedene Bedingungen erfüllt sind. Die wichtigste Bedingung ist, dass der Staat ein Hilfsprogramm mit EU, EZB und IWF vereinbart und die Bedingungen dieses Hilfsprogramms einhält, also insbesondere das Haushaltsdefizit reduziert und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit erhöht. In einem solchen Fall könnte die EZB Anleihen des Krisenstaates in unbegrenzter Höhe erwerben, um so die Märkte zu stabilisieren.
Das Anleihenkaufprogramm OMT kam bisher noch nicht zum Einsatz. Die Ankündigung dieses Instruments im September 2012 hatte aber großen Anteil an der anschließenden Stabilisierung in der Eurozone. Denn im Notfall, so die überwiegende Auffassung am Markt, könnte die EZB eingreifen und so verhindern, dass es zu einem Staatsbankrott in der Eurozone kommt. Der EZB ist die Staatsfinanzierung ausdrücklich verboten. Sofern die Anleihen allerdings nur auf dem Sekundärmarkt, also nicht von den Staaten selbst erworben werden, hält die EZB die Käufe für rechtmäßig. Dies bekräftigte bei der gestrigen Pressekonferenz auf Nachfrage auch noch einmal EZB-Präsident Mario Draghi.
Oliver Baron
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